Die A-Junioren des SV Mosbach haben am ersten Spieltag der Kreisliga 1:3 verloren. Man muss allerdings gut informiert sein, um in einer Zeitung oder im Internet die Mosbacher Niederlage zu finden. Denn die U19 des Klubs gibt es so gar nicht mehr als Mannschaft, der Verein hat nur noch drei Spieler in dieser Altersklasse. Die drei kicken deshalb mit den Gleichaltrigen des TSV Schnelldorf, des ASV Breitenau und des TSV Schopfloch in einer Spielgemeinschaft. Und weil so viele Vereinsnamen kaum in eine Spalte auf einer Internetseite und schon gar nicht in eine Zeitungszeile passen, firmiert die Mannschaft meist unter SG (Spielgemeinschaft) Schopfloch.
Der SV Mosbach ist ein kleiner Verein nahe Feuchtwangen, eine halbe Stunde Fahrtzeit westlich von Ansbach. Er hat erstaunliche 549 Mitglieder bei lediglich 160 Bürgern im Ort. Der Klub zieht von den Ortschaften drumherum viele Menschen an, aber schon länger nicht mehr genug Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren, um eine A-Jugend-Mannschaft zu stellen. In den vergangenen Jahren spielten sie zusammen mit den Nachbarn aus Breitenau sowie dem FC Erzberg in einer Elf. Doch die Erzberger orientierten sich anderweitig. "Dann mussten wir schauen, wie wir das künftig darstellen können und es hat sich eine neue Möglichkeit ergeben", berichtet Jugendleiter Thomas Ballbach. Deshalb jetzt die Vierer-Spielgemeinschaft.
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Trainingsplätze und Heimspiele werden gerecht aufgeteilt
Im Fußball-Bezirk Nürnberg-Frankenhöhe ist so eine Vierer-SG in der ältesten Jugendklasse keineswegs ein Einzelfall. Der erste Gegner der SG Schopfloch kam mit Spielern aus Weigenheim, Gülchsheim, Gollhofen und Aub. In einer anderen Gruppe gibt es gar eine SG aus sechs Vereinen. Insgesamt nimmt in Bayern der Trend zu Spielgemeinschaften vor allem bei den A- und B-Junioren rasant zu. Nach Zahlen des Bayerischen Fußballverbands (BFV) spielten in der Saison 2015/16 knapp 36 Prozent der Mannschaften in einer SG, drei Jahre später waren es bereits fast 45 Prozent.
Die Vereine reagieren damit auf einen schleichenden Rückgang an Spielern. Der Münchner Tim Frohwein und sein Kollege Andreas Groll vom Projekt "Mikrokosmos Amateurfußball" haben mit Hilfe des BFV die Bevölkerungszahlen und die Anzahl der aktiven Jugendfußballer verglichen. Das Ergebnis: In allen bayerischen Fußballkreisen vom Allgäu bis Coburg/Kronach spielen prozentual immer weniger Kinder und Jugendliche Fußball. Das ist auch in den Ballungszentren wie München so, doch dort ist das eher kein Problem - durch den ungebremsten Zuzug auch von jungen Familien müssen einige Vereine sogar Kinder abweisen, weil sie schlicht keinen Platz mehr auf ihren Anlagen haben. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter versprach deshalb unlängst den Bau neuer Spielfelder, neuer Kunstrasenplätze und neuer Flutlichtmasten, um den Andrang bewältigen zu können.
In den ländlichen Gebieten führt der Schwund die Vereine hingegen in eine bisweilen existenzielle Krise. Denn bringt man keine elf Spieler zusammen, will man den Rest trotzdem nicht wegschicken. Von irgendwoher muss der Nachschub für die Männerteams kommen. Dabei ist es nicht leicht, Erklärungen für den Rückgang zu finden. Von Klubvertretern hört Tim Frohwein, dass die Vereine bei den Jugendlichen einfach nicht mehr attraktiv seien, die jungen Leute lebten heute in einer anderen Welt. Viele wollten sich nicht mehr auf Trainings- oder Spielzeiten festlegen. Weil sich der Schulunterricht und die Hausaufgaben sich zunehmend in den Nachmittag hinein erstrecken, die Freizeit immer knapper wird, sind manchem drei oder vier fixe Sporttermine pro Woche einfach zu viel.
Zudem wird das Freizeitangebot generell immer größer. Allein der Fußball hat sich ausdifferenziert, manche spielen jetzt lieber Futsal, Beachsoccer oder Teqball. Der 35-jährige Ballbach aus Mosbach sagt: "Für uns gab es früher nur Fußball. Heute betreiben viele Kinder bei uns entweder gar keinen Sport und nutzen lieber das Internet, oder sie betreiben gleich noch eine zweite Sportart wie Schwimmen, Tennis oder Leichtathletik." Wenn dann vor allem ab 14 Jahren Jugendliche aufhören, "da schmerzt einem das Herz, gerade wenn gute Spieler dabei sind", erzählt Ballbach.
Die Vierer-Spielgemeinschaft als Rettungsvariante ist eine große logistische Aufgabe. "Da stößt man an seine Grenzen, denn man will ja keinen Verein bevorzugen oder benachteiligen", sagt der Jugendleiter. Die A-Junioren haben zwei Mal Training pro Woche, das findet in der Vorrunde abwechselnd auf den Plätzen von zwei Vereinen statt, in der Rückrunde auf den Plätzen der anderen beiden. Dadurch müssen Spieler und Trainer weitere Wege in Kauf nehmen und sich teilweise untereinander organisieren, damit jeder immer pünktlich am richtigen Trainingsplatz steht. Die Heimspiele werden ebenfalls gerecht aufgeteilt, nach einem Viertel der Saison wechselt jeweils der Standort.
Der BFV kündigt für den Herbst eine weiterführende Studie an mit dem Ziel, genauere Daten zu erheben und so eventuell Ideen für Gegenmaßnahmen zu finden. Denn bislang stehen Verbände und Vereine dem Trend fast hilflos gegenüber. Der BFV startete etwa eine eSport-Offensive, also Fußball am Computer. Die soll dazu führen, mehr Kinder und Jugendliche in den Vereinen zu halten. In die Quere kommt da ein Gutachten des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), dass Spielen an der Konsole kein Sport im herkömmlichen Sinne sei und deshalb keine gemeinnützige Förderung beanspruchen kann.
In Mosbach versucht der Sportverein, mit Aktionen in Schule und Kindergarten auf sich aufmerksam zu machen. Er organisiert Fahrten ins Stadion, Ausflüge, auch mal Minigolf spielen. "Wir wollen andere Reize setzen, um im Gespräch zu bleiben", sagt Ballbach. Leicht ist das nicht, weil auch die Zahl der Trainer und Betreuer rückläufig ist. Und so müssen sich die A-Junioren wohl erst einmal mit der Vierer-Gemeinschaft anfreunden. Als Nächstes geht es gegen die SG Schillingsfürst/Feuchtwangen/Dombühl.