Ex-Radprofi:Jan Ullrich gesteht Doping

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Viele Jahre hat Jan Ullrich nicht explizit zugegeben, während seiner aktiven Karriere gedopt zu haben. (Foto: Angelika Warmuth/dpa)

Der frühere Radprofi gibt erstmals explizit zu, während seiner Karriere Dopingmittel genommen zu haben: "Ja, ich habe gedopt."

Der frühere Radstar Jan Ullrich hat erstmals klar gestanden, während seiner Karriere Dopingmittel genommen zu haben. "Ja, ich habe gedopt", sagte der 49-Jährige bei der Vorstellung der Amazon-Dokumentation "Jan Ullrich - Der Gejagte" in München. "Ich habe mich schuldig gemacht, ich fühle mich auch schuldig."

Ullrich hatte ein Doping-Geständnis bisher immer abgelehnt. "Ich habe niemanden betrogen", lautete stets sein Standardsatz auf Fragen zu seiner Vergangenheit. "Ich wollte mir keinen Vorsprung verschaffen", erläuterte Ullrich nun auf der Podiumsdiskussion. "Das war damals eine andere Zeit. Damals hat der Radsport schon ein System gehabt, wo ich auch reingekommen bin. Für mich war das damals eine Art Chancengleichheit."

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In dem kleinen Ort Merdingen trainierte Jan Ullrich, hier feierte er vor 25 Jahren seinen Tour-Sieg, hierher kam er zurück, als er sich nach der Karriere fast ruiniert hatte. Über Fluch und Segen der Provinz und einen, der ihn nie hat fallen lassen.

Von Holger Gertz (Text) und Fabian Fiechter (Fotos)

Ullrich war 1995 zum damaligen deutschen Vorzeige-Rennstall Team Telekom gekommen, gewann zwei Jahre später als bisher einziger Deutscher die Tour de France und löste einen beispiellosen Radsport-Boom aus. "Ohne nachzuhelfen, so war damals die weitverbreitete Wahrnehmung, wäre das so, als würdest du nur mit einem Messer bewaffnet zu einer Schießerei gehen", erklärte der gebürtige Rostocker Anfang der Woche dem Stern.

"Bei mir ging es 1996 los", sagte Ullrich dem Sport-Informations-Dienst. Damals habe sich das alles völlig normal angefühlt: "Allgemein überwog die Einstellung: Wenn man das nicht macht - wie will man in einem Rennen bestehen? Dann fährst du im Peloton und weißt, du bist wahrscheinlich einer derjenigen, die nichts drin haben, und deswegen hast du auch null Chancen."

Jan Ullrich fährt bei der Tour de France 1997 auf der Etappe in Andorra als Erster über die Ziellinie und übernimmt das Gelbe Trikot. (Foto: Gero Breloer/dpa)

Ullrich musste 2006 unfreiwillig seine Karriere wegen Verbindungen zum spanischen Doping-Arzt Eufemiano Fuentes beenden. Dass er weder 2006 noch ein Jahr später über Doping redete, als eine Reihe anderer Telekom-Fahrer Doping einräumte, habe vor allem juristische Gründe gehabt. 2006 habe er "kein Verräter sein" wollen, sagte Ullrich dem Stern, 2007 lief gegen Ullrich ein Strafverfahren.

Große private Probleme nach dem Karriereende

Ob die neuen Aussagen Folgen haben für Ullrichs frühere Siege - allen voran bei der Tour 1997 - ist unklar. Ullrichs einstigem Rivalen Lance Armstrong wurden beispielsweise nach seiner lebenslangen Sperre im Jahr 2013 alle sieben Tour-Siege von 1999 bis 2005 aberkannt. Bjarne Riis, der bereits 2007 Doping gestand, wird dagegen immer noch als Gesamtsieger 1996 geführt. Ullrichs Olympia-Gold 2000 dürfte wegen der zehnjährigen IOC-Verjährungsfrist für Doping-Vergehen nicht in Gefahr sein.

Nach seinem abrupten Karriereende 2006 sorgte Ullrich auch außerhalb des Sports für Negativ-Schlagzeilen. Nachdem seine Ehe mit Frau Sara zerbrochen war, kam es auf Mallorca zum "Totalabsturz", wie er dem Stern erzählte. Ullrich trank nach eigenen Angaben "Whiskey wie Wasser" und kokste. Nach einem Streit mit Nachbar und Schauspieler Til Schweiger landete Ullrich für eine Nacht im Gefängnis und wenig später in einer Privatklinik für Suchterkrankungen.

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