Interview mit Frank Rost:"Beim Lesen lernt man so viele Dinge"

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Frank Rost, Alphabetisierer und HSV-Torwart, über seine CD, in der er mit anderen Fußball-Profis Geschichten vorliest.

Jörg Marwedel

SZ: Herr Rost, können Sie ein Spiel lesen?

"Wenn ich sehe, wie du Fußball spielst, kann ich dir sagen, wer du bist." Frank Rost. (Foto: Foto: Reuters)

Rost: Das ist eine Sache der Übung, genau wie Bücher lesen. Je mehr man liest, um so leichter fällt es einem.

SZ: Sie haben eine CD herausgebracht. Sie heißt "Die Liga liest". Otto Rehhagel ist dabei, Marco Bode, Olaf Thon, Schiedsrichter Markus Merk oder Jerome Boateng, ihr Mitspieler beim HSV. Sie lesen Fußballgeschichten etwa von Böll, Grass, Hornby, Loriot oder Elke Heidenreich. Warum?

Rost: Ich bin seit 2006 Botschafter für Alphabetisierung und Grundbildung und daraus ist auch diese Idee mit der Stiftung Lesen entstanden.

SZ: Sie wollen auch Leute anregen, die bislang kaum lesen?

Rost: Ja, wenn es nur einer ist, wäre das schon ein Erfolg. Ich bekomme ja viel Fanpost. Manchmal denke ich: Oh, wenn ich das damals vom Lehrer zurückgekriegt hätte, wäre alles Rot gewesen vom vielen Korrigieren. So ist es bestimmt schwer, einen Job zu finden. Beim Lesen lernt man so viele Dinge.

SZ: Fußballer gelten noch immer nicht als intellektuelle Vorreiter. Profis haben eher den Knopf im Ohr als sich mit einem Buch zu schmücken.

Rost: Das ist ein Vorurteil, dass Fußballer es nur in den Beinen haben. Wichtig ist, dass man den jungen Leuten etwas vermittelt. Und wenn ein Fußballer etwas liest, könnte das ja für Andere eine Anregung sein.

SZ: Dass Rehhagel oder Bode gerne lesen, kann man sich vorstellen, bei Jerome Boateng überrascht das.

Rost: Klar, der mit seiner Berliner Gang. Aber der liest bei den Fahrten durchaus mal ein Buch. Es muss ja auch authentisch sein. Wenn Lukas Podolski oder Ailton etwas vortragen, ist das wahrscheinlich nicht ihr Ding. Podolski hätte so einen Vortrag höchstens auf polnisch gemacht.

SZ: Wie war das im Tonstudio?

Rost: In Hamburg, wo ich mit Joris Mathijsen und Jerome die Aufnahmen gemacht habe, war das Tonstudio im Doping-Raum. Wir hatten eine professionelle Lehrerin, die etwas gesagt hat, zum Beispiel, wie man betont oder wann man Pause machen muss.

SZ: Als Vorleser sind Fußballprofis ja Amateure.

Rost: Ja, das ist ein Unterschied wie zwischen einem Kick auf dem Bolzplatz und einem Bundesligaspiel. Außerdem ist es schwer, wenn beim Aufnehmen alle auf dich gucken, so ähnlich wie in der Schule. Da merkt man schon, wie professionell ein Schauspieler wie der Schalke-Fan Peter Lohmeyer damit umgeht. Der hat ja schon viele Regiebücher gelesen.

SZ: War es schwer die Kollegen für das Projekt zu begeistern?

Rost: Einige Nationalspieler konnten nicht. Die sind zu viel unterwegs. Bei Otto Rehhagel war es natürlich kein Problem.

SZ: Joris Mathijsen ist Niederländer. Und liest deutsch. Ungewöhnlich.

Rost: Die Niederländer singen ja in ihrer Hymne ,Deutsches Blut'. Da habe ich gesagt, dann kannst du auch mitmachen. Dabei ärgert er sich immer, weil er diese Textpassage in der Hymne nicht gut findet.

SZ: Und wie war das bei Olaf Thon, der ja den Beinamen "Professor" hat?

Rost: (grinst) Der hat ja vor allem einen Rhetorik-Kurs gemacht. Aber natürlich liest er auch als Professor.

SZ: Was lesen Fußballer denn so?

Rost: Ich glaube, viele haben zum Beispiel den Roman "Fever Pitch" von Nick Hornby gelesen. Das ist ein Klassiker. Es geht um einen Arsenal-Fan, der ja er selber ist. Oder auch das Buch vom Torhüter Lars Leese, der in England spielte und genau beschrieb, wie es dort hinter den Kulissen zugeht.

SZ: Sie selbst lesen auf der CD einen Text des uruguayischen Schriftstellers Eduardo Galeano.

Rost: Es ist beeindruckend, wie der sich mit dem Fußball auseinandersetzt. Was er sagt, stimmt: Wenn ich sehe, wie du Fußball spielst, kann ich dir sagen, wer du bist. Man kann auf dem Fußballplatz erkennen, wo einer herkommt, wie er aufgewachsen ist.

© SZ vom 08.11.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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