Ingolstadt - Nürnberg im DFB-Pokal:In Torlaune

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Hoch gesprungen und zwei Mal getroffen: Beim 3:0 gegen die Würzburger Kickers traf Ingolstadts Stefan Kutschke (links) per Elfmeter und durch einen sehenswerten Lupfer. (Foto: Stefan Bösl/imago)

Ingolstadts Angreifer Stefan Kutschke trifft in der ersten Runde auf seinen früheren Verein, mit dem er im Streit auseinander ging.

Von Johannes Kirchmeier

Wenn diesen Freitag das Flutlicht angeht im Ingolstädter Sportpark und Stefan Kutschke den FC Ingolstadt als Kapitän aufs Feld führt, könnte das Stadion nach langer Zeit wieder bis auf den letzten Platz gefüllt sein. Das letzte ausverkaufte Heimspiel der Ingolstädter fand vor anderthalb Jahren statt. Der 1. FC Nürnberg war zu Gast an einem warmen Sonntagnachmittag und die beiden Teams kämpften gerade um den Bundesliga-Aufstieg. An diesem Tag trennten sie sich 1:1, und der Club schaffte es später in die erste Liga.

Seither ist viel passiert im deutschen Fußball, beide Vereine stiegen im Sommer ab, der FCI in die dritte, der Club in die zweite Liga. Und trotzdem treffen sie am Freitagabend (20.45 Uhr) aufeinander - im einzigen Duell von zwei bayerischen Mannschaften in der ersten Runde des DFB-Pokals. Viele Karten wird es dann nicht mehr zum Verkauf an der Abendkasse geben.

Eine spannende Partie dürfte es wieder werden - auch für den FCI-Spielführer Kutschke, der zuletzt ein Sonderlob seines Trainers Jeff Saibene erhielt. "Er ist der Chef, führt die jungen Spieler und schießt auch noch Tore. Für mich ist er der perfekte Kapitän", sagte Saibene nach dem 3:0 am vergangenen Wochenende gegen die Würzburger Kickers. Einmal traf Kutschke per Elfmeter, einmal per sehenswertem Lupfer. Saibenes Worte freuen ihn natürlich, sagt der Stürmer, "aber dann gibt es wieder andere Phasen, in denen die Leute sagen: 'Kann der nicht mal das Tor treffen?" Als 30-Jähriger kann er das Auf und Ab im Profifußball ganz gut einschätzen. Auf seine Torjägerqualitäten wird es aber auch im Pokalderby ankommen.

Doch nicht nur deshalb steht ein besonderer Abend an für Kutschke, sondern auch weil er auf eine gemeinsame Vergangenheit mit dem Gegner zurückblickt. Eine Vergangenheit, die damals auch über Bayern hinaus für Aufsehen sorgte und im Unfrieden endete. "Es gibt für mich keine Rechnung zu begleichen, das ist nicht mein Denken. Jede Partei ist ja danach auch ihren Weg gegangen", sagt er zwar. Aber wenn man eine Weile mit ihm über diese Zeit bei Nürnberg spricht, ist ihm schon anzumerken, dass er sich noch immer nicht ganz verstanden fühlt.

Im September 2015 hatte ihn der damalige Trainer René Weiler suspendiert, der neu erworbene Angreifer musste neben zwei weiteren Spielern mit der Reserve trainieren: "Der Grund ist mir bis heute unbekannt." Der Zwist kochte hoch, die Zeitungen schrieben, dass Kutschke seinen Klub verklage, das kam auch im Vereinsumfeld nicht gut an. "Ich habe mich aber nirgends eingeklagt", sagt er heute. "Es ging damals nur um die Frage: Was passiert, wenn ich mich verletze in der zweiten Mannschaft?" Die Frage wurde damit beantwortet, dass Kutschke wieder mittrainierte, spielen durfte er nur noch einmal für 20 Minuten. Im Januar 2016 ging er leihweise nach Dresden, wo er 16 Zweitligatore schoss. Direkt danach wechselte er vor zwei Jahren vom FCN, wo "das Porzellan zerschlagen" war, nach Ingolstadt. Dort hat der 1,94-Meter-Mann nach einem mittelprächtigen Start seit einem halben Jahr wieder Spaß gefunden - am Fußball im Allgemeinen und am Toreschießen im Besonderen.

Kutschke hilft dabei wie jedem Mittelstürmer, dass ihm der neue Trainer Saibene trotz des Abstiegs schnell vertraute. "Nach dem Trainingsstart wollte ich dann mit den anderen die Sachen geraderücken, die wir uns selber eingebrockt haben." Anders als die Nürnberger, die am Montag ihr erstes Heimspiel 0:4 gegen den Hamburger SV verloren, sind die Ingolstädter noch ungeschlagen in der neuen Saison. Nach vier Partien stehen sie an der Tabellenspitze der dritten Liga, Kutschke erzielte drei der acht Tore. Am Dienstag schossen sich die Ingolstädter mit einem 8:1 im bayerischen Totopokal gegen den Kreisligisten SV Burgwallbach warm.

Trotzdem gilt der Club als ligahöherer Verein natürlich als Favorit. "Dass man in der ersten Runde schon so ein Los hat, macht die Sache nicht so einfach", sagt Saibene. "Es ist so ein Spiel, in dem alles passen muss." Sein Pendant Damir Canadi muss vor seiner ersten Pokalpartie in Deutschland allerdings umbauen: Der Stammtorhüter Christian Mathenia reist nicht mit nach Oberbayern, weil seine hochschwangere Freundin seit Tagen ein Kind erwartet. Ihn ersetzt der Zugang Andreas Lukse, den Canadi bereits jahrelang beim SCR Altach in Österreich coachte.

Kutschke wiederum interessiert es wenig, auf welchen Torhüter er trifft. Vielmehr erhoffe er sich von dem Pokalabend, nachdem es für den Sieger immerhin 351 000 Euro Prämie gibt, dass sich seine Mannschaft so präsentiert, dass die Ingolstädter Fans zufrieden aus dem Stadion gehen. Es soll ja nicht das letzte ausverkaufte Spiel im Sportpark für lange Zeit bleiben.

© SZ vom 09.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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