Heiko Herrlich in Leverkusen:Eine Personalie, die Skepsis hervorruft

Lesezeit: 2 min

Zurück in der Bundesliga: Leverkusens neuer Trainer Heiko Herrlich. (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Bayer Leverkusen stellt Heiko Herrlich als neuen Trainer vor.
  • Sportchef Völler gibt zu, dass er noch zwei weitere Wunschkandidaten hatte, die aber absagten.
  • Herrlich hat vor acht Jahren erst einmal in der Bundesliga trainiert.

Von Ulrich Hartmann, Leverkusen

Zur Begrüßung hatte Rudi Völler schlechte Nachrichten. "Jetzt machen wir erst mal Urlaub", sagte Leverkusens Sportdirektor zu seinem neuen Trainer Heiko Herrlich, dem der Elan aus jeder Pore drang. "Aber nach dem Urlaub", tröstete Völler, "da geht hier die Post ab."

Es ist knapp acht Jahre her, dass Herrlich, 45, seinen ersten und bis dato einzigen Trainerjob in der Bundesliga antrat. Als er im Oktober 2009 beim VfL Bochum vorgestellt wurde, sagte er: "Im Fußball fressen die Starken die Schwachen - aber ich werde nicht gerne gebissen, wir beißen zurück." Im April 2010 wurde er entlassen. Zwei Wochen später verabschiedete sich Bochum bis heute aus der Bundesliga. Herrlich war Neuling, Spieler hatten sich mit ihm angelegt. Angeblich schoss er vor Wut einen Eimer durch die Kabine.

Bayer Leverkusen
:"Nach oben sind keine Grenzen gesetzt"

Bayer Leverkusen stellt überraschend Heiko Herrlich als neuen Trainer vor. Sportdirektor Rudi Völler gibt offen zu, dass der Klub zuvor mit zwei anderen Kandidaten verhandelt hat.

Eine Mischung aus Schmidt und Korkut?

"Wir brauchen einen Trainer mit einer direkten Ansprache", sagte Völler am Freitag. Der Trainer müsse moderieren können, wenn Spieler mal nicht spielten. Völler suggerierte damit, dass Bayers vormaliger Coach Roger Schmidt da womöglich Defizite besaß. Fußballerisch hat Völler auf Schmidt aber nie etwas kommen lassen. Insofern wünscht er sich vom Trainer Herrlich den "aktiven und attraktiven Fußball" eines Roger Schmidt mit der Einfühlsamkeit eines Tayfun Korkut. Im Idealfall ist Herrlich also ein Hybrid aus jenen beiden Trainern, mit denen Leverkusen jüngst die schlechteste Saison der jüngeren Klubgeschichte abschloss.

Zwei anderen Trainern hätte Völler diese Aufgabe wohl noch eher anvertraut als Herrlich. "Aber mit beiden hat es nicht geklappt", gestand er. Dabei dürfte es sich um Thomas Tuchel und Peter Bosz handeln. Der Ex-Dortmunder Tuchel wollte nicht nach Leverkusen, und Bosz wechselte von Ajax Amsterdam nach Dortmund. Auch Lucien Favre (Nizza) und David Wagner (Huddersfield) wurden als Kandidaten gehandelt. "Kein Problem", sagt Völler über Absagen. Auch Herrlich ficht das nicht an: "Es ist nicht verkehrt, wenn sich ein Verein erst mal um Trainer mit großen Namen bemüht." Auch für Herrlich zählte beim Abschied aus Regensburg ja der Klang von Bayer und der Bundesliga. "Ich habe es in Regensburg geliebt", sagte er, "aber dann kam die Anfrage aus Leverkusen - und das wollte ich machen."

Völler weiß, dass die Personalie Skepsis hervorruft. Bayer 04 hat viele Talente und hohe Ziele, man will international spielen. Herrlich hat seine Trainerqualitäten in DFB-Juniorenteams sowie in Regensburg nachgewiesen. "Unsere Entscheidung kommt für einige überraschend", sagt Völler. "Viele Trainer hätten gern bei uns gearbeitet." Freitagmorgen habe er Kandidaten noch telefonisch absagen und erklären müssen, warum man sich für Herrlich entschied. Bundestrainer Joachim Löw findet die Entscheidung nachvollziehbar: "Heiko Herrlich hat im DFB-Nachwuchsbereich sehr gute Arbeit geleistet - das könnte also passen."

Herrlich: "Nach oben setzen wir uns keine Grenzen"

Völler mag Herrlichs aggressiven Angriffsfußball. Den Beweis dafür hat er in der Relegation gegen 1860 München gefunden. Herrlich stieg mit Regensburg zwei Mal nacheinander auf, von der Regionalliga bis in die zweite Liga. Nun soll er Bayers junge Auswahl wieder nach Europa führen. Herrlich sagt: "Nach oben setzen wir uns keine Grenzen."

Es ist 24 Jahre her, dass Herrlich Leverkusen verließ. Bei Bayer feierte er 1989 sein Bundesliga-Debüt. "Als 17-Jähriger bin ich aus dem Schwarzwald hergekommen" - in 258 Ligaspielen für Leverkusen, Gladbach und Dortmund erzielte der fünfmalige Nationalspieler 75 Tore. Sein größter Erfolg: der Champions- League-Sieg mit dem BVB 1997. Herrlich weiß also, was auf der internationalen Bühne erwartet wird.

© SZ vom 10.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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