Hansa Rostock:Probebetrieb mit Fans

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Dicht an dicht: Die Anhänger von Hansa Rostock applaudieren den Spielern trotz der Niederlage im Pokal gegen den VfB Stuttgart. (Foto: Danny Gohlke/dpa)

Trotz schräger Bilder aus Rostock hofft die Bundesliga auf eine politische Einigung, nach der die Stadien zu 40 Prozent gefüllt werden dürften.

Von Thomas Hürner, Rostock/Hamburg

Die Stimmung war eindrucksvoll im Ostseestadion, fast wie in Zeiten vor der Pandemie. Auch nachdem der Anpfiff längst ertönt und die Musik aus den Lautsprechern verstummt war, sangen die Anhänger von Hansa Rostock noch ihre Hymne. "Hansa Forever", tönte es aus 7500 Kehlen, so viele Fans waren für das Pokalspiel gegen den VfB Stuttgart vom Land Mecklenburg-Vorpommern erlaubt worden. Und so stimmungsvoll ging es weiter: Jede Grätsche, jeder Angriff wurde lautstark gefeiert - auch noch, nachdem die Gäste mit 1:0 in Führung lagen, das Tor von VfB-Angreifer Silas Wamangituka (43.) war gleichbedeutend mit dem Endstand. War das diese neue Normalität, von der die Politik immer spricht?

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) jedenfalls beobachtete das Spiel nicht nur von der Tribüne aus, sie schickte von dort auch einen Tweet in die Welt: "Gute Stimmung beim DFB-Pokal in Rostock. Die Fans haben lange darauf gewartet. Ich freue mich, dass wieder mehr Zuschauer ins Stadion können." Das sei "ein großer Schritt in Corona-Zeiten". Dieser Meinung waren andere fußballaffine Nutzer der sozialen Netzwerke nicht unbedingt, einige posteten Bilder aus dem Stadion und dazu empörte Kommentare. Einer schrieb: "Fans im Stadion finde ich super. Aber das hier? Stehen dicht an dicht, haben größtenteils keine Masken auf, singen und schreien sich die Seelen aus dem Leib." Das war auch auf weiteren Bildern und den TV-Aufnahmen zu sehen: Hansa-Fans ohne Mund-Nasen-Schutz, ohne Abstand und stehend, obwohl nur Sitzplatzkarten verkauft werden durften. Alle Tickets waren personalisiert, so hatte es das Hygienekonzept vorgesehen. Außerdem mussten die Fans Formulare ausfüllen, in denen sie unter anderem versicherten, symptomfrei zu sein.

Vor dem Spiel hatte Hansa Rostocks Sportvorstand Martin Pieckenhagen noch eine "Riesenchance für den Fußball" prognostiziert. Es sieht nun aber eher danach aus, als ob einige Hansa-Fans den Skeptikern der Öffnungspläne im deutschen Fußball einen Bärendienst erwiesen hätten. Auf Anfrage des Sport-Informations-Dienstes teilte die Rostocker Polizei mit, dass vor allem im Bereich der Südtribüne die Abstandsregel zum Teil missachtet worden sei. Auch in einigen weiteren ostdeutschen Stadien waren am Wochenende mehrere Tausend Fans im Stadion, etwa in Magdeburg und Chemnitz - allerdings bislang ohne Bilder wie jene aus Rostock.

Es darf als unwahrscheinlich gelten, dass das Spiel in Rostock größere Folgen für den Bundesligastart haben wird. Nach Informationen von ZDF und Bild stehen die Chefs der Staatskanzleien kurz vor einer Einigung für eine bundesweite Richtlinie: Es geht um 30 bis 40 Prozent der maximalen Stadionauslastung. Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) sagte nach einem Austausch mit den Bundesländern: "Die Annäherung ist schon sehr weit fortgeschritten." Entscheidende Gespräche der Länder sollen an diesem Dienstag stattfinden. Für die Heimspiele von Werder Bremen und RB Leipzig waren bereits vor der möglichen Einheitslösung 8500 Fans genehmigt worden.

© SZ vom 15.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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