Handball:Gislasons Härtefälle

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Einige Spieler müssen sich in den WM-Qualifikationsspielen zeigen, fordert Bundestrainer Gislason. (Foto: Soeren Stache/dpa)

Noch zwei Länderspiele, dann muss sich der Handball-Bundestrainer auf einen Olympia-Kader festlegen. Nach Tokio darf er deutlich weniger Spieler mitnehmen als etwa zur WM.

Von Carsten Scheele

Bosnien und Estland, da kommen schlechte Erinnerungen hoch. Von den Hinspielen in der EM-Qualifikation gegen beide Teams kamen die deutschen Handballer mit vier Punkten, aber auch mit zwei Corona-Fällen zurück. Richtig kompliziert wurde es, weil bei der Rückkehr aus Tallinn/Estland niemand von den Ansteckungen wusste: Also reisten die Spieler im November ahnungslos vom Flughafen ab, teilweise in Fahrgemeinschaften, in einem Auto saßen der infizierte Torhüter Johannes Bitter (TVB Stuttgart) sowie die Göppinger Marcel Schiller und Sebastian Heymann. Was folgte, waren Quarantäne-Anordnungen und abgesagte Bundesliga-Partien.

Jetzt stehen die Rückspiele an, und alle hoffen, dass nicht wieder etwas passiert. Der Deutsche Handballbund (DHB) hat die Hygienemaßnahmen noch einmal verschärft; zur ersten Partie in Bosnien reist die Mannschaft am Donnerstag an und am Donnerstag wieder ab, dazwischen 60 Minuten Handball. Sportlich ist die Brisanz überschaubar, die DHB-Auswahl ist für die kommende Europameisterschaft ohnehin qualifiziert. "Das sind Spiele, die wir jetzt hinter uns bringen müssen", sagt Sport-Vorstand Axel Kromer.

Bundestrainer Alfred Gislason hofft dennoch auf ein paar Erkenntnisse, sind es doch die letzten Auftritte vor den Sommerspielen in Tokio. Wer sich für Olympia final aufdrängen möchte, sollte dies in der kommenden Woche tun, zumal sich der Konkurrenzkampf deutlich verschärft hat. Durfte Gislason zur WM im Januar noch 20 Spieler in die Blase in Kairo einschleusen, zuzüglich fünf Nachnominierungen, sind es bei Olympia nur 14 Spieler - sowie drei Ersatzkräfte, die außerhalb des Olympischen Dorfs schlafen müssen.

Kohlbacher und Lemke müssen kämpfen - und einige andere auch

Zehn bis zwölf Spieler dürften ihre Olympia-Plätze sicher haben; darunter die aktuell Verletzten Hendrik Pekeler (THW Kiel), Uwe Gensheimer (Rhein Neckar-Löwen) und Johannes Bitter, sofern sie rechtzeitig fit werden. "Das Gerüst steht", sagt Gislason, im Wissen, dass es Härtefälle geben wird. "Ich werde nicht sagen, wie viele Plätze offen sind", sagt der Isländer: "Aber ein paar sind es schon."

Ein Rundgang durch den Kader zeigt, dass auch arrivierte Spieler zittern müssen. Etwa Jannik Kohlbacher (Rhein-Neckar Löwen) oder Finn Lemke (MT Melsungen), die die WM ausgelassen hatten; oder Fabian Böhm (TSV Hannover-Burgdorf), der zuletzt für alle großen Turniere nominiert wurde. Pro Position zwei Spieler, das ergibt 14 Kaderplätze. Gislason muss sich fragen, ob er sich den Luxus leisten kann, drei Kreisläufer oder drei Spieler aus dem linken Rückraum mitzunehmen. Ein dritter Torwart (zuletzt Silvio Heinevetter/Melsungen) wird nur als Ersatzmann mitreisen.

Ungewiss ist zudem, in welchem Zustand Gislasons Nationalspieler nach der extrem schlauchenden Corona-Saison anreisen werden. Wie sinnvoll ist es etwa, bei Olympia auf tragende Stützen wie Patrick Wiencek (THW Kiel) oder Johannes Golla (SG Flensburg-Handewitt) zu bauen, die in ihren Vereinen quasi jede Partie durchspielen müssen, ob in der Bundesliga oder der Champions League? Mit welchen Kräften sollen sie sich in ein Olympia-Turnier stürzen? Eine nennenswerte Pause werden die Spieler jedenfalls nicht erhalten. Für den 26. Juni sind die letzten Bundesliga-Partien angesetzt. Neun Tage später trifft sich das Nationalteam.

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