Handball:Trainer für drei Spiele

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Trainer in Quarantäne: Michael Roth (r.), Coach der Füchse Berlin, und Martin Schwalb, Coach der Rhein-Neckar Löwen, kennen sich gut. Nun hatten sie beide Covid-19. (Foto: Claus Bergmann/imago)
  • Ende Februar hat Michael Roth als Interimstrainer bei den Füchsen Berlin angefangen - nach nur drei Spielen setzte das Coronavirus die Liga außer Gefecht.
  • Roth wurde selber positiv getestet, hat die Krankheit mittlerweile aber überwunden.
  • Sollte die Bundesliga abgebrochen werden, wäre Roth der Inbegriff des Kurzarbeiters. Sein Vertrag geht ohnehin nur bis Ende Juni.

Von Saskia Aleythe

Ganz so kurz sollte sein Auftritt dann doch nicht werden. Kurz schon, Michael Roth wusste ja, was er da vor fünf Wochen unterschrieben hatte bei den Füchsen Berlin: einen Vertrag als Trainer bis zum 30. Juni, gerade genug, um im Saisonendspurt die Mannschaft vielleicht wieder in die Spur zu kriegen. Aber sehr weit ist Roth nicht gekommen: Drei Partien konnte er nur an der Seitenlinie coachen, dann war schon alles lahmgelegt wegen der Corona-Pandemie. Und er selbst war auch noch infiziert, am Mittwoch endete seine zweiwöchige Quarantäne. Eine ziemlich "außergewöhnliche Zeit", nennt Roth die vergangenen Wochen, "ich war von null auf 110 und von 110 auf null in kürzester Zeit. Das war schon schwer zu verarbeiten."

Zwei Trainer in der Handball-Bundesliga wurden bisher positiv auf das Virus getestet: Martin Schwalb vom Tabellen-Sechsten Rhein-Neckar Löwen und Michael Roth - die beiden kennen sich gut und machen gerade ähnliche Erfahrungen. "Wir haben uns beide darüber gefreut, dass wir uns wieder im Karussell Bundesliga bewegt haben. Und genauso wie wir reingeschossen sind, wurden wir auch wieder rausgeschossen", sagt Roth.

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Auch Schwalb war im Februar wieder als Trainer aktiv geworden. Beide verbrachten dann die Quarantäne bei ihren Familien in Hamburg. "Wir liegen von der Luftlinie nicht so weit auseinander. Wir hatten einen ähnlichen Verlauf und haben uns per Telefon ausgetauscht, wie es uns beiden geht", sagt Roth. 1984 haben sie zusammen bei den Olympischen Spielen in Los Angeles Silber gewonnen, nun erlebten sie nicht nur gleichzeitig ihr Trainer-Comeback, sondern auch Corona. "Martin hatte einen Herzinfarkt, ich hatte mal eine Krebserkrankung, da weiß man schon, dass alles auch anders hätte laufen können", sagt Roth.

Schweißausbrüche, Gliederschmerzen und Schnupfen waren Roths Symptome, ein paar Tage lag er flach, wie bei Schwalb sei die Erkrankung aber noch verhältnismäßig mild verlaufen. "Ich kann gar nicht mehr nachvollziehen, wo ich mir das eingefangen habe", sagt Roth; als er getestet wurde, war die Liga schon unterbrochen, das Training bei den Füchsen eingestellt. Die Spieler sind mittlerweile in Kurzarbeit. Überhaupt glaub Roth, der acht Jahre lang die MT Melsungen trainiert hat, dass die Corona-Pause teilweise auch Gutes bewirkt: "Das ist ein Segen für viele Spieler, dass sie ihren Körper jetzt mal auskurieren und sich pflegen können."

Im Juli übernimmt der 26-jährige Jaron Siewert

Im Handball wird schon seit Jahren über die hohen Belastungen diskutiert. Bei den Füchsen sind in Fabian Wiede und Paul Drux zuletzt zwei Leistungsträger ausgefallen, ihre Rückkehr erwarten sie in Berlin sehnsüchtig - falls die Saison überhaupt fortgesetzt wird. Am Freitag stimmen die Klubs ab, ob die Pause noch länger gehen soll als bis zum 23. April, worauf man sich zuletzt geeinigt hatte.

Roth hofft, dass die Füchse die wirtschaftliche Krise meistern können, aber auch, dass er selber nicht zum Inbegriff des Kurzarbeiters wird, "ich wollte die Zeit genießen und mich empfehlen für andere Aufgaben", sagt der 58-Jährige. Zwei Jahre lang war er raus gewesen aus dem Bundesliga-Alltag, hatte sich nun in kürzester Zeit mit der neuen Mannschaft des Tabellen-Fünften befasst und ihr einen Auftrieb verliehen. Nachdem die Berliner zuhause gegen Tabellenschlusslicht Nordhorn verloren hatten, übernahm Roth von Vorgänger Velimir Petkovic.

Ab Juli wird der erst 26-jährige Jaron Siewert - einst selber Spieler der Füchse und derzeit Coach von Zweitligist TuSEM Essen - das Traineramt übernehmen, daran hat laut Roth auch die Corona-Krise nichts geändert. "Sollte die Saison noch länger gehen, werde ich mir die Spiele zumindest von der Tribüne aus anschauen, aber nicht auf der Trainerbank", sagt er. Das eigentlich für Mai geplante Final-Four-Turnier im EHF-Pokal soll nun Ende August in Berlin stattfinden. Die Füchse haben als derzeitiger Gruppenerster gute Chancen, das zu erreichen, das 33:26 gegen die Spanier von Logroño La Rioja war Roths erste Partie bei den Füchsen gewesen.

In die kommenden Tagen startet Roth nun mit dem Prinzip Hoffnung, aktiv bleiben heißt die Devise, Videostudium der Gegner betreiben, falls doch wieder gespielt wird in seiner Amtszeit: "Falls es weitergeht, bin ich auf jeden Fall vorbereitet."

© SZ vom 05.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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