Handball:Bis aufs letzte Hemd

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Kein Grund für Zweifel: Für die Mannschaft von Trainer Martin Wild geht es nach oben, der TuS ist eines von vier ungeschlagenen Teams. (Foto: Günther Reger/SZ)

Trotz großem Widerstand müssen sich die Günzburger Drittliga-Handballer im Südbayern-Derby dem Zweitliga-Absteiger Fürstenfeldbruck geschlagen geben. Der TuS kann weiter nach oben blicken, Günzburg wartet auf den ersten Punkt.

Von Heike A. Batzer

Yannick Engelmann ist schon so ziemlich auf allen Positionen im Einsatz gewesen, die ein Handballspiel hergibt. Nur als Torsteher musste er sich noch nicht verdingen. Jetzt hat er eine neue Rolle zugewiesen bekommen auf der Bühne des TuS Fürstenfeldbruck: Zum Regisseur wird der 26-Jährige gerade umgeschult, als Nachfolger von Falk Kolodziej, der den Verein verlassen hat. Doch die Schuhe sind groß, das Brucker Spiel lebte von Kolodziejs Überraschungsmomenten und genialen Zuspielen. Engelmann soll keine Kopie werden, das kann er auch gar nicht. Aber mangels Alternativen ist er derjenige, der für die Position am ehesten in Frage kam. "Er kommt gut voran", sagt sein Trainer. Das Mehr an Verantwortung aber kann auch belasten. Er müsse jetzt "noch mehr auf dem Spielfeld denken und sich Spielzüge überlegen", weiß Engelmann. Die Umschulungszeit war kurz, nur zwei Monate nach dem Ende der Saison in der zweiten Bundesliga, aus der Fürstenfeldbrucks Handballer nach nur einem Jahr wieder abgestiegen sind, begann schon die neue in Liga drei. In die starteten sie mit optimaler Ausbeute. Dem Auftaktsieg in Willstädt folgte am zweiten Spieltag ein 28:26 (14:12) beim VfL Günzburg.

Die Freude darüber, dass sie ihre Sportart wieder vor Publikum ausüben dürfen, ist den Handballern anzumerken. Eine ganze Hundertschaft Fans aus Fürstenfeldbruck ist die hundert Autobahnkilometer rüber an die Donau gefahren, um ihr Team beim Gastspiel in der Günzburger Rebayhalle zu begleiten. Die kann eigentlich mehr als 2000 Menschen aufnehmen, doch sie ist längst nicht voll zum Heimspielauftakt. Die Leute seien noch sehr vorsichtig, hat Günzburgs Rückraumspieler Michael Jahn zuvor beobachtet. 650 Zuschauer werden sie später melden, immerhin. Nach anderthalb Jahren Pandemie darf es wieder laut werden in den Sportarenen. Die Masken aber müssen, weil nicht mehr zwingend auf Abstände geachtet werden muss, auch am Platz auf Mund und Nase sitzen, der Hallensprecher erinnert bisweilen daran. Dass die Fans wieder dabei sind, habe seinem Team in schwierigen Phasen des Spiels sehr geholfen, sagt hinterher Günzburgs Trainer Gabor Czako.

Günzburg hat 0:4 Punkte, Fürstenfeldbruck 4:0 - die Tendenzen sind damit klar

Für Günzburg soll es nach dem Aufstieg aus der Bayernliga 2020 und dem schnellen Abbruch der Vorjahresspielzeit die erste echte Saison in der dritten Liga werden. Dazwischen lag eine lange coronabedingte Pause, die Drittligisten durften im Gegensatz zur ersten und zweiten Bundesliga nicht weitermachen. Nicht allzu weit voraus, sondern von Spiel zu Spiel will man deshalb blicken in der Vorrunde des neu konzipierten Spielmodus, der Gefährdungspotenzial birgt für einen Großteil der Klubs. In jeder der sieben Gruppen rutscht die Hälfte der Teams nach der Vorrunde in eine Abstiegsrunde.

Günzburgs Handballer sind nun mit vier Minuspunkten in die Saison gestartet. Nach der Schlusssirene steht ihnen die Enttäuschung in ihre verschwitzten Gesichter geschrieben. "Wir hatten es selbst in der Hand", urteilt Michael Jahn. Und Manuel Riemschneider, der vor der Saison vom Eichenauer SV nach Günzburg wechselte, ergänzt, man sei im Abschluss nicht clever genug gewesen. André Alves, ebenfalls neu dabei, scheitert in den Schlussminuten beim Strafwurf, Nicolai Jensens Anschlusstreffer stellt dann nur noch den 26:28-Endstand her nach einer von beiden Seiten intensiv geführten Partie.

Beim favorisierten TuS Fürstenfeldbruck bemüht sich Yannick Engelmann wie geplant auf der Mittelposition und bringt dabei weniger seine Mitstreiter als sich selbst immer wieder in gute Wurfpositionen. Mit zehn Toren, darunter drei Siebenmetern, ist sein Anteil am Sieg beachtlich. In der Abwehr gehen TuS-Trainer Martin Wild aber die Alternativen aus, weil Sebastian Meinzer wegen einer Adduktorenverhärtung nicht einsetzbar und U-19-Europameister Stephan Seitz nach zwei Zeitstrafen nach nur sechs Minuten frühzeitig gefährdet ist. Und so landet auf einmal der unbekannte Lasse Rehmeyer im Innenblock einer Brucker Verteidigung, die selten zuvor so defensiv zu Werke gegangen ist. Doch im wenige Tage zuvor erst 19 Jahre alt gewordenen Louis Oberosler hat die Verteidigungslinie einen sicheren Rückhalt.

Der VfL Günzburg erweist sich indes als Hort des Widerstands, obwohl erst Sergi Alá I Sánchez, später Balasz Toth nach roten Karten vorzeitig das Feld räumen müssen. "Die Günzburger gaben sechzig Minuten lang ihr letztes Hemd", erinnert sich Martin Wild. Die dreimalige Führung der Gastgeber währt zwar jeweils nur für einen kurzen Moment, aber sie bleiben stets auf Tuchfühlung. Auch weil sich Patrick Bieber im Tor mit drei Siebenmeterparaden hervortut. Zweimal hält er ausgerechnet bei den Versuchen von TuS-Linksaußen Tim Kaulitz. Der hatte in seinen Jugendjahren noch für Günzburg gespielt.

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