Handball der Frauen:Im Zweitjob Meistertrainer

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Ziel: Rückkehr in die Weltspitze. Markus Gaugisch, hier mit den Handballerinnen von Bietigheim, dirigiert nun auch die nationale Auswahl. (Foto: Marco Wolf/Imago)

Markus Gaugisch, der Coach der ungeschlagenen Handballerinnen aus Bietigheim, soll in Doppelfunktion das Potential des Nationalteams ausschöpfen.

Von Ulrich Hartmann, München

Der Druck ist groß für Axel Kromer, den Sportvorstand des Deutschen Handball-Bunds (DHB), und seinen neuen Frauen-Bundestrainer Markus Gaugisch. Das liegt natürlich auch daran, dass sie die Erwartungen einst selbst so hochgeschraubt haben, indem sie als Väter-Trainer-Duo die E-Jugend der Spielvereinigung Mössingen vor fünf Jahren zum Weltmeistertitel bei der Handball-Mini-WM der Ludwigsburger Kreiszeitung geführt haben. Ihre Söhne und deren Kameraden traten als "Tunesien" an und triumphierten.

Diese Referenz war allerdings irrelevant, als Kromer mit dem Segen des DHB-Präsidiums den Göppinger Gaugisch, 48, zum neuen Bundestrainer erkoren hat. Nachdem man sich im März mit dem bisherigen Bundestrainer Henk Groener nicht auf die vertraglichen Parameter einer weiteren Zusammenarbeit hatte einigen können und der Niederländer daraufhin nach vier Jahren absprang, wählte der Verband Gaugisch: Der hatte vor vier Jahren auch schon in der Endauswahl gestanden, konnte in der Zwischenzeit aber beim Bundesliga-Klub SG BBM Bietigheim seine Kompetenz im Frauen-Handball unter Beweis stellen.

Vier Spiele vor dem Saisonende steht Bietigheim mit 44:0 Punkten an der Spitze und wird Meister werden. Diese und die nächste Saison wird Gaugisch seinen Klub und die Nationalmannschaft in Doppelfunktion führen, vom Sommer 2023 an will er sich dann auf das Nationalteam fokussieren. Seinen Nebenjob als Sportlehrer am Gymnasium im schwäbischen Dußlingen lässt er schon von diesem Sommer an ruhen.

Gaugisch ist schon der sechste Bundestrainer seit 2007

Gaugisch ist seit dem bislang letztmaligen Gewinn einer Medaille (WM-Bronze 2007 unter dem Trainer Armin Emrich) der sechste Bundestrainer, der sich daran versucht, das Potenzial des deutschen Frauen-Handballs auszuschöpfen. Rainer Osmann (2009-2010), Heine Jensen (2011-2014), Jakob Vestergaard (2015), Michael Biegler (2016-2017) und Henk Groener (2018-2022) war das nur bedingt gelungen; eine Medaille, geschweige denn die ersehnte Halbfinal-Teilnahme bei den alternierenden EM- und WM-Turnieren sowie eine Olympia-Teilnahme hatte keiner von ihnen erreicht.

Eine Rückkehr von Kim Naidzinavicius (rechts) ins DHB-Team ist auch unter dem neuen Bundestrainer vorerst nicht angedacht. (Foto: Bo Amstrup/AP)

Gaugisch, einst Bundesligaspieler beim VfL Pfullingen und Männer-Bundesligatrainer in Neuhausen und Balingen-Weilstetten, erhielt einen Vertrag bis 2024, der sich bis 2026 verlängert, wenn sich die Mannschaft mit ihm für die Sommerspiele 2024 in Paris qualifiziert. Olympia in Paris und das Halbfinale bei der Heim-WM 2025 wurden ihm vom DHB als Ziele auferlegt. Den ersten gemeinsamen Schritt machen Gaugisch und sein Team am Donnerstag, wenn sie sich mit einem Sieg gegen Griechenland (Hinspiel 36:10) für die EM qualifizieren können, die vom 4. bis 20. November in Slowenien, Montenegro und Nordmazedonien stattfindet.

Wie gut sich der mit potenziellen Interessenskonflikten beladene Doppeljob in Klub und Verband bewältigen lässt, wird die Zukunft zeigen. Kromer sieht sogar "einen gewissen Vorteil, weil Markus regelmäßig in den Hallen unterwegs ist". Einen ersten möglichen Streitpunkt, ob die unter Groener zurückgetretene Bietigheimerin Kim Naidzinavicius unter Gaugisch ins Nationalteam zurückkehrt, entschärft Kromer gleich selbst, indem er sagt: "Das ist nicht angedacht!" Gaugischs mittelfristiges Ziel lautet: "Mit der Mannschaft in die Weltspitze zurückkehren, um dort auf höchstem Level Erfahrungen zu sammeln."

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