Handball: Abschied vom Bundestrainer:Die letzte Show des Heiner Brand

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Beim letzten Spiel von Bundestrainer Heiner Brand vermöbeln die deutschen Handballer Lettland 32:22. Noch vor dem Abpfiff wird Brand gefeiert, anschließend ist er mächtig erleichtert - seinem Nachfolger gibt er jedoch schwierige Aufgaben mit auf den Weg.

Carsten Eberts

Vier Minuten vor Schluss klatschte Co-Trainer Martin Heuberger die grüne Karte auf den Zeitnehmertisch. Der Co-Trainer? Macht so etwas nicht der Chef? Nein, die deutschen Handballer selbst nahmen die Auszeit, um einen Mann zu ehren, der in den vergangenen 14 Jahren der Frontman seiner Sportart war. Und der nun geht.

"Er war immer mein Bundestrainer": Nationalspieler Pascal Hens (li.) verbschiedet Bundestrainer Heiner Brand. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Es war der offizielle Abschiedsmoment für Heiner Brand. Die Hallenregie drehte die Musik laut, die Zuschauer reckten selbstgemalte Plakate in die Luft, die Mannschaft nahm Brand in die Mitte und beklatschte den Bundestrainer eifrig. Brand selbst tippte sich mit den Zeigefingern an die Stirn, lachte jedoch herzhaft umher. Kurz darauf wurde das EM-Qualifikationsspiel gegen Lettland wieder angepfiffen. Immerhin: Eingewechselt wurde Heiner Brand nicht mehr.

Es war ein vergnüglicher Nachmittag in Trier, den Brand zum Abschied genießen durfte. Die deutsche Mannschaft vermöbelte die Letten 32:22 (17:11), sie feierte damit zum Abschluss einer schwierigen EM-Qualifikation einen ungefährdeten Sieg. Brand sah tolle Tore, experimentierte ein wenig, ließ zeitweise ein auffällig junges Team agieren. Er grinste so häufig in Richtung Spielfeld, wie er es in den vergangenen zwei Jahren nicht getan hatte.

Hinterher wirkte Brand erleichtert. "Das war das schwerste Spiel für mich", erklärte der Coach im ZDF. Er hatte ja geahnt, dass er gefeiert werden würde - und Auftritte als Alleinunterhalter sind nicht wirklich sein Ding. Brand sagte aber auch: "Es ist eine Befreiung für mich. Die letzten Jahre waren sehr anstrengend. Ich bin froh, dass ich mich über manche Dinge nicht mehr aufregen muss."

Sein selbstgewählter Rückzug nach zwei erfolglosen Jahren als Bundestrainer war folgerichtig - ebenso nötig scheint es jedoch, Brand nicht ganz ziehen zu lassen. Der 58-Jährige wird künftig als Handball-Manager für den deutschen Handballbund (DHB) arbeiten, als eine Art Sportdirektor, der sich um zukunftweisende Entscheidungen kümmern soll.

Damit soll Brand vor allem dazu beitragen, dass sein Nachfolger ein leichteres Leben hat. Jahrelang rügte er die Bundesliga-Klubs, forderte den verstärkten Einsatz junger, deutscher Spieler in Deutschlands Eliteliga. Nur selten kam etwas zurück. Als Manager ist Brand künftig hauptberuflich für solche Angelegenheiten zuständig. "Ich hoffe, dass sich in Zukunft etwas ändern wird", sagte er: "Ich selbst hatte diese Einsicht schon vor 15 Jahren."

Handball: Heiner Brand
:Der Handball-Kaiser

Weltmeister als Spieler, Weltmeister als Trainer: Kein Name ist mit dem deutschen Handball so verbunden wie der von Heiner Brand. Egal, ob der Schnauzbart nun dran oder abrasiert ist.

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Wer Brands Nachfolger als Bundestrainer wird, ist längst kein Geheimnis mehr: Martin Heuberger, der langjährige Co-Trainer. Der Öffentlichkeit ist Heuberger zwar wohlbekannt, jedoch nur als analytischer Typ, der den Fernsehzuschauern in den Halbzeitpausen die Maßnahmen seines Chefs erklärt. Einer wie Hansi Flick bei den deutschen Fußballern - nur noch ein wenig unglamouröser.

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Offiziell wurde Heuberger lediglich zum Favoriten erklärt, doch der DHB macht kein Geheimnis mehr daraus, dass der 47-Jährige neuer Bundestrainer werden soll. Es habe zwar auch sehr gute Gespräche mit anderen Kandidaten gegeben, sagte DHB-Vize Horst Bredemeier: "Der Bundestrainer hätte auch Dagur Sigurdsson oder Velimir Petkovic heißen können." Die Task Force, bestehend aus Mitgliedern von Verband und Liga, entschied sich jedoch gegen die Übungsleiter der Füchse Berlin und Frisch Auf Göppingen - und damit für Heuberger.

Das ist nicht die mutigste Lösung, schließlich hätten die letzten Ergebnisse bei großen Turnieren auch einen kompletten Neuanfang gerechtfertigt. Dafür steht die Entscheidung für Heuberger viel zu sehr für Kontinuität. Seit vielen Jahren ist Heuberger beim DHB angestellt, nicht nur als Co-Trainer der A-Nationalmannschaft, sondern auch als Bundestrainer der Junioren. Hier feierte er große Erfolge, wurde 2006 Junioren-Europameister, 2009 sogar Weltmeister.

Heuberger wird Brands Arbeit fortführen, daran besteht wenig Zweifel, auch wenn Horst Bredemeier sagt: "Martin wird kein Abziehbild von Heiner Brand sein." Wo Heuberger sich differenzieren will, werden die ersten Wochen im Amt zeigen. Die schweren Aufgaben bleiben jedoch: An normalen Tagen haben Nationen wie Frankreich, Spanien oder Kroatien die besseren Handballer. Es muss alles passen, damit Deutschland eines dieser großen Teams schlagen kann.

Der Nachmittag in Trier gehörte jedoch noch einmal Heiner Brand. Minutenlang warteten die Fans nach der Partie, bis Deutschlands bekanntester Schnauzbart endlich mit den Fernsehinterviews fertig war - um ihm ein letztes Mal huldigen zu können. Auch für die Nationalspieler war es ein emotionaler Moment. "Er war immer mein Bundestrainer", sagte stellvertretend Pascal Hens: "Das geht einem schon unter die Haut."

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