Glosse "Linksaußen":Teure Heimat

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Albion Vrenezi. (Foto: Roland Krivec/DeFodi/imago)

Nach vielen Stationen in fernen Ländern ist Albion Vrenezi endlich zurück in München. Nun muss nur Türkgücü noch seine fußballerische Heimat werden.

Von Markus Schäflein

"Wohl oft fand ich, was Aug' und Herz ergötzte, / doch nie, was meine Heimat mir ersetzte", berichtete einst der Dichter Friedrich von Bodenstedt, und der Sänger Elvis Presley ergänzte: "Home is where the heart is." Es ist also absolut logisch, dass der Fußballspieler Albion Vrenezi sich dem Drittligisten Türkgücü München anschließt. Für Vrenezi ist laut der Pressemitteilung des Klubs "dieser Schritt etwas ganz Besonderes, da München meine Heimat ist". Der kleine Albion kickte ja einst für Planegg-Krailling und Unterföhring, ehe es ihn in die Fremde verschlug.

Vrenezi, 27, ist ein typisches Beispiel, wie raffgierige Berater talentierte Fußballer um die Welt jagen. Er verbrachte viele Jahre in fremden Ländern (Schwaben, Unterfranken, Oberpfalz), in denen er, brunsverregg, die Sprache nicht verstand und mit merkwürdigen Speisen konfrontiert war (plötzlich schmeckte die Bratwurst). Augsburg, Würzburg, Regensburg! Die Heimat, die Verwandten, die Freunde - so weit weg.

Heimat ist wichtig, nicht umsonst würde diese Seite in anderen Publikationen "Heimatsport" heißen. Und nicht umsonst, also nicht kostenlos, gibt es ein Heimatministerium, das die CSU nach durchschlagendem Erfolg in Bayern auch in Berlin etabliert hat. Ob die Politik an der Rückführung Vrenezis mitgewirkt hat, ist noch nicht bekannt. Kritik der Linken am Heimatministerium ("reine Geldverschwendung ohne messbare Ergebnisse") könnte man in diesem Fall endlich widerlegen.

Apropos Geldverschwendung: Das Blöde an der Heimat München ist, dass sie so teuer ist. Aber Vrenezi erhält einen hervorragend dotierten Vertrag, der ihm die Heimkehr überhaupt erst ermöglicht hat. Dafür ist Türkgücü zu danken. Es gibt für Fußballer allerdings nicht nur die normale Heimat, sondern auch die fußballerische Heimat. Satzbeispiele: "Die Eintracht ist meine fußballerische Heimat" (Alex Meier). "Nach meiner Rückkehr nach Münster habe ich schnell gemerkt, dass das hier meine fußballerische Heimat ist" (Alexander Langlitz). "Der Verein war meine fußballerische Heimat" (Michael Hamberger, DJK Vilzing). In dieser Hinsicht wird es mittelfristig möglicherweise enttäuschend bei Türkgücü. Dazu noch ein Dichter, Paul Keller: "Heimat ist nicht Raum, Heimat ist nicht Freundschaft, Heimat ist nicht Liebe. Heimat ist Friede." Bei Türkgücü? Heimatland!

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