Gladbach-Sieg gegen Hoffenheim:Stark wie unter Hennes Weisweiler

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Starke Gladbacher: André Hahn, Patrick Herrmann, Christoph Kramer und Tony Jantschke (von links) (Foto: Bongarts/Getty Images)

Auf Platz drei abgerutscht, aber einen Konkurrenten abgeschüttelt: Borussia Mönchengladbach überzeugt beim 3:1 gegen 1899 Hoffenheim - und stellt einen mythischen Vereinsrekord ein.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Wenn es stimmt, dass Niederlagen den Charakter stärken, dann müssten die Fußballer von Borussia Mönchengladbach mittlerweile ein charakterloser Haufen sein. Allerdings darf man ihnen das schon deshalb nicht unterstellen, weil sie seit zweieinhalb Monaten unbesiegt sind und einen recht charaktervollen Fußball spielen. Am Sonntag besiegten sie die TSG Hoffenheim mit 3:1 (2:1) und bleiben als Tabellendritter dem FC Bayern auf der Fährte. "Wenn man einen Lauf hat, hat man einen Lauf - und wir haben einen", freute sich Mittelfeldmann Christoph Kramer. Für Hoffenheim war es die erste Niederlage im zwölften Pflichtspiel.

Aber die Niederlage an sich ist in dieser Saison auch ein großes Thema in Mönchengladbach - weil sich die Borussia in 17 Pflichtspielen bis jetzt erfolgreich dagegen wehrt. 16 Pflichtspiele ohne Niederlage waren Gladbacher Fußballern zuletzt 1970 gelungen. Und weil die Statistiker das damalige Europapokal-Aus im Elfmeterschießen beim FC Everton im seinerzeit 17. Pflichtspiel auch nicht als Niederlage werten, werden diese 17 nicht verlorenen Pflichtspiele vor 44 Jahren als bis heute größte Gladbacher Serie betrachtet. Vor diesem Hintergrund war die Partie am Sonntag gegen Hoffenheim eine historische für die Borussen. "Jetzt haben wir diesen Hennes-Weisweiler-Rekord auch eingestellt", sagte Kramer erfreut, während Sportdirektor Max Eberl befand: "Das ist zwar schön, zählt aber nicht als Titel."

Sieg gegen Hoffenheim
:Gladbach wie eine Spitzenmannschaft

Erst Hahn, dann zweimal Herrmann: Borussia Mönchengladbach legt sich den direkten Konkurrenten 1899 Hoffenheim zurecht und siegt verdient 3:1. Tabellenplatz zwei verfehlt die Borussia nur um ein Tor.

Obwohl Gladbachs Trainer Lucien Favre in seinen Aufstellungen eruptive Veränderungen vermeidet, hat er im Laufe der 17 Pflichtspiele doch immer wieder so viele - manchmal unauffällige - Veränderungen vorgenommen, dass er gegen Hoffenheim tatsächlich eine zum 17. Mal veränderte Startformation aufbot. Havard Nordtveit ersetzte im defensiven Mittelfeld den verletzten Granit Xhaka. Auch Hoffenheims Trainer Markus Gisdol zeigt gern Treue, musste diesmal aber auf Stürmer Kevin Volland verzichten, der sich mit einer verhärteten Wade plagt. Gisdol brachte dafür den Schweizer Steven Zuber auf den linken Flügel und beförderte Anthony Modeste in die Spitze.

Nachdem Gladbachs Fans dem Trainer Favre vor dem Spiel zum 57. Geburtstag ein chorales 'Happy Birthday' intoniert hatten, mussten sie nach dem Anpfiff nur zwölf Minuten warten, ehe sie auch das erste Tor besingen durften. Am Ende einer ansehnlichen Hochgeschwindigkeits- Ballstafette über drei Viertel des Feldes lupfte Patrick Herrmann den Ball von der linken Grundlinie derart gefühlvoll in den Strafraum, dass André Hahn ungestört und volley zum 1:0 (12.) einschießen konnte. Beide Teams brillierten mit einer taktischen Ordnung, die das anspruchsvolle Spiel phasenweise allerdings etwas statisch erscheinen ließ.

Ähnlich viel Mühe mit der Ästhetik beim Torerfolg gaben sich dann die Hoffenheimer, als Modeste nach 30 Minuten eine pfiffige One-Touch-Vorlage von Zuber zum 1:1-Ausgleich einschoss. Doch die reaktionsschnellen Gladbacher brauchten danach gar nur 120 Sekunden, um die alte Ordnung wiederherzustellen. Diesmal revanchierte sich Hahn bei Herrmann und bereitete ihm von rechts den Treffer zum 2:1 (32.) vor. In beiden Fällen hatte Hoffenheims Kapitän Andreas Beck - einmal rechts, einmal links - die Flanke nicht unterbinden können.

Trotz des Rückstands agierten die Hoffenheimer nach der Pause so, dass Trainer es gern geduldig nennen. Doch bereits in der 52. Minute krönte Herrmann seine Leistung mit seinem zweiten Treffer zum 3:1. Nach einem hart und flach geschossenen 20-Meter-Freistoß des Gladbachers Nordtveit, den Hoffenheims Torwart Oliver Baumann nicht festhielt, drückte Herrmann den Abpraller zur Vorentscheidung über die Linie. "Einfache Fehler bestraft Gladbach aktuell brutal", seufzte Hoffenheims Trainer Gisdol später. Raffael verpasste mit einem Lattenschuss in der 59. Minute zwar das vierte Tor, doch Hoffenheims Mittel im Spielaufbau gegen präzise postierte Gladbacher waren an diesem Tag zu bescheiden, um noch einmal Spannung zurückzubringen.

So blieb es beim klaren Gladbacher Sieg, und die stolzen Borussen zählen weiter ihre Spiele. Sportchef Eberl klingt zuversichtlich: "Die Mannschaft ist abgezockt und souverän und steht zurecht da oben." Am Donnerstag geht es zum 18. Pflichtspiel der Saison, nach Limassol auf Zypern. Im Europapokal könnte Favres Team die Serie der Spiele ohne Niederlagen exklusiv auf 18 erhöhen - und hätte den Rekord dann ganz für sich alleine.

© SZ vom 03.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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