Es war eine brisante Aussage, die Ottmar Hitzfeld am Sonntagabend in die Welt setzte, im TV-Sender Sky: "Ich weiß ja nicht, ob das der richtige Transfer war, mit den Verletzungen", begann der Nationaltrainer der Schweiz bedeutungsschwanger, die Rede war von Kevin-Prince Boateng. Der 26-Jährige war Ende August für rund zehn Millionen Euro vom AC Mailand zu Schalke 04 gewechselt. Zehn Millionen Euro für den Stammspieler aus Mailand, die Branche hatte diesen überraschend billigen Transfer übereinstimmend als Preis-Leistungs-Gewinner des Sommers gewertet.
Transfer-Bilanz:Lauter neue Lieblingsklubs
Lange schleppte sich das Sommer-Transferfenster ereignislos dahin, bis plötzlich die Millionen sprudelten: Kevin-Prince Boateng, Gareth Bale, Marko Arnautovic - sie alle haben neue Lieblingsklubs gefunden. Nur der Empfang für Patrick Helmes ist frostig. Die prägenden Wechsel des Transfer-Finals.
Hitzfeld machte dafür weniger das Schalker Verhandlungsgeschick verantwortlich: "Man munkelt, dass er schon angeschlagen war, als er gekommen ist", sagte Hitzfeld, "am Knie", das habe man "bei der Untersuchung" festgestellt.
"Wo munkelt man das?", fragte Moderator Patrick Wasserziehr erstaunt.
"Das habe ich so gehört", so Hitzfeld.
"Er ist also schon angeschlagen zu Schalke gekommen...", sagte Wasserziehr.
"...dass man ihn dadurch erst bekommen hat, ja", bekräftigte Hitzfeld.
Auf Schalke war am Montag die Verwunderung groß. Allerdings weniger über das Wohlbefinden Boatengs, sondern über Hitzfelds öffentliche Andeutungen. "Fakt ist, dass ein Medizincheck absolviert wurde. Ohne den kann kein Transfer ablaufen", sagte Schalkes Sprecher Heiko Kruska auf SZ-Anfrage. Dass Schalkes Mediziner die Verletzung bewusst übersehen hätten, dementierte Kruska.
Tatsächlich war Boateng in der Vergangenheit immer wieder mit Beschwerden im linken Knie auffällig geworden. Als junger Profi bei Hertha BSC riss er sich erst das Kreuzband, dann den Meniskus. In Diensten von Borussia Dortmund verdrehte er sich im März 2009 das Knie, fiel vier Wochen aus. Auch beim AC Mailand fehlte Boateng wiederholt verletzungsbedingt, mal war es eine Entzündung im Schambein, mal das Knie, dann plagten ihn muskuläre Probleme.
Anfang Oktober verließ Boateng gegen den FC Augsburg den Platz. Später gestand er: "Ich hatte leichte Schmerzen, habe gehofft, sie wegzulaufen. Das Knie ist schon immer meine Problemzone gewesen." Zwei Tage später meldete sich der ghanaische Nationalspieler für das Länderspiel gegen Ägypten ab, auch das Training ließ er bis vor kurzem aus. Gegen Chelsea und Dortmund kam Boateng wieder zum Einsatz, spielte aber schwach.
Den weiteren Fahrplan für Boateng legen sie in Schalke mittlerweile recht großzügig aus. Vor dem Derby hatte Manager Horst Heldt gesagt: "Keine Ahnung, was in ein, zwei oder sechs Monaten ist."