Fußball-WM:Wald statt Meer

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Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) entscheidet sich für eine WM-Basis in der Nähe von Moskau. Bei der Wahl überwogen am Ende vor allem zwei Argumente.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Manchmal muss es herrlich sein, dieses Leben als brasilianischer Nationaltrainer. So viele begabte Kicker stehen zur Verfügung, im Erfolgsfall liegt das ganze Land huldigend zu Füßen, und als krönendes Argument des Ganzen nun noch dies: Im nächsten Sommer wird es in diesem Job tatsächlich möglich sein, ein paar Wochen lang das angenehme Klima am Schwarzen Meer und - bei dem einen oder anderen Tässchen Cafezinho - eine ganz entspannte Atmosphäre aus Sonne, Strand und Wasser zu genießen.

Schon vor Wochen entschied sich Brasiliens Nationalelf, während der Fußball-WM im Sommer ein Quartier in Sotschi zu beziehen. Und es ist ein offenes Geheimnis, dass es manch einen im deutschen Tross und insbesondere Bundestrainer Joachim Löw auch dorthin zog - nicht zuletzt wegen der Erfahrungen beim gewonnenen Confed Cup im Sommer. Aber daraus wird nun nichts. Statt ins Strandbad Sotschi geht es in ein beschauliches Birkenwäldchen zirka 40 Kilometer südwestlich von Moskau, wie der Deutsche Fußball-Bund (DFB) am Freitag offiziell bestätigte. Watutinki heißen der Ort und die Anlage dort, die gemeinhin der Fußball-Klub ZSKA Moskau zur Vorbereitung nutzt. "Die Entscheidung ist uns dieses Mal nicht leicht gefallen", sagt Löw.

Ein wenig hatte es jüngst den Eindruck, als hätten sich die Verantwortlichen beim DFB verzettelt in der Frage, ob das Unternehmen Titelverteidigung nun aus Moskau oder aus Sotschi angegangen werden soll. Aus der Wahl der Unterkunft ist in der jüngeren Vergangenheit ja nahezu eine Wissenschaft geworden. Aber neben dem als Kraftquell für den WM-Erfolg 2014 verklärten Campo Bahia hat es auch so manche Ortswahl gegeben, die sich als nicht ganz glücklich erwies. 2016 etwa, bei der EM in Frankreich, logierte das Team in einem Hotel in Évian, das idyllisch gelegen, aber auch tendenziell die Gefahr des Lagerkollers barg. Und bei den nächtlichen Rückreisen vom Spiel kam man kaum mit beim Versuch, jeden Kreisverkehr zu zählen, der auf der Fahrt vom Flughafen ins Hotel das Tempo drosselte.

Auch Watutinki ist ein eher überschaubarer Ort. 12 000 Einwohner zählt die Gemeinde, in den vergangenen Jahren haben sich dort diverse reiche Moskauer ihre geräumigen Wochenend-Unterkünfte gebaut. Apropos bauen: Fertig ist der Hotelkomplex, in dem die deutsche Mannschaft während des Turniers wohnen soll, noch nicht, erst bis April 2018 soll es soweit sein. Aber das bereitet den DFB-Verantwortlichen keine Sorgen. Auch beim Campo in Brasilien mussten sie lange warten, bis alle Arbeiten für den Einzug abgeschlossen waren.

Beim DFB überwogen am Ende vor allem zwei Argumente. Zum einen gab es in Sotschi das Problem, einen guten Trainingsplatz für die komplette Turnierdauer zu finden. Zum anderen ist der Großraum Moskau besser geeignet für den erhofften Reiseplan der deutschen Équipe. Nur rund eine Stunde ist es aus dem Birkenwäldchen bis zum Luschniki-Stadion. Und das ist jener Ort, an dem die Deutschen dreimal spielen wollen: ihre Eröffnungspartie gegen Mexiko (17. Juni), im Falle des Gruppensiegs das Halbfinale - und das Finale.

© SZ vom 16.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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