Aus dem französischen WM-Skandal wird eine Staatsaffäre: Im Auftrag von Präsident Nicolas Sarkozy las nun Sportministerin Roselyne Bachelot den Fußballprofis in Südafrika nach dem Rauswurf von Nicolas Anelka und dem Trainingsboykott die Leviten. "Ich habe den Spielern gesagt, dass sie dem Image Frankreichs geschadet haben", erklärte die Politikerin auf einer improvisierten Pressekonferenz am Montagabend am Free-State-Stadion in Bloemfontein und ergänzte: "Es ist ein moralisches Desaster für den französischen Fußball."
"Sie haben dem Image Frankreichs geschadet": Frankreichs Sportministerin Roselyne Bachelot in Südafrika.
(Foto: dpa)Die Spieler hätten bei der Unterredung Tränen in den Augen gehabt, berichtete Bachelot. "Ich habe ihnen gesagt, dass sie für unsere Kinder nicht mehr Helden sein können. Sie haben die Träume ihrer Landsleute, ihrer Freunde und ihrer Fans zerstört", teilte die Sportministerin mit, zugleich kündigte sie Konsequenzen an: "Wir werden nach der WM eine Untersuchung einleiten über alles, was hier passiert ist." Eigentlich sei eine Weltmeisterschaft Angelegenheit des Fußball-Verbandes, "aber die Regierung muss eingreifen, wenn der Ruf Frankreichs auf dem Spiel steht, das ist hier der Fall".
Domenech befürchtet Spieler-Boykott beim letzten Vorrundenspiel
Der umstrittene Trainer Raymond Domenech befürchtet unterdessen sogar einen Spieler-Boykott des entscheidenden letzten Vorrunden-Spieles gegen Gastgeber Südafrika (Dienstag, 16:00 Uhr). Es gebe "eine Möglichkeit", dass einige Spieler bei dem Spiel am Dienstag nicht dabei sein wollten. "Wir werden das bei der Aufstellung bedenken müssen." Indes verteidigte er noch einmal Anelkas Rauswurf und verurteilte den Boykott seiner Spieler als "Blödsinn". Seinen Kapitän Patrice Evra brachte er nicht mit zur offiziellen Pressekonferenz: "Die Franzosen erwarten jetzt keine Erklärungen und Entschuldigungen, das macht keinen Sinn, sondern Taten auf dem Platz."
Die Sanktion gegen Anelka, der ihn obszön beleidigt hatte und nach Hause geschickt worden war, sei "berechtigt", sagte Domenech: "Keiner hat das Recht, sich so in der Kabine zu verhalten. Profis müssen ein Vorbild sein." Er habe versucht, die Spieler von ihrem Trainingsboykott am Sonntag abzuhalten, sagte der 58-Jährige, "ich habe versucht, sie zu überzeugen, dass es undenkbar ist, sich als französische Nationalmannschaft so zu verhalten. Was sie gemacht haben, war unglaublich dumm."