Marokko im Spiel um Platz drei:Zum Abschluss noch mal wütend

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Gesprächsbedarf mit dem Referee: Marokkos Achraf Hakimi (rechts). (Foto: Francisco Seco/dpa)

Marokko, das gefühlte Heimteam und die Überraschungsmannschaft der WM, ärgert sich nach der Niederlage im Spiel um Platz drei über den Schiedsrichter und die Fifa. Achraf Hakimi gerät gar mit Gianni Infantino aneinander.

Von Sebastian Fischer, al-Rayyan

Nach allem, was seine Mannschaft in den vergangenen Wochen für den Fußball ihres Landes getan hatte, wollte Walid Regragui die letzten Bilder auf dem Platz nicht für sich stehen lassen. Den Schiedsrichter anzugehen sei "nicht der marokkanische Weg", sagte der marokkanische Trainer: "Wir reagieren manchmal über am Ende eines Spiels, das passiert." Wenn man ein Spiel verliere, "ist man immer enttäuscht". Seine Spieler seien sehr ehrgeizig: "Es war kein fehlender Respekt."

Nach dem 1:2 im Spiel um Platz drei gegen Kroatien war eine Gruppe marokkanischer Nationalspieler mit dringendem Gesprächsbedarf auf Schiedsrichter Abdulrahman Al-Jassim zugelaufen, darunter Achraf Hakimi, der Verteidiger von Paris Saint-Germain, ehemals Borussia Dortmund, der sich gar nicht beruhigen ließ. Wie der Sender Magenta TV aus dem Kabinengang berichtete, zu dem Journalisten ohne TV-Rechte keinen Zugang haben, soll Hakimi dort wild schimpfend auf Gianni Infantino losgegangen sein, den Präsidenten des Fußball-Weltverbands Fifa, um sich über die Schiedsrichterleistung zu beschweren.

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Einige marokkanische Fans im Stadion teilten Hakimis Wut: Sie pfiffen Al-Jassim aus, als er nach der Partie seine Medaille im Empfang nahm. Und sie hatten wohl auch eine deutliche Meinung zu Infantino, der die Ehrung vornahm. Vereinzelte "Fifa-Mafia"-Rufe waren im Stadion zu hören.

Es war nicht das erste Mal im Turnier, dass Marokkos Team sich über den Schiedsrichter aufregte: Bei der Halbfinalniederlage gegen Frankreich hatte der Mexikaner Cesar Arturo Ramos mindestens eine überraschende Entscheidung getroffen, als er einen Zweikampf zwischen dem französischen Verteidiger Theo Hernández und dem marokkanischen Angreifer Sofiane Boufal im französischen Strafraum zugunsten des Abwehrspielers auslegte. Tags darauf veröffentlichte der marokkanische Verband eine offizielle Stellungnahme, in der es hieß, man werde "heftig" gegen die Leistung des mexikanischen Referees protestieren, eine Beschwerde beim Weltverband sei eingereicht worden.

Hakimi fällt um, als sei er von einem unsichtbaren Geschoss getroffen worden

Nach der Niederlage gegen Kroatien wirkte die Wut der Marokkaner etwas kurios, weil die strittigste Schiedsrichterentscheidung zu ihrem Vorteil ausgefallen war: In der 74. Minute hatte Sofyan Amrabat den Kroaten Josko Gvardiol im marokkanischen Strafraum zu Fall gebracht, ihn dabei deutlich am Fuß getroffen, gar als letzter Mann. Im direkten Gegenzug folgte dann die Szene, über die sich Hakimi aufregte: Am, und eher nicht im kroatischen Strafraum wurde er von Bruno Petkovic umgerempelt. Al-Jassim wertete beide Szenen in Rücksprache mit dem brasilianischen Video-Assistenten Raphael Claus nicht als Foul. Hakimi ließ sich wie von einem unsichtbaren Geschoss getroffen vor dem Schiedsrichter auf den Rücken fallen.

Später versuchte er den Vorfall herunterzuspielen. Es sei nichts passiert, er sei nur ein bisschen wütend wegen der einen oder anderen Entscheidung gewesen, er habe sich auch schon bei Infantino entschuldigt. Lieber sprach Hakimi darüber, wie stolz er auf das Erreichte sei, die Niederlage gegen Kroatien schmälerte ja nur unmerklich den Erfolg, es als erste afrikanische Mannschaft in ein WM-Halbfinale geschafft zu haben. Lieber sprach er darüber, wie dankbar er den Fans sei. "Ich habe mich gefühlt, als würde ich in Casablanca spielen", sagte er.

Auf den Rängen war gegen Kroatien noch mal vieles davon zu hören gewesen, was das Turnier in Katar zu einer gefühlten Heim-WM gemacht hatte: Die Gesänge, die "Sir"-Rufe, begleitet von rhythmischem Klatschen, es war das marokkanische Pendant zum seit der Europameisterschaft 2016 berühmten isländischen "Huh". Die Spieler allerdings wirkten müde, Verteidiger Jawad El Yamiq wurde in der zweiten Halbzeit verletzt ausgewechselt und war damit der nächste von vielen angeschlagenen Marokkanern. Hakimi sagte: "Ich mache jetzt erst mal ein paar Tage Pause."

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