Fußball-WM: Debatte um Videobeweis:Blatter nimmt Kamera ins Visier

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Nach krassen Fehlentscheidungen der Schiedsrichter bei der WM lenkt der Weltfußballverband ein: Man müsse über die Einführung technischer Hilfsmittel diskutieren, sagt Fifa-Präsident Sepp Blatter. Bislang vertrat er das genaue Gegenteil.

Nach mehreren krassen Schiedsrichter-Fehlentscheidungen bei der WM-Endrunde in Südafrika will Fifa-Präsident Joseph Blatter die Einführung von technischen Hilfsmitteln vorantreiben. "Es wäre unsinnig, sich darüber keine Gedanken zu machen. Wir müssen dieses Thema wieder diskutieren", sagte Blatter in Johannesburg.

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:WM der Fehler

Lampards "Bloemfontein-Tor", Argentiniens Abseitstreffer gegen Mexiko oder Luis Fabianos Volleyballeinlage gegen die Ivorer - krasse Fehlentscheidungen der Referees sorgen in Südafrika für große Unzufriedenheit. Ein Überblick der Irrungen.

Für die WM schloss Blatter eine Regeländerung aus. "Wir können nicht für zehn Spiele etwas ändern", sagte der Schweizer. Danach allerdings soll es laut Blatter schnell gehen: Keine zehn Tage nach dem WM-Finale von Johannesburg sollen die Fußball-Regelhüter des International Football Association Boards (IFAB) bei ihrem eigentlich für Finanzfragen angesetzten Treffen in Cardiff über den Chip-Ball und andere mögliche Reformen debattieren.

Bis zum Herbst will Blatter das ganze Schiedsrichter-Wesen auf den Prüfstand stellen. "Im Oktober, November werden wir ein neues Modell hervorbringen, mit dem das Spitzen-Schiedsrichterwesen verbessert wird", sagte Blatter, nach den Fehlleistungen sichtlich um seine WM und seinen Sport besorgt: "Das ist ein großes Thema. Die Zukunft des internationalen Fußballs ist mit der Kontrolle des Spiels verbunden."

Bislang hatte der Fifa-Präsident die Einführung technischer Hilfsmittel strikt abgelehnt und betont, der Fußball müsse "menschlich" bleiben. Bei seiner Sitzung im März hatte auch die IFAB noch alle technischen Hilfsmittel ausgeschlossen. Eine Entscheidung, die Blatter vier Monate später nicht mehr für zeitgemäß hält: "Wir können die Entscheidung nicht rückgängig machen, jetzt müssen wir nach vorne schauen", sagte Blatter.

Bei den Verbänden Englands und Mexikos, die durch die Schiri-Fehler offensichtlich benachteiligt wurden, hat sich der Chef des Weltfußballverbandes sogar persönlich entschuldigt. "Ich habe ihnen gesagt: Es tut mir leid, was geschehen ist", berichtete Blatter von seinem "Kniefall".

Auf Vereinsebene wurde in der abgelaufenen Saison in der Europa-League, dem ehemaligen Uefa-Cup, der Einsatz von Torrichtern erprobt. In anderen Sportarten ist die Nutzung von Kameras, Zeitlupen und digitaler Messgeräte durch den Schiedsrichter seit langem üblich, um unfaire Entscheidungen zu vermeiden.

Zuletzt war es in mehreren Achtelfinalspielen der WM zu umstrittenen Schiedsrichterentscheidungen gekommen, die eine heftige Debatte um technische Hilfsmittel wie den Videobeweis auslösten. Im Spiel zwischen Deutschland und England hatte der uruguayische Schiedsrichter Larrionda den Briten ein Tor verwehrt, obwohl der Schuss von Frank Lampard von der Querlatte eindeutig hinter die Linie gesprungen war.

© sueddeutsche.de/dpa/mikö - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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