U-21-Nationalmannschaft:Die Lehren aus dem 0:4

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Trainer Antonio Di Salvo (rechts) mit Malik Tillman, der ab sofort allerdings für die USA auflaufen wird. (Foto: Christof Koepsel/Getty Images)

U-21-Trainer Antonio Di Salvo hat nach der deftigen Niederlage gegen Polen vor ein paar Monaten einiges "klar angesprochen" beim deutschen Nachwuchs. Jetzt steht seine junge Elf kurz vor der Qualifikation für die EM.

Von Ulrich Hartmann

In die Hotelzimmer der deutschen U-21-Fußballer ziehen kommende Woche Tennisprofis wie Alexander Zverev, Stefanos Tsitsipas und Holger Rune ein. Die Fußballer residieren zur Vorbereitung ihres vorentscheidenden EM-Qualifikationsspiels in einem Sporthotel gleich neben jenem imposanten Tennisstadion, in dem vom übernächsten Montag an wieder Deutschlands wichtigstes Rasenturnier ausgetragen wird. In diesem Hotel haust der Geist großer Sportler wie Boris Becker, Andre Agassi, Roger Federer oder Rafael Nadal. Das sollte Inspiration genug sein, um an diesem Freitag in Osnabrück gegen Ungarn (18.15 Uhr, Sat 1) oder am Dienstag in Łódź gegen Polen (18 Uhr, Pro 7 Maxx) den letzten noch fehlenden Punkt zu erkämpfen für die Qualifikation zur U-21-Europameisterschaft im Sommer 2023 in Rumänien und Georgien.

Die Straße zum Tennisstadion heißt Roger-Federer-Allee, und auch wenn Deutschland derzeit wieder eine starke U-21-Fußballmannschaft beisammenhat, so ist eher nicht damit zu rechnen, dass diese Straße irgendwann in Ansgar-Knauff-Weg, Jonny-Burkardt-Straße, Jamie-Leweling-Allee oder Angelo-Stiller-Boulevard umbenannt wird. Dazu sind sie in Halle/Westfalen zu tennisverliebt. Die Bekanntheit dieser Fußballtalente deutet freilich bereits an, dass die Qualifikation zur U-21-EM sowie die dortige Verteidigung des 2021 gewonnenen Titels nicht ganz unmöglich erscheinen.

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Für die Abwehrkette empfehlen sich nach ihren erfolgreichen Spielzeiten der Bochumer Armel Bella-Kotchap, der Gladbacher Luca Netz oder der Schalker Malick Thiaw, fürs Mittelfeld stehen der zuletzt nach Nürnberg verliehene Leipziger Tom Krauß oder der Hoffenheimer Angelo Stiller parat. Besonders imposant aber ist der Angriff mit dem zu Union Berlin wechselnden Fürther Jamie Leweling, dem Mainzer Jonathan Burkardt und dem Frankfurter Europa-League-Gewinner Ansgar Knauff.

Weil solche Spieler technisch und körperlich mit nahezu allen Erfordernissen des modernen Fußballs bereits gesegnet sind, fokussieren sich die U-21-Trainer gern auf taktische und mentale Weiterbildung. So hat man in Ostwestfalen in dieser Woche ein Meeting zu Tugenden und Werten anberaumt, zu Faktoren, die spielentscheidend werden, wenn die Mannschaft bei der EM in einem Jahr ein Wort mitreden möchte im Kampf um die Trophäe.

Nach der Niederlage gegen die Polen hat Di Salvo die Intensität erhöht

Wie schnell selbst eine eigentlich überlegene Mannschaft blamiert werden kann, hat diese U 21 kürzlich selbst erlebt, als sie im November gegen Polen mit 0:4 untergegangen ist. "Nach diesem Spiel haben wir einige Dinge klar angesprochen", sagt der U-21-Bundestrainer Antonio Di Salvo, "wir haben unsere Lehren gezogen, in den anschließenden Spielen die Intensität erhöht und bessere Laufwerte erreicht." In der Konsequenz hat die Mannschaft dann 4:0 gegen San Marino, 4:0 gegen Lettland und 1:0 in Israel gewonnen und kein einziges Gegentor mehr zugelassen. "Sie entwickeln sich kontinuierlich weiter", sagt Di Salvo über seine Spieler und ist froh, dass die EM-Qualifikation nun kurz bevorsteht.

Im Oktober hat er die Mannschaft vom Trainer Stefan Kuntz übernommen, der jetzt türkischer Nationalcoach ist. Nachdem Kuntz die U 21 drei Mal nacheinander ins EM-Endspiel und davon zwei Mal (2017 und 2021) zum Titel geführt hat, erschiene es blamabel, führte Di Salvo sie nicht wenigstens zur EM-Endrunde. Weil er als vorheriger Co-Trainer aber schon länger bei der U 21 ist, weiß er, wie viel Motivation und Mentalität gerade bei diesem Team zum Erfolg beitragen. Kuntz war ein Meister dieser Disziplinen, und Di Salvo dürfte sich einiges abgeschaut haben.

Umso überraschter war er, dass sich Bayern Münchens Nachwuchsstürmer Malik Tillman soeben ultimativ dafür entscheiden hat, für die USA und also die Heimat seines Vaters zu spielen. "Das ist schade, denn Malik hat wichtige Tore für uns geschossen und hätte für die deutsche A-Mannschaft ein Thema werden können", sagt Di Salvo. "Aber man kann ihn auch verstehen, wenn das A-Team der USA lockt und er vielleicht schon bei der WM in Katar für sie spielen kann." Eine solche Beschleunigungsspur bleibt den deutschen U-21-Talenten versagt. Ihre Ambitionen richten sich eher auf die WM 2026 in Nordamerika.

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