Fußball: Transfers:Gegen den Ätsch-Faktor

Lesezeit: 1 min

Gerade bei Jugendspielern sorgen Abwerbungen oft für Verärgerung. Die Fifa schützt mit ihrem Urteil nun die Kleinen - und schreckt die Großen ab.

Christof Kneer

18 Jahre ist Dennis Krol inzwischen, ein günstiges Alter eigentlich für den ersten Profivertrag. Zumal Krol in der A-Jugend von Bayer Leverkusen spielt - ein Klub, der qualifiziert ausbildet und seine Begabten seriös an die Bundesliga heranführt. Die Prognosen sehen aber nicht allzu günstig aus für Krol, sein Körper gilt als nicht stabil genug fürs höchste Niveau.

Dem FC Barcelona wiederum wird es recht egal sein, ob Krol demnächst in der Bundesliga oder in der NRW-Liga spielt. Die Spanier haben längst das Interesse verloren an diesem Spieler, den sie in Leverkusen abwarben, als er zwölf war. Der kleine Krol war ihnen bei einem Jugendturnier auf Maspalomas aufgefallen. Bayer Leverkusen hat damals eine Weile keine Jugendturniere in Spanien mehr bestritten, aus Angst, es könnten weitere Talente abhanden kommen.

Wer den neuen, vom FC Chelsea gemeldeten Fall sowie das dazugehörige Fifa-Urteil bewerten will, darf dabei die alten Fälle nicht vergessen. Das zynische Gebaren im Umgang mit Teenie-Kickern ist nicht von Chelsea erfunden worden, aber die Engländer haben es immerhin geschafft, der unsauberen Materie eine neue Dimension verliehen zu haben.

Im Falle des jetzt 18-jährigen Gaël Kakuta aus Lens haben sie offenbar einen Vorvertrag gebrochen bzw. brechen lassen - weshalb Europa nun mit Spannung verfolgt, ob die Fifa am Ende so hart bleibt, wie ihr überfälliges Urteil zunächst klingt. In Leverkusen, Lens und anderswo hoffen sie auf den Abschreckungs-Charakter dieses Urteils, denn lange genug konnten sich Chelsea, Barcelona und Co. sicher sein, mit der Ätsch-Nummer durchzukommen. Sie haben Leverkusen und Lens ausbilden lassen und dann, ätsch, mit dem Scheckbuch zugeschlagen.

Lange genug haben die Verbände klare Zeichen vermissen lassen, sie haben jenes Dilemma in Kauf genommen, in das sie die Klubs stürzten: Sie haben den Klubs (vernünftigerweise) Investitionen in den Nachwuchs abverlangt, sie haben (ehrenwerterweise) Regelungen ersonnen, wonach Klubs über local player verfügen müssen, Spieler, die im eigenen Klub groß wurden. Aber die Regelungen waren so formuliert, dass die Großklubs noch dreister wilderten und schon die 13-Jährigen ins Visier nahmen; wer mit 13 transferiert wird, gilt nach drei Jahren als local player.

Die unterschiedlichen arbeitsrechtlichen Bedingungen in den unterschiedlichen Ländern machen es kaum möglich, Europas Klubs komplett vor den Menschenhändlern zu schützen. Umso wichtiger ist dieses Urteil, für Leverkusen, Lens und alle Dennis Krols.

© SZ vom 05.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: