Fußball-Regionalliga Bayern:Oberfränkische Antipoden

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Prominenz im Presseraum: Bayreuths Trainer Marek Mintal. (Foto: Peter Kolb/Imago)

Die Amateure von Eintracht Bamberg sind nach dem überraschenden Aufstieg der krasseste Außenseiter seit Jahren, Lokalrivale SpVgg Bayreuth arbeitet unter Profibedingungen.

Von Christoph Leischwitz

Auf den ersten Blick könnte das Fuchs-Park-Stadion einen falschen Eindruck vermitteln, es ist ja schon ein Kleinod, das da nach acht Jahren Pause in die Regionalliga zurückkehrt: mit dieser edlen Außenfassade und der durchaus großen Haupttribüne. Der FC Eintracht Bamberg ist eben ein Traditionsverein. Hinter den Toren allerdings sind die Steinstufen komplett von Unkraut überzogen, und die Mannschaften werden sich bei den Heimspielen in eigens aufgestellten Umkleide-Containern umziehen müssen. Und dann war da im vergangenen Herbst ja noch diese Geschichte mit den Quidditch-Spielern: Die Randsportler haben den Fußballern damals den Rasen unbespielbar gemacht.

"Dieses Gefühl: Die ganze Welt ist gegen uns - das schweißt auch zusammen", sagt der Sportliche Leiter Sascha Dorsch, 54. Drei Mal ist die Eintracht in den vergangenen fünf Jahren aufgestiegen, der Zusammenhalt ist enorm und hat die Mannschaft sieben Jahre nach einem Insolvenzverfahren wie Phönix aus der Asche zurück in die Regionalliga gebracht. Bamberg ist trotz des großen Namens in der Region der vielleicht krasseste Außenseiter seit Jahren. Es geht hier um die Frage: Wie amateurhaft dürfen die Strukturen sein, um in der vierthöchsten Spielklasse, einer Hybrid-Liga aus Profis und Dorfklubs, bestehen zu können?

Dorsch, der junge Trainer Jan Gernlein und der Mittelfeldspieler Marc Reischmann haben auf den grünen Klappstühlen der Haupttribüne Platz genommen, unten auf der Tartanbahn läuft gerade ein Leichtathletik-Training. "Gina Lückenkemper ist auch ab und zu hier", sagt Gernlein. Die Fußballer der Eintracht sollen jetzt auch wieder ein Aushängeschild der Stadt werden, aber ganz ohne Stars.

Alle Aufsteiger des Landes berichten davon, dass sie nach dem Erfolg unzählige Anrufe und E-Mails erhalten von Spielern und deren Beratern. Bamberg hat keinen einzigen verpflichtet. Ein Großteil der Spieler ist seit der Bezirksliga-Saison 2017/18 dabei, der einzige mit nennenswerter Regionalliga-Erfahrung ist Christopher Kettler. "Für mich kam der Aufstieg sehr überraschend", sagt Trainer Gernlein, 30, über sein erstes Jahr als Bamberger Coach, "andere Teams hatten deutlich bessere Einzelspieler", doch seine Mannschaft komme über "das Eingespieltsein".

Gerne Außenseiter: Bambergs Trainer Jan Gernlein. (Foto: Zink/Imago)

Im Winter habe der Klub den Spielern das Versprechen gegeben, dass die Mannschaft bei einem Aufstieg zusammenbleiben wird. Meistens verflüchtigen sich solche Versprechen im Moment des Aufstiegs, in Bamberg ist das nicht so. Dort haben sie aus der Not eine Tugend gemacht: Wegen der noch gar nicht lang zurückliegenden Insolvenz achte der Aufsichtsrat schon sehr genau darauf, "dass kein Geld verbrannt wird", erzählt Dorsch. Aber was bedeutet das eigentlich, dieses "Eingespieltsein"? "Wir wissen, wie der andere tickt", sagt der 30-jährige Reischmann, "wir wissen, wie der andere sich bewegt, und auch, was er braucht, wenn's mal nicht so läuft, einen Schrei oder eine Aufmunterung."

Das krasse Gegenstück der Regionalliga Bayern befindet sich nur 70 Kilometer östlich, ebenfalls in Oberfranken. Die SpVgg Bayreuth ist aus der dritten Liga abgestiegen, behält aber ihre professionellen Strukturen bei, zumindest weitgehend. Die Mannschaft des neuen Trainers Marek Mintal bestreitet am Donnerstag (18.45 Uhr) des Eröffnungsspiel gegen den SV Schalding-Heining, wie Bamberg ein Aufsteiger, aber ein alter Liga-Bekannter. Der Kader der "Oldschdod", wie man die Bayreuther nennt, ist zwar runderneuert, aber dank Spielern wie Marco Stefandl, dem Junioren-Europameister Anthony Syhre und Jonas Kehl gar nicht so viel schlechter als vergangenes Jahr.

Gernlein schätzt die Chance auf den Ligaverbleib auf 50 Prozent

Das Wort Aufstieg nimmt zwar erstmal niemand in den Mund: "Wir wollen uns möglichst von Beginn an in der Liga gut etablieren", sagt Mintal. Aber ein Profikader in Liga vier steht immer unter Erfolgsdruck, zumal der Etat um ein Vielfaches höher ist als bei den meisten Gegnern. Trainer Gernlein schätzt Bambergs Chance auf den Ligaverbleib auf 50 Prozent.

Was diese beiden Antipoden der Liga gemeinsam haben: Entscheidend für das Erreichen der Ziele wird der Umgang mit der Erwartungshaltung sein. Die Bamberger verfügen über "Aufstiegskampferfahrung", wie Reischmann es nennt, sie haben seit Jahren keine drei Spiele am Stück mehr verloren - wie also verhalten sie sich, wenn es mal nicht läuft? Am Samstag kommt zuerst Illertissen nach Bamberg, für einige heuer sogar ein Titelaspirant. "Wir wissen eher, was auf uns zukommt, als Illertissen", sagt Gernlein. Als ehemaliger Co-Trainer des FC Schweinfurt weiß er, "wie uns wehgetan wurde", jetzt will er den Spieß umdrehen. Gernlein lächelt ein Außenseiterlächeln, mit einer Vorfreude darauf, andere erfolgreich zu ärgern.

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