Fußball:Kein Theater mehr

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"Der Neubau bietet riesige Chancen für den bayerischen Fußball." - BFV-Präsident Rainer Koch beim außerordentlichen Verbandstag im Jahnstadion Regensburg. (Foto: Fabian Frühwirth/imago)

6740 Quadratmeter Bürofläche, 1339 Quadratmeter Wohnfläche und 93 Auto-Stellplätze: Der Bayerische Fußball-Verband steigt ins Immobiliengeschäft ein. Die Delegierten beim außerordentlichen Verbandstag sind einstimmig dafür.

Von Mathias von Lieben

Wenn man dieser Tage die gängigen Immobilienportale nach Büroflächen in der Münchner Maxvorstadt durchforstet, kommt man aus dem Staunen nicht heraus. Am Königsplatz werden Räumlichkeiten für eine Kaltmiete von 27,50 Euro den Quadratmeter angepriesen, an der Hackerbrücke werden für Büros mit einer "repräsentativen Lobby" sogar 30 Euro aufgerufen. Und für ein zwar schickes, aber doch sehr kompaktes 20-Quadratmeter-Altbau-Büro am Stiglmaierplatz fordert die Vermieterin für eine Nutzung an vier Tagen die Woche 700 Euro - also 35 Euro pro Quadratmeter. Maßlos? Schon lange. Aber in München eben business as usual.

Ab 2024 wird auch der Bayerische Fußball-Verband (BFV) in dieses Business einsteigen und als Vermieter auf dem lukrativen Gewerbe-Immobilienmarkt der bayerischen Landeshauptstadt auftreten - zumindest, wenn alles nach Plan läuft. Dieser Plan sieht einen modernen Neubau im hinteren Teil des seit 1954 verbandseigenen Grundstücks an der Brienner Straße 50 in der Maxvorstadt vor. Kostenpunkt: mindestens 40 Millionen Euro. Im Angebotsportfolio des gemeinnützigen Verbandes stünden dann insgesamt: 6740 Quadratmeter Bürofläche, 1339 Quadratmeter Wohnfläche und 93 Auto-Stellplätze in einer zweigeschossigen Tiefgarage.

Aber von vorn: Bis Juni war in der einstigen Turnhalle auf der hinteren Grundstücksfläche das Münchner Volkstheater beheimatet. Im Vorderbau befindet sich seit 1957 im "Haus des Fußballs" der BFV-Hauptsitz. Nun genügte der bauliche Zustand des improvisierten Theaters aber nicht mehr den Ansprüchen eines modernen Theaterbetriebs. Eine Renovierung war zu teuer, die Stadt München lässt den Pachtvertrag zum Ende des Jahres auslaufen und hat im Schlachthofviertel vor wenigen Wochen die neue Heimatstätte der Bühne eröffnet. BFV-Präsident Rainer Koch sagt: "Von nun gibt es kein Theater mehr beim Verband."

Die Stadt München hatte bereits im August die Baugenehmigung für Kochs Neubauprojekt erteilt

Nachdem die Stadt München bereits im August die Genehmigung für Kochs Neubauprojekt erteilt hatte, wurde am Sonntag im Regensburger Jahnstadion eine weitere wichtige Hürde genommen. Rainer Koch, zugleich DFB-Interimspräsident, hatte zu einem außerordentlichen Verbandstag eingeladen, um die größte Investition der Verbandsgeschichte, eine "historische" Sache, von den Vereinsdelegierten absegnen zu lassen. Wenig überraschend gab es unter den 151 anwesenden stimmberechtigten Delegierten keine Gegenstimmen für das Bauvorhaben. Die rosigen Aussichten, die sich der Verband auch von externen Wirtschaftsprüfern bestätigen ließ, dürften für die mehr als 4500 Mitgliedsvereine des Verbands ja auch zu verlockend sein.

Für die Gesamtinvestitionen von geschätzten 40 Millionen Euro ist der Verband zum Großteil auf Fremdkapital angewiesen. 35 Millionen Euro sollen kreditfinanziert werden, fünf Millionen Euro will der Verband aus Eigenkapital einbringen - für einen deutschen Landessportverband durchaus schwindelerregende Beträge. "Ich mache ja auch nur sehr ungern Schulden", sagte daher auch BFV-Schatzmeister Jürgen Faltenbacher. "Aber der Neubau ist eine sehr sinnvolle Investition." Wegen der aktuell niedrigen Zinsen und der zu erwartenden Einnahmen für eine solche Immobilie in zentraler Lage soll sich die Investition laut BFV-Präsident Rainer Koch bereits in 20 Jahren amortisiert haben.

Allein für den Quadratmeter Bürofläche kalkuliert der Verband - business as usual - mit mindestens 32,50 Euro. Für die Wohnflächen sollen mindestens 23 Euro pro Quadratmeter aufgerufen werden, ein Tiefgaragenstellplatz kostet pro Monat 100 Euro. Einige global operierende und zahlungskräftige Mietinteressenten soll es bereits geben, ab 2025 kann mit Einnahmen in Höhe von mindestens drei Millionen Euro pro Jahr gerechnet werden. "Der Neubau bietet riesige Chancen für den bayerischen Fußball", sagte Koch: "Und er sorgt für langfristige Stabilität in unserem Haushalt."

"Wir bauen nicht für die Verwaltung, sondern für die Vermietung", betont Schatzmeister Faltenbacher

Mit dem Votum des Verbandstags können die Abrissarbeiten der Turnhalle im hinteren Grundstücksteil nun bereits im Januar beginnen. Der Vorderbau mit der BFV-Geschäftsstelle wird bleiben. Ein protziger Neubau für die Verbandsfunktionäre mitten im Zentrum von München - diesen Eindruck wollte man vermeiden. "Wir bauen nicht für die Verwaltung, sondern für die Vermietung", machte daher Schatzmeister Jürgen Faltenbacher auch noch einmal deutlich.

Die Vereinsdelegierten haben dem Bauvorhaben auch mit dem Wissen zugestimmt, dass die Baukosten gerade in Pandemie-Zeiten noch deutlich steigen könnten. Etwaige Risiken sollen daher auch teilweise an einen Generalunternehmer ausgelagert werden. Den Vereinen sprach der Verband allerdings die Garantie aus, dass auch bei möglichen Kostensteigerungen keine Beitragserhöhungen drohen. Daran werden sich Koch und Co. messen lassen müssen. Sonst könnte doch noch einmal Theater drohen.

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