Fußball:Ghana-Chaos: Boateng & Muntari raus, Prämien da, WM-Aus

Brasília (dpa) - Dem einzigartigen Chaos folgte das WM-Aus: Ghana schied mit dem 1:2 gegen Portugal als Gruppenletzter aus, nachdem der Verband die Führungsspieler Kevin-Prince Boateng von Schalke 04 und Sulley Muntari aus dem Kader geschmissen hatte.

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Brasília (dpa) - Dem einzigartigen Chaos folgte das WM-Aus: Ghana schied mit dem 1:2 gegen Portugal als Gruppenletzter aus, nachdem der Verband die Führungsspieler Kevin-Prince Boateng von Schalke 04 und Sulley Muntari aus dem Kader geschmissen hatte.

Wegen "indiskutablen Verhaltens" schickte Ghanas Fußballverband GFA das Duo wenige Stunden vor der Partie in Brasília nach Hause. Am Abend zuvor waren die Prämien filmreif in die brasilianische Hauptstadt gebracht und an die Spieler verteilt worden.

"Die Entscheidung, zwei Spieler nach Hause zu schicken, hat nur mit Disziplin zu tun", sagte Trainer Kwesi Appiah nach der Niederlage: "Man muss auf die Mannschaft schauen, das ist das entscheidende." Mit sturem Blick erklärte er: "Kein Trainer mag es, in so einer Situation zu sein."

Immerhin haben Ghanas Profis ihre wochenlang ausstehenden Antrittsgagen für das Weltturnier inzwischen erhalten - und zwar in bar, wie TV-Aufnahmen offenbarten. Das brasilianische Portal "globo.com" veröffentlichte Bilder von der Ankunft eines Charterflugzeuges am Mittwochabend, in dem sich mehrere Millionen US-Dollar befunden hätten. Laut den Aufnahmen ging es dann mit Autos - bewacht von einer umfangreichen Polizeieskorte - zum ghanaischen Quartier, wo angeblich Geldkoffer ins Hotel getragen wurden.

Die versprochenen Zahlungen in Höhe von 75 000 US-Dollar pro Profi hatten sich zuletzt verzögert, die angefressenen Spieler reagierten unter anderem mit Trainingsboykotts. Medienangaben zufolge sollten sie nun sogar jeweils 100 000 US-Dollar bekommen haben, offiziell gab es dazu zunächst keinen Kommentar.

Auch Bundesliga-Profi Boateng und Italien-Legionär Muntari profitierten davon, dennoch war für beide die WM schon vor dem Portugal-Match zu Ende. Die GFA verbannte den 27 Jahre alten Schalker wegen "vulgärer verbaler Beleidigungen" gegen Trainer Appiah im WM-Teamcamp in der Küstenstadt Maceió aus dem Kader, wie der Verband in einer Stellungnahme begründete. Boateng habe zudem keine Reue für sein Verhalten gezeigt, hieß es.

Boateng wies die Vorwürfe zurück. Er akzeptiere die Suspendierung zwar, "nur sollte keiner glauben, dass ich den Trainer beleidigt hätte oder mir etwas zuschulden kommen ließ", kommentierte der streitbare Profi in der Onlineausgabe der "Sport Bild". "Ich reise nun ab und wünsche meinen Kollegen alles erdenklich Gute für die WM und das Spiel gegen Portugal." Boateng berichtete von einem spaßigen Vorfall im Training am Mittwoch mit Muntari, den Appiah falsch verstanden habe. Der Trainer habe ihn in die Kabine geschickt und später bei einem Vier-Augen-Gespräch angeschrien: "Er beleidigte mich auch. Es fielen Wörter wie: Fuck off", sagte Boateng.

Noch am Vortag hatte der Coach die aufkommenden Gerüchte über einen Vorfall mit ihm dementiert. "Es gibt immer Dinge, die hoch kommen", sagte Appiah, fügte aber hinzu: "Es ist lange gelöst." Boateng hatte anschließend auch am Abschlusstraining teilgenommen. Kurioserweise hatte der Coach selbst Muntari in der Pressekonferenz am Mittwoch noch ausgiebig gelobt und als "wichtigen Spieler" bezeichnet.

Für den Routinier und Mittelfeld-Abräumer ist die WM ebenfalls schneller beendet als gedacht. Der 29 Jahre alte Defensivstratege vom AC Mailand, bisher ein Leistungsträger in Appiahs WM-Team, soll laut Ghana Football Asociation (GFA) am Dienstag einen Verbandsfunktionär "grundlos körperlich attackiert" haben und wurde deshalb heimgeschickt. Muntari wäre für Spiel gegen Portugal sowieso gelbgesperrt gewesen.

Beide Profis galten in Ghanas Team als starke Charaktere, die Appiahs Aufstellung und taktische Vorgaben intern während der WM häufiger hinterfragt hatten. Muntari war dennoch unumstrittener Stammspieler, während Boateng nach seiner späten Einwechselung zum WM-Auftakt gegen die USA (1:2) offen sein Unverständnis über Appiahs Entscheidung geäußert hatte. Nach dem Spiel sprach er seinem Coach in Interviews sogar recht offen die Fußballkenntnis ab, in den Trainingseinheiten danach in Maceió präsentierte er sich widerspenstig und lustlos.

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