Fußball:Fotobeweis in der Landesliga

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Die Zukunft? Zumindest in Holzkirchen soll ein Handy-Foto eine Schiedsrichterentscheidung beeinflusst haben (Symbolfoto). (Foto: Holger John/imago)

Beim Spiel TuS Holzkirchen gegen den TSV Kastl gibt es einen Elfmeter für die Heimmannschaft - wegen des Handy-Fotos eines Zuschauers? Der TSV hat Einspruch eingelegt und einen Kronzeugen in der Hinterhand.

Von Frederik Kastberg

Der Videobeweis soll den Profifußball fairer machen - und doch vergeht kaum ein Wochenende, an dem nicht über den Kölner Keller diskutiert wird. Im Amateurfußball hingegen entscheidet noch einzig und allein der Unparteiische auf dem Platz, ein Grund dafür, warum viele Fans den Fußball in der Provinz wieder lieben gelernt haben. Potenzielles Beweismaterial gibt es aber natürlich trotzdem. Und genau davon soll ein Schiedsrichter am vergangenen Freitag in der Landesliga Südost Gebrauch gemacht haben. Im Spiel TuS Holzkirchen gegen den TSV Kastl habe es einen Elfmeter inklusive roter Karte aufgrund eines Zuschauer-Fotos gegeben, so der Vorwurf des mit 0:2 unterlegenen TSV.

Kastls Abteilungsleiter Jochen Brehm, der selbst vor Ort war, aber aus einiger Entfernung das Geschehen verfolgt hat, schildert die Szene so: Nach einer Ecke kommt der Holzkirchener Alexander Zetterer frei zum Schuss und drischt den Ball Richtung Tor. Noch vor der Linie wehrt Timo Pagler den Schuss für seinen geschlagenen Torhüter ab, "mit welchem Körperteil auch immer", sagt Brehm. Schiedsrichter Lukas Schregle lässt zunächst weiterspielen, unterbricht die Partie dann aber auf Hinweis der Linienrichterin Paulina Koch. Diese habe sich, so Brehm, massiv von außen beeinflussen lassen. Die Unparteiischen beraten sich einige Minuten lang - und bekommen währenddessen angeblich Fotos gezeigt, die das Handspiel belegen sollen.

Daraufhin entscheidet Schregle auf Elfmeter für Holzkirchen und Rot für Pagler. Kapitän Benedict Gulielmo verwandelt zum 1:0, der TSV spielt anschließend 60 Minuten in Unterzahl und fängt sich auch noch einen zweiten Gegentreffer ein. "Bis dahin war es ein sehr faires und temporeiches Spiel, aber die Entscheidung hat alles auf den Kopf gestellt", sagt Brehm. "Unser Trainer hat nach dem Spiel mit dem Schiedsrichter gesprochen, der gesagt hat, er hätte die Szene überhaupt nicht gesehen."

Der TSV Kastl hat Einspruch eingelegt - und für die Verhandlung einen Kronzeugen in der Hinterhand

Diese Version der Geschichte kennt auch Christian Bernkopf, Spielleiter der Landesliga Südost: "Andere haben gesagt, die Assistentin habe die Fotos erst gesehen, nachdem der Elfmeter schon gegeben wurde. Es gibt mehrere Versionen." Für den TSV Kastl ist die Sache dennoch eindeutig, der Verein hat gegen die Wertung des Spiels Einspruch beim Sportgericht eingelegt: "Das geht nicht, dass Personen den Schiedsrichter so in seiner Entscheidung beeinflussen." Für die Verhandlung hat Brehm noch eine Art Kronzeugen in der Hinterhand: "Ein Zuschauer, der selbst Polizist ist, kam nach dem Spiel zu uns und kann alles bestätigen", sagt er. "Er wäre zu einer Zeugenaussage bereit."

Für eine Neuansetzung gäbe es mehrere Vorgaben, die erfüllt werden müssten, erklärt Bernkopf: "Zunächst muss es einen klaren Regelverstoß geben. Die höhere Hürde ist aber, dass dadurch auch der Ausgang des Spiels entscheidend beeinflusst wurde." Das wird nun das Sportgericht entscheiden. Wie lange das dauern wird, ist unklar. Für Bernkopf ist eine Wiederholung des Spiels aber zumindest "nicht ausgeschlossen. Wenn es wirklich so gewesen ist, weiß ich nicht, ob es sowas in Bayern überhaupt schon mal gegeben hat." Er selbst habe zumindest noch nie von einem solchen Fall gehört. Es wäre damit vermutlich der erste Video- bzw. Fotobeweis in der bayerischen Landesliga.

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