Fußball:DFB-Stab treibt Titelmission 2014 voran

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Costa do Sauípe (dpa) - Auf den langen Rückflug aus Brasilien nahm Joachim Löw viel Stoff zum Grübeln mit.

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Costa do Sauípe (dpa) - Auf den langen Rückflug aus Brasilien nahm Joachim Löw viel Stoff zum Grübeln mit.

Unmittelbar nach der schmucklosen WM-Auslosung hatte der Fußball-Bundestrainer die Gegner-Analyse eingeleitet, die Bedingungen vor Ort nochmals inspiziert und die nächste Phase der Detailplanung für die Titelmission 2014 gestartet. „Es wird eine WM der Strapazen geben. Wir müssen es so akzeptieren und uns bestens vorbereiten“, fasste Löw seine Erkenntnisse aus der WM-Gruppenauslosung vor der für Sonntagabend geplanten Heimreise nach Deutschland zusammen.

Nicht so sehr die Vorrunden-Gegner Portugal, Ghana und USA oder das ganz spezielle Aufeinandertreffen von Löw und dessen Vorgänger Jürgen Klinsmann stellen die bisherige DFB-Planung nochmals auf dem Prüfstand. Die Analyse der Konkurrenz ist bereits eingeleitet. Vor allem die extremen klimatischen Bedingungen in den drei Gruppen-Spielorten stimmen Löw nachdenklich. „Dass es generell schwierig wird, die Gruppe zu überstehen, wenn man bei 35 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit spielt, war mir immer klar. Das sind besondere Gegebenheiten“, bemerkte der 53 Jahre alte DFB-Chefcoach.

Am Wochenende spielte Löw nochmals verschiedene Varianten durch und checkte das mögliche Basislager. Bevorzugt scheint eine Herberge in Porto Seguro, gut 400 Kilometer südlich von Salvador. Löw will auch mit DFB-Internist Tim Meyer nochmals genau besprechen, was für Trainingsbelastung und Regeneration die Ideallösung ist. „Die Region um Salvador, vielleicht etwas südlich, ist schon gut, ist ein anderes Klima als in Rio oder in Sao Paulo“, verriet Manager Oliver Bierhoff.

Die sportlichen Aufgaben in den ersten drei WM-Spielen des kommenden Sommers sind zwar durchaus anspruchsvoll, Hammergruppen aber haben eher andere Top-Nationen wie Spanien, Holland, England und Italien erwischt. „Deutschland und Portugal sind in dieser Gruppe die Favoriten, ganz klar“, bemerkte Löw, fügte jedoch an: „Wir müssen immer bei jedem Spiel wahrscheinlich ans absolute Limit gehen.“

Nur das Los USA und damit das Wiedersehen mit seinem einstigen Chef Klinsmann hatte bei Löw im heruntergekühlten FIFA-Zelt an der brasilianischen Atlantikküste eine etwas heftiger Gefühlsregung hervorgerufen: „Ich mache mir keine Gedanken darüber, ob ich glücklich oder unglücklich bin über die Auslosung.“

Vielmehr beschäftigen Löw der Weg seines Teams bis zum Start des Turniers und die auch im brasilianischen Winter erwarteten Extrembedingungen. Sowohl das ersten deutsche Spiel am 16. Juni in Salvador gegen Cristiano Ronaldos Portugiesen als auch das zweite Match am 21. Juni in Fortaleza gegen Ghana mit Kevin-Prince Boateng wird mittags um 13.00 Uhr angepfiffen. Im vergangenen Sommer hatte der Bundestrainer beim Confed Cup eben in Fortaleza bei ausgefallener Hotel-Klimaanlage und Abendtemperaturen von über 30 Grad die besondere Herausforderung schon am eigenen Leib verspürt.

Um eine Verlegung der Anstoßzeit - der Weltverband FIFA änderte am Wochenende nochmals den Beginn von sieben Spielen - hat sich der Deutsche Fußball-Bund nicht bemüht. Das Thema soll als mögliche Ausrede erst gar nicht weiter angeheizt werden. „Es beeinflusst vor allem die Vorbereitung“, betonte Löw: „Gerade in der letzten Phase ist es wichtig, dass wir uns da an solche Temperaturen gewöhnen, unter diesen Bedingungen schon trainieren, nicht nur drei, vier, fünf Tage. Wir müssen überlegen, dass wir irgendwo hingehen, wo es ähnliche Temperaturen hat wie Savador, Fortaleza und Recife.“ Die angedachte Akklimatisierung in Uruguay ist daher fraglich.

In Recife kommt es am 26. Juni gegen die USA zu jenem brisanten Gruppenabschluss, der fast aus dem Märchenbuch stammen könnte. Ex-Bundestrainer Klinsmann hatte Löw 2004 zum DFB geholt und ihm zwei Jahre später die Chefrolle übergeben. Jetzt beeinflusst der deutsche Weltmeister von 1990 mit seinem USA-Team maßgeblich, wie es mit Löw und der schwarz-rot-goldenen Elf weitergeht. „Aber so ist das im Fußball. Ich habe von Jürgen wahnsinnig viel gelernt. Er kennt Deutschland, hat in Deutschland alles erreicht. Das gibt natürlich medial gesehen schon ein bisschen Spektakel. Aber davon müssen wir uns freimachen“, ergänzte der Freiburger.

Seine Spieler sind von den reizvollen Aufeinandertreffen schon begeistert. Der Münchner Jérôme Boateng, der als DFB-Spieler zum zweiten Mal auf seinen Halbbruder trifft, verbreitete: „Eine geile Gruppe! Da ist die Vorfreude auf Brasilien gleich noch größer!“ Mezut Özil rief schon seinen ehemaligen Kollegen von Real Madrid zu: „Hey Cristiano, Pepe und Coentrao: Ich freue mich, euch in Brasilien zu sehen.“ Und der Zauberfuß ergänzte selbstbewusst: Wir gehen nach Brasilien, um den Titel zu holen.

Die Lose von Costa do Sauípe haben dem DFB-Team bis zum Halbfinale einen durchaus begehbaren Weg geebnet. Die letzte von nur drei Niederlagen (bei 17 Vergleichen) gegen Portugal datiert von der blamablen EM 2000. Ghana wurde bei der WM 2010 in Johannesburg mit 1:0 bezwungen, wenn auch mühevoll. Und die US-Amerikaner dürften trotz Klinsmann und sportlichen Fortschritten kein Stolperstein sein. Allerdings erinnerte Löw auch: „Alle drei Mannschaften haben bei der letzten WM die Gruppenphase überstanden.“

Auch die Konstellation für die K.o.-Runde scheint günstig. Während sich in den Gruppe A bis D die Turnier-Favoriten Brasilien, Spanien, die Niederlande und Italien sowie die hoch gehandelten Chile, Japan, Uruguay und England Richtung Semifinale gegenseitig eliminieren, bekäme es Deutschland erst im Viertelfinale möglicherweise mit den Hochkarätern Argentinien oder Frankreich zu tun.

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