Bundesliga:FC Bayern siegt auch in der Parallelwelt

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Das ist das Tor: Robert Lewandowski vollendet. (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Die Münchner rennen gegen den abgeschlagenen Tabellenletzten Köln lange an - bis Lewandowski zum 1:0 trifft.
  • Der FC tritt ohne zwölf verletzte Spieler an - und macht einen bemitleidenswerten Eindruck.
  • Die Bayern haben jetzt schon neun Punkte Vorsprung auf Platz zwei. Hier geht es zur Tabelle der Fußball-Bundesliga.

Aus dem Stadion von Markus Schäflein, München

Man durfte davon ausgehen, dass der Bundesliga-Mittwoch allenfalls für Freunde der unspannenden Abendunterhaltung ein Festtag werden würde. "Wir können nicht wie eine kleine Maus vor der großen Schlange stehen. Wir wollen frech sein und attackieren", hatte Stefan Ruthenbeck, Trainer des außerordentlich abgeschlagenen Tabellenletzten 1. FC Köln zwar versprochen; weder die Fans noch die Buchmacher wollten allerdings daran glauben, dass den Kölnern ihr erster Sieg in dieser Bundesliga-Saison ausgerechnet im 16. Versuch beim außerordentlich souveränen Tabellenersten FC Bayern München gelingen würde. Wer auf einen Sieg der Kölner setzte, erhielt eine Quote von 25:1, was in etwa auch einem DFB-Pokal-Erstrundenspiel zwischen einem Fünftligisten und dem FC Bayern gleichkam.

Die Quote war allerdings für Zocker so traumhaft wie nutzlos, denn am Ende siegte der FC Bayern gegen die mausgrau-neongelb gekleideten und wenig frechen Kölner 1:0 (0:0). "Es wäre ein bisschen mehr möglich gewesen", fand Stefan Ruthenbeck, lobte seine Männer aber trotzdem: "Die Jungs haben das gut gemacht und gut verteidigt." Sein Münchner Kollege Jupp Heynckes haderte da deutlich mehr mit der geringen Ausbeute: "Wir hätten viel zügiger, schneller, spritziger spielen müssen, das Spiel verlagern, über außen kommen - nur: die Mannschaft war vom Kopf her nicht lebendig genug. Das hat alles viel zu lange gedauert." Aber wenigstens führen die Münchner die Tabelle nun bereits mit neun Punkten Vorsprung und einem um 18 Treffer besseren Torverhältnis gegenüber dem neuen Zweiten FC Schalke an.

Ulreich wird geschont, Starke vertritt

Bei den armen Kölnern hatten Abwehrspieler Konstantin Rausch (Erschöpfung), Stürmer Sehrou Guirassy (entzündeter Fußnagel) und Yuya Osako (Lungenentzündung) die Ausfallliste auf zwölf Profis verlängert. Die Bayern hingegen konnten es sich erlauben, dem ein oder anderen Spieler eine Pause zu gönnen - für Joshua Kimmich, Javi Martínez, James Rodríguez und Kingsley Coman waren diesmal David Alaba, Corentin Tolisso, Sebastian Rudy und Robert Lewandowski von Beginn an dabei.

Auch Torwart Sven Ulreich wurde noch einmal geschont, wenngleich er laut Heynckes "quasi beschwerdefrei" war: "Aber ich will da nichts riskieren vor dem Spiel am Samstag in Stuttgart und dem Pokalspiel gegen Dortmund." Also stand wie beim 1:0 in Frankfurt noch einmal der aus dem Ruhestand zurückgekehrte Tom Starke im Tor, von den Kollegen Tommy-Boy genannt. Über Starke hatte der Teamkollege Javi Martínez gesagt, er sehe aus wie ein 50-Jähriger und trainiere wie ein 28-Jähriger - die Wahrheit liegt wie meistens ziemlich in der Mitte, Starke ist 36. Er wurde von den Fans schon eine dreiviertel Stunde vor dem Spiel mit besonders freundlichem Applaus begrüßt.

Auf den Rängen waren diesmal leere Sitzschalen zu sehen, ungewöhnlich bei einem Bayern-Heimspiel; der Tabellenletzte bei leichtem Schneefall lockte wohl nicht alle Dauerkarteninhaber nach Fröttmaning. Die Kölner Fans in ihrer kleinen Parallelwelt in der Ecke unter dem Stadiondach riefen zwar unverdrossen "Auswärtssieg, Auswärtssieg", doch vergeblich.

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Aus dem Stadion von Tim Brack

Die erste Chance bot sich nach fünf Minuten Franck Ribéry, der sich mit seinem 366. Pflichtspiel den Titel "Ausländer mit den meisten Einsätzen in der Historie des FC Bayern" sicherte, er scheiterte an Kölns Torwart Timo Horn. Fünf Minuten später flog ein abgefälschter Schuss von Lewandowski am Tor vorbei. Thomas Müller scheiterte in der 13. Minute auf Zuspiel von Ribéry an Horn, Niklas Süles Kopfball nach einer Ecke verfehlte das Tor (15.).

"Wer wird deutscher Meister? Der 1. FC Köln", sangen nun die Kölner Fans, was bei zu diesem Zeitpunkt 32 Punkten Rückstand auf die Bayern und noch 19 Spielen rechnerisch sogar möglich war. Lukas Klünter zeigte prompt den ersten Torschuss für die Gäste, seinen Kullerball parierte Starke aber mühelos (21.). Den Bayern wiederum fiel gegen die Kölner Elf-Mann-Verteidigung mit zunehmender Dauer nichts mehr ein. Vidals Schlenzer flog weit am Pfosten vorbei (36.), auf Zuspiel von Süle traf Müller das Außennetz (38.), dann wurden die Bayern von Pfiffen in die Kabine begleitet.

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Zur zweiten Hälfte reagierte Heynckes und brachte neue Kreativkräfte: James Rodríguez und Coman kamen für Tolisso und Vidal. Kölns Klünter verdaddelte gleich zu Beginn eine Konterchance, nachdem er sich im Laufduell gegen Jérôme Boateng durchgesetzt hatte, dann verpasste Alaba auf der Gegenseite die Führung (47.). Nach einer zähen Stunde war es dann doch soweit, auf Hinterkopf-Vorlage von Müller traf Lewandowski zum 1:0. In allen sieben Bundesliga-Heimspielen dieser Saison hatte der Stürmer bis dato getroffen, was bereits ein Novum ist; derartiges war nicht einmal Gerd Müller gelungen. Und nun fügte er das achte Heimspiel mit Tor hinzu.

Fünf Minuten später verpassten die Bayern zweimal nacheinander den zweiten Treffer, erst scheiterte Rodríguez an Horn, dann Coman an der Querlatte. Die Kölner Fans sahen ihre Chancen auf die Meisterschaft angesichts der drohenden Niederlage beim direkten Konkurrenten und nun 35 Zählern Rückstand schwinden und riefen nun: "Vorstand raus!" In der 77. Minute schoss Lewandowski über die Querlatte, nennenswerte Kölner Bemühungen um den Ausgleich waren nicht zu verzeichnen. Bis zur 87. Minute, da musste sich Starke gegen Klünter strecken. Da war sie plötzlich weg, die Langeweile. Aber nur kurz.

© SZ vom 14.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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