Fußball:Bad-Boy-Image zurück: Kevin-Prince Boateng verbannt

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Brasília (dpa) - In nur zwei WM-Wochen hat sich Kevin-Prince Boateng sein altes Bad-Boy-Image mit erstaunlicher Hingabe zurückerkämpft. Die WM in Brasilien wurde nicht wie erhofft zum Höhepunkt seiner Karriere, sondern verkam für den stolzen Schalker im ghanaischen Nationalteams zum Desaster.

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Brasília (dpa) - In nur zwei WM-Wochen hat sich Kevin-Prince Boateng sein altes Bad-Boy-Image mit erstaunlicher Hingabe zurückerkämpft. Die WM in Brasilien wurde nicht wie erhofft zum Höhepunkt seiner Karriere, sondern verkam für den stolzen Schalker im ghanaischen Nationalteams zum Desaster.

Der 27-Jährige präsentierte sich fußballerisch allenfalls mittelmäßig und abseits der Stadien bedenklich ich-getrieben. Als Trainer Kwesi Appiah endgültig genug hatte von Boatengs Ego-Trips, verbannte er ihn sogar aus dem Mannschaftshotel des vierfachen Afrikachampions. Eine Zukunft bei den Black Stars ist momentan nahezu undenkbar.

Bei der entscheidenden Vorrundenpartie gegen Portugal (1:2) war Boateng ebenso wie sein Kumpel Sulley Muntari nicht mehr erwünscht. Ghanas nationaler Fußballverband GFA warf dem Bundesliga-Legionär „vulgäre verbale Beleidigungen“ gegen den Coach vor und schloss ihn für unbestimmte Zeit aus der Nationalmannschaft aus. Noch vor der Fahrt seiner Kollegen zum Stadion von Brasília war für Boateng das WM-Erlebnis beendet.

Dabei schien er sich in den vergangenen Jahren eigentlich zum Guten gewandelt zu haben. Boateng wirkte besonnener, reifer und abgeklärter als in seiner wilden Jugendzeit - auch dank seiner neuen Rolle als Familienvater. Vor allem schien er sich nicht mehr so leicht provozieren zu lassen. Jetzt stellt sich die Frage: War das alles nur aufgesetzt - oder bleibt die WM eine unrühmliche Ausnahme?

Boateng wies die bedenklichen Vorwürfe seines Verbandes umgehend zurück. Er habe Appiah nicht beleidigt, beteuerte er und postete bei Facebook ein Foto mit Muntari im Arm. „Glaubt dem Wirbel nicht“, schrieb er drunter. Andererseits spricht einiges dafür, dass die von der GFA verbreitete Version so abwägig nicht ist. Schon vor dem zweiten WM-Gruppenspiel vergangen Samstag gegen Deutschland hatte sich Boateng im Mannschaftstraining aufgeführt wie ein unbelehrbarer Egoist, der für seine Mitspieler eher eine zusätzliche Belastung als eine Hilfe darstellt.

Weil Appiah ihn zum WM-Auftakt gegen die USA zunächst auf die Bank gesetzt hatte, reagierte Boateng persönlich gekränkt und beleidigt. In der Mixed Zone sprach er Appiah indirekt die Ahnung vom Fußball ab, bei den anschließenden Trainingseinheiten in der Küstenstadt Maceió zeugte allein seine Körpersprache schon von Lustlosigkeit. So, als wolle er Appiah herausfordern und reizen.

Der Trainer aber griff noch nicht durch, lobte Boateng stattdessen öffentlich als „Top-Spieler“ und gab seinem widerspenstigen Akteur gegen die DFB-Elf sogar die von ihm geforderte Startelf-Chance. Doch erst, als der schwache Schalker Anfang der zweiten Halbzeit ausgewechselt wurde, lief etwas zusammen in Ghanas Offensive.

Noch wenige Stunden vor dem wegweisenden Portugal-Match folgte dann der große Knall. Nach weiteren Eskapaden - wie zumindest der Verband behauptete - wurde Boateng aus dem Teamquartier geschmissen. Mit ihm aus offiziell anderen Gründen sein Freund Muntari, beide kennen sich aus gemeinsamen Tagen vom AC Mailand. „Die Entscheidung, zwei Spieler nach Hause zu schicken, hat nur mit Disziplin zu tun. Man muss auf die Mannschaft schauen, das ist das entscheidende“, kommentierte der Coach: „Kein Trainer mag es, in so einer Situation zu sein.“ Appiah kann von sich zumindest behaupten, Konsequenz bewiesen zu haben.

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