French Open:Premiere für Oma

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Mit Leidenschaft siegen: Laura Siegemund überzeugt in Paris auch in Winterkleidung. (Foto: Clive Brunskill/Getty Images)

Das Frauen-Turnier in Paris ist voller Überraschung wie lange nicht - Laura Siegemund steht erstmals im Achtelfinale eines Grand Slams im Einzel.

Von Gerald Kleffmann, Paris/München

Laura Siegemund hat man bei diesen French Open schon so gesehen: ärmelfrei. Mit langärmeligem Hemd. Mit Leggings. Ohne Leggings. Mit dicken Jacken, die nach Polarkreis-Expedition aussahen. Und oft, eigentlich zu oft für eine Sportlerin, lag sie auf dem Boden. Physiotherapeuten dokterten an ihr rum, an ihrem Rücken. Sie trug dabei stets eine Maske. Überdies hat Siegemund aber auch Tennis gespielt. Sie hat das gezeigt, was sie so gut beherrscht, die ganze Palette an Schlägen, die es gibt: Spin, Slice, cross, longline, lang, kurz, links, rechts und manchmal geradeaus. "Lösungen finden" sagt sie selbst zu ihrer Philosophie, die einer Verwirrungstaktik gleicht. Als wäre Tennis wie Kubiks Zauberwürfel. Mal dreht man so oder so und kommt man dem Ziel näher oder nicht. Diesmal ging ihre Strategie auf: Erstmals steht sie, nach dem Sieg am Samstag gegen die Kroatin Petra Martic (6:7, 6:3, 6:0), im Achtelfinale eines Grand Slams im Einzel. Eine Premiere mit 32. Später sagte sie dazu: "Ich bin eigentlich eine Oma."

So oft war Siegemund früh mit ihrer unorthodoxen Art zu agieren bei großen Turnieren gescheitert. Wobei ihr Weg - einst ja als neue Steffi Graf abgestempelt - eher speziell war und hürdenreich. Sie hätte schon fast aufgehört. So kam es, dass die 32-Jährige aus Metzingen in ihrer Bilanz erst zwei dritte Runden bei einem der vier wichtigsten Veranstaltungen vorweisen kann, 2016 bei den Australian Open und US Open. Bei letzterem Event gewann sie aber vor kurzem einen Titel, im Doppel mit der Russin Wera Zwonarewa. Das gab ihr einen Schub, wenngleich sie in Paris "bei Null" anfing, wie sie sagte. Sie wusste nur eines: Bei diesen French Open, geprägt von schlechtem Wetter und Corona-Hygienemaßnahmen, ging es darum, mit den Bedingungen klarzukommen. Wer das nicht schafft, verliert, so pragmatisch sah die Schwäbin das, deren Erfolg zum Trend des Wettbewerbs passt: Es ereignen sich mehr Überraschungen als gewöhnlich, "das ist großartig", befand Siegemund natürlich. Weil sie ja auch zu diesen zählt.

Das Viertelfinale haben gar schon Außenseiterinnen erreicht, wenngleich die junge Iga Swiatek, 54. der Weltrangliste, oft mit Talent auffiel. Die Polin fertigte die topgesetzte Rumänin Simona Halep dank 30 (!) Winnern mit 6:1, 6:2 ab und weinte danach. Martina Trevisan (WTA-159.) siegte 6:4, 6:4 gegen die Top-Ten-Spielerin Kiki Bertens (Holland). Und Nadia Podoroska (Nr. 131) steht im Viertelfinale, die Argentinierin bezwang die Tschechin Barbora Krejcikova 2:6, 6:2, 6:3. Solche Resultate bietet diesmal das Frauenturnier.

© SZ vom 05.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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