French Open - Match des Tages:Märchen ohne Happy End

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Es war einmal eine Tennisspielerin mit himmelblauer Sportbrille. Die kämpfte sich durch die Qualifikation und bezwang im Hauptfeld vier höher eingestufte Gegnerinnen. Doch dann traf Jaroslawa Schwedowa auf Petra Kvitova.

Milan Pavlovic, Paris

Matches des Tages: Petra Kvitova (Tschechien/4) - Jaroslawa Schwedowa (Kasachstan) 3:6, 6:2, 6:4

Jaroslawa Schwedowas Markenzeichen auf dem Platz ist die himmelblaue Sportbrille. (Foto: AFP)

Nicht jede schöne Geschichte kann zum Märchen werden, sonst käme es ja schon bald zur Märchen-Inflation. Aber die Geschichte von Jaroslawa Schwedowa in Paris hätte zumindest noch eine Fortsetzung vertragen.

Die in Russland geborene Kasachin kämpfte sich in Paris zunächst durch die Qualifikation und bezwang im Hauptfeld nacheinander vier höher eingestufte Gegnerinnen, darunter die agile und nimmermüde Spanierin Cara Suarez Navarro und die chinesische Titelverteidigerin Li Na. Schwedowa, die auf dem Platz eine auffällige himmelblaue Sportbrille trägt, hatte viel Spaß und ließ die Zuschauer an ihrer Freude teilhaben. In einem Sport, in dem viel zu viele Athlet(inn)en verbissen auftreten, ragte Schwedowa heraus wie ein Scheinwerfer in der Dunkelheit.

Auch jenseits des Platzes hatte sie eine gewinnende Ausstrahlung. Sie redete offen über ihre Probleme nach einer schwere Knieoperation im vergangenen Jahr: wie sie zunächst ihre Selbstsicherheit verlor und dann ihren Trainer, wie sie zu einem Psychiater musste und ganz, ganz langsam an ihrem Comeback arbeitete. Als sie das erste Mal vor die Presse trat, sah sie ungewöhnlich aus: trug eine schwarze Hornbrille, die ein bisschen an das Modell von Woody Allen erinnerte, ihr aber dennoch nichts von ihrer attraktiven Erscheinung nahm, sie im Gegenteil noch interessanter machte.

Am Mittwoch, im Duell mit der favorisierten Tschechin Petra Kvitova, schickte sich Schwedowa an, als erste Qualifikantin das Halbfinale der French Open zu erreichen. Sie spielte jedenfalls nicht wie die Nummer 142 der Weltrangliste. "Sie begann sehr gut", lobte Kvitova, "und ich war anfänglich äußerst nervös, weshalb mir viele leichte Fehler unterliefen". Das führte zu einem flotten 6:3 für die Außenseiterin. "Im ersten Satz war ich kräftemäßig noch gut dabei", bilanzierte Schwedowa später, "und sie schenkte mit viele Punkte mit Fehlern. Das nutzte ich aus, solange ich konnte".

Sie konnte es nicht mehr viel länger. Zählt man die drei Spiele aus der Qualifikation hinzu, war es ihr achtes Spiel am Bois de Boulogne, "es ist meine dritte Woche hintereinander in Paris". Der Kasachin gelang zwar das erste Break im zweiten Satz, aber danach ging es eine Weile lang rapide abwärts. Als sie sich wieder fing, lag sie 0:2 im letzten Durchgang zurück.

"Ich hoffte, es würde stärker regnen"

Dennoch hatte Schwedowa ihren Spaß, zum Beispiel als die Welle auf dem Court Suzanne Lenglen umging. "Das war cool", fand Schwedowa, "ich kannte das ja nur aus dem Fernsehen, weil ich es ja nicht gewöhnt bin, in den großen Stadien zu spielen, bis jetzt zumindest nicht". Die Kasachin hatte sogar im dritten Satz noch ihre Chancen, als sie das 0:2 in einen 4:2-Vorsprung verwandelte. "Aber dann wurde ich supermüde, hatte null Energie übrig." Kvitova nutzte das sofort zum Rebreak aus. Kurzzeitig flackerte Hoffnung auf, als es zu regnen begann. "Ich hoffte, es würde stärker regnen", erklärte Schwedowa, "damit es zum Abbruch kommen würde und ich mich ausruhen könnte - aber dazu kam es leider nicht." Drei Spielgewinne später hatte Schwedowa die Partie mit 6:3, 2:6, 4:6 verloren.

Hatte sie sich am Ende etwas vorzuwerfen? "Nein, es war ein tolles Turnier, und ich habe genug Punkte gesammelt, um mich für das olympische Tennisturnier zu qualifizieren", sagte die glückliche Verliererin, die in der nächsten Weltrangliste unter den besten 65 Spielerinnen stehen wird. "Ich hätte heute gerne etwas härter geschlagen, dann hätte sie etwas härter arbeiten müssen. Aber ich konnte einfach nicht mehr."

Kvitova hingegen kann noch und darf sich am Donnerstag mit Maria Scharapowa messen. Die in den USA groß gewordene Turnierfavoritin aus Russland führt im direkten Vergleich mit Kvitova zwar mit 3:2 und hat die beiden vergangenen Partien gewonnen. Doch das bislang wichtigste Duell - das Wimbledon-Finale im vergangenen Juli - entschied die Tschechin für sich.

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