Frauenverbot beim Billard:Alleingang der Jedermänner

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Er nimmt teil: Englands Billard-Profi Chris Melling. (Foto: Günther Reger)
  • An diesem Wochenende findet in Fürstenfeldbruck das Billard-Turnier "Actiondays" statt. Doch diesmal dürfen Frauen nicht mitspielen.
  • Der Verband DBU begründet die Entscheidung mit einem zeitgleich angesetzten Frauen-Turnier, dem die Veranstaltung in Bruck Konkurrenz machen könnte.
  • Der ehemalige Billard-Bundestrainer Huber spricht von der "geistigen Beweglichkeit eines Pflastersteins"

Von Korbinian Eisenberger, Fürstenfeldbruck

Die Tische beim Billard-Turnier "Actiondays" in Fürstenfeldbruck stehen nicht in einer Kneipe, sondern in einer Art Kneipen-Arena. Das sagt schon viel aus über diesen besonderen Wettkampf, und wer am Samstag und Sonntag um das Preisgeld von 9000 Euro mitspielen will, der sollte den Sport auf internationalem Niveau beherrschen.

Ausschlusskriterium ist dies allerdings nicht, dafür hat die Deutsche Billard Union (DBU) andere Regeln festgelegt: "Jeder darf mitmachen", heißt der Slogan, jeder, mit "r" am Schluss. Frauen sind von dem Turnier ausgeschlossen, so will es die DBU, die das Turnier vorab nur unter dieser Bedingung genehmigt hat. Oder wie Kneipen-Experte Gerhard Polt sagen würde: "Wir nehmen koane Frauen mit, weil mia woin a Gaudi hamm."

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Amüsant findet eine Billardspielerin aus dem Raum München, die ihren Namen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte, das eher nicht. Dass die 80 Männer - davon 16 europäische Topspieler - unter sich bleiben sollen, ist ihrer Ansicht nach eine Form von Diskriminierung. Es könne nicht sein, dass bei einem der größten Turniere Deutschlands auf einmal die Frauen ausgeschlossen würden, findet sie. Tatsächlich waren die Actiondays bundesweit bisher eines der größten offenen Turniere für Poolbillard-Spieler und -spielerinnen aus ganz Europa. Für die zweite Auflage haben sich mehrere Welt- und Europameister angekündigt, darunter auch der Engländer Chris Melling. Nur diesmal eben keine Frauen. Warum eigentlich?

Mit Gerhard Polt habe die Anordnung rein gar nichts zu tun, sagt DBU-Pool-Sportwart Roland Gruß. "Wir hatten nie die Intention, jemanden auszugrenzen." Dass der Verband die Actiondays nur für Männer genehmigt habe, sei wegen des Termins unausweichlich gewesen. Tatsächlich findet zeitgleich der Deutschland-Grand-Prix der Frauen in Ergolding bei Landshut statt. Die Veranstalter aus Fürstenfeldbruck hatten erst spät um die Genehmigung gebeten. Die DBU segnete den Termin unter der Bedingung ab, eine Konkurrenz zu Ergolding auszuschließen, die Frauen also auszuladen.

Nur eine offizielle Beschwerde

Knapp zehn Frauen waren bei der ersten Auflage der Actiondays 2013 dabei. Ein entscheidender Punkt, warum die Spielerin aus dem Raum München dem DBU vorwirft, gegen das Gleichstellungsgesetz zu verstoßen. Offizielle Beschwerden habe es jedoch nur von ihr gegeben, sagt Gruß. Er habe in einem Gespräch mit ihr die Gründe erklärt. "Wir versuchen, für die Bedenken Verständnis aufzubringen", sagt Gruß. "Es blieb uns aber nichts anderes übrig." Im Tennis sei das ja auch nicht anders. "Es gibt eben auch beim Billard Turniere für Männer und für Frauen."

Richtig ist, dass bei deutschland- oder europaweiten Grand-Prix-Veranstaltungen zwischen Männern und Frauen unterschieden wird - bereits in der Ausschreibung. Bei Einzel-Events wie den Actiondays ist dies in aller Regel anders. "Das ist alles recht unglücklich gelaufen", sagt der frühere Billard-Bundestrainer Andreas Huber, zudem bekannt als Kritiker der DBU. Ziel des Verbands sei sicher nicht gewesen, jemanden zu diskriminieren, so Huber. "Es ist aber wieder mal typisch, dass so etwas passiert. Das hätte man wesentlich eleganter lösen können."

Etwa dadurch, die Frauen mitspielen zu lassen? Dafür spricht die Tatsache, dass in Ergolding Pool-Billard mit acht oder mit neun Bällen gespielt wird, in Bruck dagegen mit zehn - unterschiedliche Disziplinen also, wodurch zumindest keine direkte Konkurrenz gegeben wäre. "Es hätte bestimmt eine Lösung gegeben", sagt Huber, "aber nicht wenn man die geistige Beweglichkeit eines Pflastersteins hat."

DBU-Sportwart Gruß machte der pikierten Spielerin schließlich ein Friedensangebot. Sie und alle anderen Billardspielerinnen dürften bei der Profiveranstaltung der Frauen in Ergolding teilnehmen, das sei sportlich doch ohnehin interessanter.

© SZ vom 02.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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