Frankreichs Biathlet Martin Fourcade:Er ist die Weltspitze

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"Jetzt hab ich's dir gezeigt": Der fünfmalige Biathlon-Weltmeister Martin Fourcade (Foto: dpa)

Erstmals seit 21 Jahren findet wieder hochklassiges Biathlon in Frankreich statt. Der Weltcup soll die Bühne für den überragenden Martin Fourcade werden. Der fünfmalige Weltmeister ist derart stark in die Saison gestartet, dass er schon jetzt als Favorit auf sämtliche Titel dieses Winters gilt.

Von Volker Kreisl

Es ist nicht so, dass Martin Fourcade unschlagbar wäre. Auch Ole Einar Björndalen, der norwegische Biathlet, der alles gewann wie kein anderer und der mit knapp 40 immer noch aufs Podium läuft, auch er musste zu seinen besten Zeiten Niederlagen einstecken. Niemand ist im Biathlon unschlagbar.

Und so erinnert sich auch Andreas Birnbacher, nachdem er eine Weile die verblüffende Überlegenheit von Fourcade besprochen hat, an den 7. Dezember 2012. "Da hab ich ihn besiegt", sagt Birnbacher und grinst. Im Sprint von Hochfilzen, da hatte Birnbacher Fourcade auf Platz zwei verwiesen, niedergekämpft, abgezogen, und zwar um 0,4 Sekunden.

Andererseits ist das jetzt schon wieder ein Jahr her, der Schlechinger Birnbacher ist immer noch ein starker Biathlet an der Weltspitze, Martin Fourcade aber ist die Weltspitze. Der fünfmalige Weltmeister ist derart stark in die Saison gestartet, dass er schon jetzt als Favorit auf sämtliche Titel dieses Winters gilt, hauptsächlich im Februar auf die olympischen, auf die er sein Hauptaugenmerk richten wird.

Zunächst aber hat der 25-Jährige schon mal Festtage vor sich, denn sein Karrierehoch fällt mit einem speziellen Termin zusammen. Erstmals seit 21 Jahren findet wieder hochklassiges Biathlon in Frankreich statt. In Le Grand Bornand, einem 2000-Einwohner-Dorf in den Rhône-Alpen, werden ab Donnerstag wieder Weltcup-Staffeln, Sprints und Verfolgungsrennen stattfinden. Und auch wenn große französische Biathleten wie Raphael Poireé beklagen, dass sie nie vor eigenem Publikum auftreten konnten, so ist das Timing mit Fourcade in Hochform doch nicht schlecht.

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Jahrelang mühten sich Frankreichs Biathleten um mehr nationale Anerkennung, aber Wintersport ist in Frankreich eine Randerscheinung. Wer nur kurz ins Zentrum des allgemeinen Interesses vorrücken will, der muss mit allen Sportlern selber ins Zentrum fahren, nämlich nach Paris.

Er muss dort einen Konferenzraum mieten und den Medien des Landes erklären, was Biathlon ist. Die Werbetour in die Hauptstadt ist zu einem Herbst-Ritual des Verbandes geworden, aber mit Martin Fourcade könnten den vielen Worten nun richtige Taten folgen: Weltcupsiege im eigenen Land, womöglich schon mit der Männer-Staffel am Freitag.

Wie wichtig Fourcade für die Franzosen mittlerweile ist, zeigte sich gleich zu Beginn des Weltcupwinters in Östersund. Da leistete er sich seinen bislang einzigen Ausrutscher. Fourcade ging als Schlussläufer der Mixed-Staffel mit eineinhalb Minuten Vorsprung auf die Strecke. Beim letzten Schießen hatte er also viel Zeit, doch er verfehlte drei Scheiben, setzte dann noch zwei Nachlader daneben und vergaß obendrein, dass er noch eine dritte Reservepatrone gehabt hätte.

Das Ergebnis: Drei Strafrunden, die er vielleicht sogar noch wettgemacht hätte, aber auch zwei Strafminuten, und deshalb Platz fünf. Für die Nachlässigkeit wurde Fourcade heftig kritisiert. Mancher Konkurrent dachte danach, dass der Franzose trotz seines Talents und seines Fleißes in dieser entscheidenden Olympiasaison nicht nur weiterhin schlagbar ist, sondern vielleicht auch ein Nervenbündel.

Doch im nächsten Wettkampf, dem Distanzrennen von Östersund, gewann Fourcade, er traf alle 20 Scheiben. Auch im Sprint wurde er Erster, mit einem Schießfehler. Im dritten Einzel, dem Sprint von Hochfilzen, wurde er Zweiter, allerdings gebremst vom plötzlichen Schneefall, getroffen hatte er alles. Das vierte Saisonrennen, die Verfolgung in Österreich, gewann er dann wieder, 20 Schuss, 19 Treffer. Es war sein zwölfter Podestplatz nacheinander, und sein 27. Weltcupsieg, und es bedeutete Platz eins im Gesamtweltcup mit 100 Punkten Vorsprung.

Es sieht so aus, als würde er das wahr machen, was sein Trainer Stephàne Bouthiaux im Februar angekündigt hatte, als Fourcade gerade Weltmeister geworden war. "Er kann noch besser werden", hatte Bouthiaux gesagt, noch konzentrierter schießen, noch athletischer werden, noch länger durchhalten.

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Und auch wenn Frankreich kein Wintersportland ist, an Fourcades Erfolgen wird sich eine neue Generation orientieren. Jüngstes Beispiel ist der 22-jährige Simon Desthieux, der zu Saisonbeginn mit einer couragierten Mixed-Staffel-Leistung auffiel, die dann ausgerechnet Fourcade zunichte machte.

Die Kritik an dem lässigen Auftritt ist dann doch recht schnell verpufft, wegen der Wiedergutmachung danach, aber auch weil Martin Fourcade bekannt ist für seinen Ehrgeiz. Niederlagen will er nicht auf sich sitzen lassen, wie Andreas Birnbacher weiß. Drei Monate, nachdem er Fourcade um 0,4 Sekunden besiegt hatte, schlug der Franzose zurück. Im Einzelrennen von Sotschi gab es wieder ein direktes Duell um einen Weltcupsieg.

Diesmal gewann Fourcade, und danach klopfte er Birnbacher auf die Schulter und sagte: "Jetzt hab ich's dir gezeigt." Fourcade war 6,4 Sekunden schneller.

© SZ vom 12.12.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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