Handball-EM:Nach seltenem Freiwurftor: Frankreich steht im Finale

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Doch, der geht rein: Elohim Prandi wirft um die schwedische Mauer ins Tor zum Ausgleich nach Ablauf der regulären Spielzeit. (Foto: Tom Weller/dpa)

Durch einen fast unmöglichen Treffer mit der Schlusssirene rettet sich Frankreich gegen Schweden in die Verlängerung - und gewinnt das Halbfinale. Der Protest der Skandinavier wird abgelehnt.

Von Carsten Scheele, Köln

Was für ein verrückter Wurf, Kentin Mahé schüttelte den Kopf. "So ein Tor passiert nicht alle Jahre", sagte Frankreichs Mittelmann nach dem dramatischen Finaleinzug seines Teams bei der Handball-EM gegen Schweden: "Aber manchmal müssen verrückte Dinge geschehen, um so ein Spiel zu gewinnen."

Was war passiert? Der Titelmitfavorit aus Frankreich war gefühlt schon raus aus dem Turnier. Nach sehr starker zweiter Halbzeit führten die Schweden 28 Sekunden vor Schluss 27:25 und gingen beim Stand von 27:26 in ihren letzten Angriff. Noch 15 Sekunden zu spielen, die endgültige Entscheidung schien gekommen, als Jim Gottfridsson von der SG Flensburg-Handewitt frei auf Tor zustürmte, ihm allerdings ein Schrittfehler unterlief. Die Franzosen bekamen noch einmal den Ball, konnten aber keine Wurfsituation mehr kreieren.

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Lediglich ein Freiwurf wurde ihnen mit Ablauf der regulären Spielzeit zugesprochen - und wer ab und zu Handball guckt, der weiß, wie selten solche Bälle auf Weltniveau im Tor landen. Die Schweden stellten also eine dichte Mauer mit hochgereckten Armen, hinter ihnen stand Torwart Andreas Palicka, die Franzosen nominierten Elohim Prandi von Paris Saint-Germain als Schützen, einen ihrer kleineren Rückraumspieler.

"So ein Spiel ist einfach nie vorbei", sagt Frankreichs Torhüter

Doch Prandi überraschte alle Schweden. Er kippte ab, weit nach rechts, sank Richtung Boden, ehe er einen Raketenwurf losließ, der von der Unterkante der Latte ins schwedische Tor krachte. Die Franzosen stürmten in ungläubigem Jubel auf Prandi zu; die Schweden sackten in sich zusammen. Es folgte die Verlängerung, in der die Franzosen nie einen Zweifel ließen, wer dieses Spiel gewinnen würde. Frankreich siegte 34:30 (27:27, 17:11) nach Verlängerung.

"Das ist total verrückt", sagte Torwart Rémi Desbonnet über Prandis Wundertat: "Aber so ein Spiel ist einfach nie vorbei." Frankreichs Trainer Guillaume Gille sprach Schwedens Coach Glenn Solberg nach dem Abpfiff sofort sein Mitgefühl aus. Die Sportschau erhob Prandis Treffer gleich mal zum "Jahrhunderttor".

Die Schweden, als Titelverteidiger angereist, waren nach dem verlorenen Halbfinale arg geknickt - und auch etwas wütend. Sie hatten in der zweiten Halbzeit, auch mit der Unterstützung vieler deutscher Fans, einen Sieben-Tore-Rückstand wettgemacht und lagen kurz vor Schluss mit zwei Treffern in Führung, aber es reichte trotzdem nicht. Es gab Diskussionen, ob Prandis Standbein beim Wurfs kurz den Boden verlassen hatte - dann wäre es ein irregulärer Treffer gewesen. Das Schiedsrichterduo Gjorgji Nachevski und Slave Nikolov aus Nordmazedonien verzichtete aber auf die Nutzung des Videobeweises.

"Kein Kommentar", sagte Schwedens Torwart Palicka, der ebenfalls von einem "unglaublichen Tor" sprach. Der schwedische Verband legte Protest ein, dieser wurde am Samstag aber mit Hinweis auf die "Tatsachenentscheidung" der Referees abgelehnt. Für die Skandinavier geht es am Sonntag im Spiel um Platz drei (15 Uhr) gegen Deutschland weiter. Die Franzosen sind knapp drei Stunden später dran, allerdings im Finale gegen Dänemark (17.45 Uhr, ARD).

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