Frankfurt:Gut gelaunt zu Blödelotto

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Nach anfänglichen Problemen stabilisiert sich Eintracht Frankfurt - unter anderem, weil der neue Trainer Adi Hütter sich als lernfähig erweist.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Im Prinzip hätten Freunde von Eintracht Frankfurt Gründe, dem Komiker Otto Waalkes mit etwas Unmut zu begegnen. Ein paar Jahre ist es schon her, da trug der Blödelbarde in seinem Programm eine humoristisch-fiktive Zusammenstellung des Champions-League-Achtelfinales bzw. des "Schampions-Lig-Achselfinales" vor. Und dort brachte Waalkes dann mit seinen Kalauern tatsächlich allerhand deutsche Klubs unter, etwa den 1. FC Kaiserslautern (als 1. FC Kaiserschmarrn), den HSV und RW Essen (als Hamburger Spuck-Verein und Rotz-Weiss Essen) sowie sogar Mainz 05 (als Gegner von Deins 04). Aber offenkundig war ihm kein Gag eingefallen, mit dem sich auch Eintracht Frankfurt in diesen erlesenen Kreis des Waalkes'schen Achselfinales hieven ließ.

Doch Eintracht-Sportvorstand Fredi Bobic scheint über diesen Malus hinwegsehen zu können. Mitte November erhält Waalkes in Frankfurt den "Sondermann-Preis für komische Kunst", und Bobic hat mit angeblich großer Freude zugesagt, die Laudatio zu halten. Und die Chancen stehen auch nicht schlecht, dass er das mit einer Laune wird tun können, die einem Humor-Preis angemessen ist.

Ein Sprung auf Rang sieben in der Bundesliga und zwei unerwartete Siege in der Europa League gegen Olympique Marseille (2:1) und Lazio Rom (4:1), das ist die Frankfurter Bilanz der vergangenen vier Wochen. Der Spielplan macht es wahrscheinlich, dass sich die nächsten vier Wochen ebenso positiv gestalten lassen und als Weiche für eine erfolgreiche Saison dienen können. In der Liga geht es an diesem Freitag gegen den Aufsteiger Düsseldorf und danach gegen den anderen Aufsteiger Nürnberg sowie das aktuelle Schlusslicht Stuttgart, in der Europa League gegen den schwächsten Gruppengegner, Limassol aus Zypern. "Wir haben zuletzt den Bock umgestoßen. Die Mannschaft glaubt an die eigene Stärke, ist hungrig und willig. Ich erwarte, dass wir den eingeschlagenen Weg weitergehen", sagt Trainer Adi Hütter.

Eintracht Frankfurt hat sich in den vergangenen Jahren ja zu einem interessanten Standort entwickelt. Noch 2016 entging der Klub erst in der Relegation dem Abstieg, dann wurde es deutlich besser. In der Liga gab es die Ränge elf und acht, im DFB-Pokal erst die Endspiel-Teilnahme 2017 und im Mai 2018 den 3:1-Finalsieg gegen den FC Bayern - zugleich die erste Qualifikation für den Europapokal seit 2013.

Parallel erfolgten auch im wirtschaftlichen Bereich einige Veränderungen. Der Kreis der Klub-Aktionäre ist erweitert worden, die Investitionen sind nach oben gegangen. Kürzlich beschloss der Klub zudem, sich wieder selbst zu vermarkten.

Aber dass es nun so aussieht, als entwickele sich auch die dritte Spielzeit in Serie zufriedenstellend, das ist doch etwas überraschend. Denn im Sommer hatten die Bosse keine leichte Situation zu bewältigen. Erfolgstrainer Niko Kovac ging zum FC Bayern, zudem verließen vier wichtige Spieler den Klub: Torwart Lukas Hradecky, Abräumer Omar Mascarell, Außenbahnspieler Marius Wolf und Antreiber Kevin-Prince Boateng. Mal wieder war ein Umbruch notwendig, und als es zum Saisonstart im Supercup ein 0:5 gegen die Bayern und eine DFB-Pokal-Blamage beim Viertligisten SSV Ulm gab, war die Stimmung rasch gereizt. Der neue Trainer Hütter (aus Bern gekommen) wirkte etwas fremd; und an der Qualität der vielen neuen Spieler, die Sportchef Bobic notgedrungen holen musste, wuchsen die Zweifel, die bemerkenswerterweise Trainer Hütter selbst formulierte.

Doch diese Skepsis ist verflogen. Mancher der vielen Neuen erweist sich als guter Griff, insbesondere der junge Verteidiger Evan Ndicka, 19. Für die Torwart-Position besserte Bobic mit der Rückhol-Verpflichtung von Nationalspieler Kevin Trapp nach. Zudem hat sich der österreichische Trainer Hütter als lernfähig erwiesen. Die von ihm bevorzugte Viererkette ist perdu, stattdessen lässt er wieder das von Kovac eingeführte Fünferketten-Modell mit Makoto Hasebe als Mittelmann spielen, was deutlich stabiler wirkt. Auch mancher Personalentscheid erwies sich als richtig, etwa der, den Offensivmann Filip Kostic zum Linksverteidiger umzumodeln.

Zudem zeigt sich die Offensive effektiv: 42,9 Prozent aller Chancen wurden laut amtlicher Zählung verwandelt, nur Dortmund ist in dieser Statistik besser. Doch weil man erst zwölf Tore schoss, offenbart diese Statistik auch das Problem des Frankfurter Spielkonzeptes. Bisher kam die Eintracht nur auf 28 Chancen - weniger als alle anderen Bundesligisten. Ein paar mehr sollten es in den nächsten Wochen werden, wenn Fredi Bobic gut gelaunt zu Otto Waalkes will.

© SZ vom 19.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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