Sieben Kurven in der Formel:Norris zerdeppert Verstappens Pokal

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Kaputt: Der Pokal, den Max Verstappen erhielt, war aus Porzellan. (Foto: Jure Makovec/Zuma Wire/Imago)

Der Brite stößt die Porzellantrophäe des Siegers um, Lewis Hamilton verliert mit dem Start alle Hoffnungen und Nico Hülkenberg hat wegen seiner Frisur einen neuen Spitznamen. Geschichten vom Formel-1-Wochenende.

Von Elmar Brümmer

Max Verstappen

Wenn der Abräumer der Formel 1 davon spricht, einen "ziemlich perfekten Tag" gehabt zu haben, dann macht das Gegner und Zuschauern gleichermaßen Angst: Mehr als eine halbe Minute lag auf dem Hungaroring zwischen der Meister-Klasse und dem Rest des Feldes. Die Arbeit für den Tabellenführer war am Ende der Startgeraden getan, als er an Lewis Hamilton vorbei war. Der Rest war eher eine Spazierfahrt, schnellste Rennrunde inklusive: Siebter Sieg in Serie für ihn und zwölfter für Red Bull Racing, die Rekordjagd geht weiter. Alles wieder in Balance, das Upgrade am Auto, das zu Beginn des Wochenendes noch leichte Probleme gemacht hatte, funktionierte im Renntrimm einwandfrei. Mercedes hat vor sieben Jahren 19 Rennen in einer Saison gewonnen, das scheint machbar, gerade ist erst Halbzeit. Verstappen ist auch nahe dran, eine Bestmarke bei den Fahrern zu erreichen - neun Siege in Serie, aufgestellt von seinem Red-Bull-Vorgänger Sebastian Vettel.

Lewis Hamilton

(Foto: Dlorent Gooden/IMAGO/PanoramiC)

Der Rekordweltmeister muss sich wohl erst wieder dran gewöhnen, ganz vorn zu stehen. Anderthalb Jahre ohne Pole-Position, und schon lässt er sich nach dem Start von Max Verstappen und beiden McLaren abkochen. Am Ende schafft er fast noch den Sprung aufs Podium, anderthalb Sekunden fehlen ihm auf Sergio Perez im Red Bull-Rennwagen. Aber das wäre für Mercedes-Teamchef Toto Wolff nach der vertanen großen Chance auch nur wenig Jubel wert gewesen: "Wir orientieren uns nicht am Zweitbesten, wenn der Erste so weit weg ist."

Lewis Hamilton aber widerspricht der Annahme, dass es sich um den schlechtesten Start seiner Karriere gehandelt hat - die anderen seien einfach noch besser wegekommen. So war er plötzlich Vierter. Das wird an ihm nagen. Erfreulicher in Silber war der Aufstieg von George Russell, der es vom indiskutablen 18. Startrang noch auf sechs schaffte. Die Hoffnung, dass jemand die Red-Bull-Serie durchbricht, liegt weiterhin auf den Ex-Weltmeistern.

Lando Norris

23 Jahre und das merkt man auch noch: Lando Norris (Foto: Glenn Dunbar/Motorsport Images/Imago)

Zweimal in Serie Zweiter, für den McLaren-Piloten ist das in etwa so wertvoll wie für Max Verstappen der siebte Sieg hintereinander. Dem Briten im Papaya-Rennwagen ist zudem die erste erfolgreiche Attacke auf den Niederländer gelungen, wenn auch erst bei der Champagner-Orgie auf dem Podium, als Norris mit seiner ganz speziellen brachialen Art der Flaschenöffnung den Siegerpokal aus Porzellan von der Podeststufe stieß, der Sockel brach ab. Der 23-Jährige ist zwar einer der ernst zu nehmenden Titelkandidaten für die Zukunft, aber er ist Lausbub geblieben. Kein schlechtes Image, um in den sozialen Medien erfolgreich zu sein.

Bei McLaren zeigt die Runderneuerung des Autos Wirkung, Rookie Oscar Piastri wurde Vierter, durch einen taktischen Boxenstopp musste er Norris vorbeilassen. Aber richtig böse konnte der Australier nicht sein, immerhin wurde er noch Fünfter. Beide Piloten wissen, dass in ihrem Rennwagen noch viel mehr steckt. "Wahnsinn", sagt Norris über die Situation, dass er vor ein paar Rennen noch das Schlusslicht war - und jetzt um die Pole-Position kämpft.

Daniel Ricciardo

(Foto: Peter Fox/Getty Images)

Auf Platz 13 beim Comeback landen, ist das ein gutes Comeback? Man muss nur ins breiteste Grinsen der Formel 1 blicken und erkennt sofort: Oh ja! "Es war das Adrenalin, das ich das letzte Jahr über so vermisst habe", sagte der Red-Bull-Testfahrer, der an Alpha Tauri ausgeliehen war. Wäre Ricciardo nicht in die Startwirren verwickelt gewesen, hätte es wohl für einen Punkt reichen können. Aber wichtiger noch für den 34-Jährigen, der mit aller Macht das Cockpit von Sergio Perez bei Red Bull will, und zwar möglichst schnell: Er lag in Qualifikation wie Rennen vor seinem Teamkollegen Yuki Tsunoda. Und die Ingenieure in Faenza freuen sich, dass sie jetzt Rückmeldungen von einem erfahrenen Piloten bekommen. Ricciardo bleibt bescheiden: "Ich werde aus den Fehlern, die ich gemacht habe, lernen, und mir sind schon ein paar Sachen aufgefallen, die auch für das Team nützlich sein könnten."

Sergio Perez

(Foto: Dan Mullan/Getty Images)

Wenn selbst Helmut Marko, Red-Bull-Motorsportberater und Sergio-Perez-Dauerkritiker, nichts zu granteln hat an der Leistung des Mexikaners, dann muss es ein gutes Wochenende für die Nummer zwei im Team gewesen sein. War es auch, den Fehlstart mit dem Crash im ersten Training berücksichtigend. Doch der Mexikaner schaffte es nach fünf verpassten Gelegenheiten wieder in die Top Ten der Qualifikation, und im Rennen von neun auf drei. Das beruhigt alle etwas. Vielleicht hat auch der Ricciardo-Faktor eine Rolle gespielt, obwohl Perez behauptet: "Ehrlich gesagt ist mir das völlig egal. Ich bin seit 13 Jahren in der Formel 1 und habe schon alles erlebt." Aber erleichtert war der 33-Jährige in Ungarn dann doch: "Wenn du unter Druck stehst und es schaffst, deine Leistung abzuliefern, dann macht dich das stolz. Genauso will ich jetzt weitermachen." Teamchef Horner lobte: "Dieses Ergebnis war ein Statement." Am Wochenende in Spa muss die Gültigkeit bewiesen werden.

Nico Hülkenberg

(Foto: Michael Potts/Motorsport Images/Imago)

Beim Ferrari-Kundenteam Haas geben sie sich gern als die Machos der Boxengasse, was jenseits der Ergebnislisten ganz gut funktioniert. Günther Steiner als dauerfluchender Teamchef auf Netflix, Kevin Magnussen mit Wikinger-Attitüden, und auch Nico Hülkenberg ist kein Kind von Traurigkeit. In Ungarn taucht der 35-Jährige mit einem Haarschnitt auf, der die Klischees etwas stört - so hübsch blondiert wird er seither nur noch Hül-Ken-Berg genannt. Der Emmericher behauptet allerdings, er habe nichts gewusst vom gerade angelaufenen Barbie-Film. Aber den Spitznamen wird er so schnell nicht mehr los. Den Frust im Auto auch nicht. Stark in einer Runde in der Qualifikation, durchgereicht im Rennen, diesmal auf den 14. Rang. Dafür soll seine Vertragsverlängerung schon durch sein, aber vielleicht spekuliert der Rückkehrer nach Höherem. Zunächst mal fordert er von der technischen Abteilung mehr Power.

Charles Leclerc

(Foto: Peter Fox/Getty Images)

Der zu kurze Wasserschlauch im Helm war schon ein schlechtes Omen für den Monegassen im Ferrari, aber es kam noch schlechter. Fünf Strafsekunden für eine Geschwindigkeitsübertretung bei der Anfahrt in die Boxen machten aus seinem sechsten einen siebten Platz, davor patzten die Ferrari-Mechaniker. Verloren hat er seine Podiumschancen schon in der Qualifikation, ähnlich wie der immer unzufriedenere Carlos Sainz junior, der Achter wurde. Die Fahrer spenden sich jetzt schon selbst Trost: "Ich glaube, das Ergebnis ist viel schlimmer als es sich im Auto angefühlt hat." In Summe aber ein weiteres indiskutables Ergebnis, der neue Teamchef Fred Vasseur bekommt die Probleme in Maranello nicht so schnell in den Griff wie gedacht. Das würde auch den rauen Ton im Funkverkehr erklären, doch Charles Leclerc besteht darauf, dass es sich dabei nur um Übertragungsschwierigkeiten gehandelt haben: "Das ist ein Problem, das wir lösen müssen." Klar, kommt auf die To-Do-Liste.

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