Formel 1: Schumacher-Comeback:Wie die Blues Brothers

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Den siebenmaligen Weltmeister Michael Schumacher locken weder Geld noch Mercedes-Stern, seine Comeback-Pläne wurzeln in der Freundschaft zu Ross Brawn.

René Hofmann

Michael Schumacher kennt das schon. Kaum fällt sein Name, bricht ein Sturm los. Am Wochenende verdichteten sich die Indizien, dass der 40-Jährige ein zweites Mal ernsthaft über ein Formel-1-Comeback nachdenkt. Ein deutscher Nachrichtensender nahm daraufhin kurzfristig eine ausführliche Sondersendung zu dem Thema ins Programm. Auf der Homepage einer Boulevardzeitung beteiligten sich bis Sonntagnachmittag 70000 Menschen an einer Online-Abstimmung, was von dem siebenmaligen Formel-1-Weltmeister zu erwarten wäre, wenn er wirklich in einen Rennwagen des neuformierten Mercedes-Teams klettern würde. 80 Prozent waren der Meinung: Schumi holt Titel Nr. acht!

Enge Weggefährten: Ross Brawn (links) und Michael Schumacher. (Foto: Foto: dpa)

Ob es so weit kommen kann, ist allerdings noch gar nicht entschieden. Schumacher erwägt eine Rückkehr, schriftlich hat er sein Ja aber noch nicht formuliert. So lange das nicht geschehen ist, bleibt alles möglich. In der Formel 1 sind Finten, abrupte Bremsmanöver und rapide Richtungsänderungen nicht nur auf der Rennstrecke gang und gäbe.

Weil es wenige überprüfbare Fakten gibt und sich alle Beteiligten bedeckt halten, blühen die Spekulationen. Von einer neuen Fitnessmaschine ist die Rede, die Schumacher sich nach dem wegen einer Nackenverletzung gescheiterten Comebackversuch bei Ferrari im vergangenen Sommer zugelegt haben soll. Sein Vater wird als Kronzeuge für sein intensives Training zitiert. Die wenigen Wahrheiten mischen sich, wie oft in solchen Fällen, mit viel Dichtung.

Als jüngste Sprenkel streute am Montag die Fachzeitschrift auto, motor und sport in die Melange, Schumacher werde in dieser Woche Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo besuchen, um eine Freigabe aus seiner Rolle als Botschafter der Firma zu bekommen. Danach stehe bloß noch ein finaler Gesundheitstest aus. Während italienische Medien den Tedesco bereits vorauseilend als "Verräter" abstempeln, wird hierzulande die Frage laut: Hat Mercedes die Übernahme von Brawn Grand Prix vielleicht schon mit dem Hintergedanken eingefädelt, sich auf diese Weise den erfolgreichsten und bekanntesten deutschen Motorsportler zu angeln?

Die Aufmerksamkeit, die sich mit Schumacher erzielen lässt, ist gewaltig. Als er im Jahr 2001 seinen zweiten Titel mit Ferrari einfuhr, verfolgten im Durchschnitt 10,44 Millionen Menschen jedes Formel-1-Rennen bei RTL. In der vergangenen Saison, in der Sebastian Vettel immerhin bis zum vorletzten Rennen eine Titelchance hatte, waren es 5,21 Millionen. Käme es tatsächlich zu einem Duell zwischen dem 22-Jährigen und seinem großen Vorbild, würde das sicher nicht nur Motorsport-Fans interessieren.

Jung gegen Alt - die Nummer zieht immer. Als Schumacher im August seine Bereitschaft signalisierte, für den verunglückten Felipe Massa einzuspringen, dichtete Bild-Kolumnist Franz Josef Wagner bereits: "Ein Schumi auf dem Sofa ist wie ein durchgekauter Kaugummi. Ein Schumi im Cockpit ist das Leben." Zu welchen literarischen Überhöhungen sich die ganz bunten Blätter wohl erst herausgefordert fühlen, wenn es tatsächlich zu der Kombination Schumacher im Silberpfeil kommt?

Hinterherfahren will Schumacher nicht

Dass es so kommen könnte, hat, wie so vieles in der Formel 1, viel mit Zufällen zu tun. Michael Schumacher sehnte sich nicht nach einem Comeback, er hat es nicht gezielt gesucht. Wie im August, als Ferrari-Fahrer Felipe Massa in der Qualifikation zum Großen Preis von Ungarn eine Dämpferfeder gegen den Kopf prallte, ergab sich kurzfristig eine zuvor nicht zu ahnende Gelegenheit. Hätte er schon länger mit dem Gedanken gespielt, die Farben zu wechseln, hätte Schumacher Ferrari im September sicher nicht die Zusage gegeben, seinen auslaufenden Beratervertrag zu verlängern.

Die Aussicht, ein Auto bewegen zu dürfen, das einen Stern trägt, dürfte in Schumachers Überlegungen keine große Rolle spielen. Im Grunde kam die Geschichte, die nun für mächtige Schlagzeilen sorgt, vermutlich ganz einfach zustande: Sein Freund Ross Brawn, 55, der ihn erst bei Benetton zu zwei Titeln anleitete und anschließend bei Ferrari zu fünf, hat ihn wohl gefragt, ob er nicht wieder Lust auf ein gemeinsames Projekt habe. Im Prinzip könnte es gewesen sein wie im Film "Blues Brothers", in dem John Belushi und Dan Aykroyd losziehen, "um die Band wieder zusammenzubringen".

Auch wenn die Lust auf das Revival groß ist - ob es zustande kommt, hängt auch von der Frage ab, wie erfolgreich es werden kann. Brawn wird der Mannschaft, die in diesem Jahr Jenson Button zum Fahrertitel brachte und die Konstrukteurs-Wertung gewann, auch unter dem Namen Mercedes als Teamchef vorstehen. Ob das alleine aber den Erfolg garantiert? Klar ist nur eines: Hinterherfahren will Schumacher nicht.

© SZ vom 15.12.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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