Formel 1:"Schande, dass Hockenheim nicht mehr dabei ist"

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2016 kurvte Lewis Hamilton noch über die Strecke in Hockenheim. (Foto: AP)
  • Den Grand Prix am Hockenheimring wird es in naher Zukunft in der Formel 1 nicht mehr geben.
  • Grund ist eine Neuausrichtung der Vermarkter des Rennzirkus.
  • Es geht um Geld - und darum, wie die Formel 1 moderner werden will.

Von Anna Dreher, Spielberg

Von Wehmut war 677 Kilometer weiter nur wenig zu spüren. Vielleicht lag es an der beruhigenden Umgebung der zwischen Wiesen und Wäldern gelegenen Strecke des Großen Preises von Österreich in der Steiermark. Mit Unterbrechungen werden hier seit Jahrzehnten Rennen gefahren, seit 2014 in neuem Antlitz. Motorsporttradition kann modern sein, vor allem, wenn man sich aufwendige Renovierungsarbeiten dank eines Mäzens wie Getränke-Milliardär Dietrich Mateschitz auch leisten kann.

Vielleicht fiel es Nico Hülkenberg in dieser Umgebung also schwer, ein leidenschaftliches Plädoyer für jenes Rennen zu halten, das für ihn als deutschen Formel-1-Fahrer doch eine gewisse emotionale Bedeutung haben könnte und zu jenen Rennen gehört, denen man ihre Tradition auch anmerkt: der Große Preis von Deutschland am Hockenheimring. In dieser Woche hat der Formel-1-Eigner Liberty Media entschieden, die Strecke für das nächste Jahr aus dem Kalender zu streichen. Hülkenberg wurde gefragt, was er von dieser Entscheidung halte. Der 30 Jahre alte Westfale zuckte vor dem Rennen am Sonntag (15.10 Uhr/RTL) nur mit den Achseln.

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Wenn die Rennställe am 22. Juli in der Kurpfalz gastieren, dürfte das Event zu einer vorläufigen Abschiedsvorstellung werden. Mit der Veranstaltung am vorletzten Wochenende vor der Sommerpause endet der Zehnjahresvertrag, der mit dem früheren Formel-1-Chef Bernie Ecclestone abgeschlossen worden war. Und noch ist offen, ob Hockenheim in das Bild passt, das Liberty Media um Geschäftsführer Chase Carey von der Formel 1 in modernerer Form gestalten will.

"Natürlich haben wir versucht, das Formel-1-Rennen im kommenden Jahr zu bekommen", sagte Georg Seiler, Geschäftsführer der Hockenheimring-GmbH. Es werde nun daran gearbeitet, die Serie zurück zu holen. Die Bedingungen dafür hatte er schon früh klargestellt: "Wir werden nicht draufzahlen und auf keinen Fall einen Vertrag unterschreiben, der ein wirtschaftliches Risiko beinhaltet."

Ohne externe finanzielle Hilfe dürfte es schwierig werden

Bei den Verhandlungen für 2019 konnten sich beide Seiten nicht über die finanziellen Bedingungen eines neuen Vertrags einigen. Die Streckenbetreiber wollen ein Minusgeschäft vermeiden und taten sich in den vergangenen Jahren immer schwerer damit, die hohen Summen zu refinanzieren. Die Zuschauerzahlen sind im Vergleich zu früher zurückgegangen. Während es in den Hochzeiten der Begeisterung um Rekordweltmeister Michael Schumacher mit dem Stopp am Nürburgring sogar zwei Rennen in Deutschland gab, wird die Formel 1 2019 also wie schon 2015 und 2017 nicht am Hockenheimring an den Start gehen.

"Für uns ist das keine einfache Situation. Wir hätten gerne ein deutsches Rennen für unsere Fans in Deutschland und all die Mitarbeiter gehabt", sagte Mercedes-Teamchef Toto Wolff zu der Entscheidung. Sein gedankliches Aber hängt mit den Antrittsgebühren zusammen, auf deren Senkung Seiler mit der GmbH seit Jahren drängt und die unter den neuen Eignern aus den USA neu verhandelt werden. Dass diese künftig geringer ausfallen, dürfte jedoch nicht der Fall sein.

Liberty Media hat nun mal ein Interesse daran, mit der Formel 1 Geld zu verdienen und die Teams profitieren davon ebenfalls, ihre Einkünfte speisen sich auch aus dieser Quelle. Ohne externe finanzielle Hilfe dürfte es für den Hockenheimring schwierig werden, den Anforderungen nachzukommen. Tradition und Moderne lassen sich hier vorerst nicht verknüpfen. Vielleicht, vermutete Wolff, müsse man erst durch eine Art Tal gehen, um neue Kraft zu schöpfen und die Formel 1 dann wieder zu entdecken. Wie im Fußball.

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Das Verhältnis von Tradition und Moderne wird neu ausgelotet in der Formel 1, auch geografisch. Die Umgestaltung der Reiseroute gehört bei der Erneuerung der Rennserie dazu. Im Gespräch für 2020 sind Miami, Kopenhagen, Hanoi und Buenos Aires - und auch die Niederländer würden gerne berücksichtigt werden. Red-Bull-Fahrer Max Verstappen hat eine neue Motorsport-Begeisterung unter seinen Landsleuten ausgelöst.

Dass die Tribünen in Hockenheim und auch in Spielberg mit den erwarteten 65 000 bis 70 000 Zuschauern wieder voller sind, liegt nicht zuletzt an seinen Anhängern. "Es ist eine Schande, dass Hockenheim nicht mehr dabei ist", sagte Christian Horner, Verstappens Teamchef. Der Brite gewann der Situation aber auch etwas Positives ab: Es sei doch ermutigend zu sehen, dass es so viel Wettbewerb darum gebe, als Rennen Teil der Formel 1 zu sein. Hockenheim hätte den anderen Standorten lieber dabei zugeschaut.

© SZ vom 01.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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