Formel 1: Räikkönen siegt:Zurück im bunten Spiel

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Vettel wird bei Räikkönens Sieg in Belgien Dritter und nimmt dem WM-Führenden Button viele Punkte ab. Für eine Überraschung sorgt Giancarlo Fisichella.

René Hofmann, Spa

Wie viel Zeit vergangen ist, lässt sich an den Haaren ablesen. Als Kimi Räikkönen im vergangenen Jahr in Spanien gewann, trug der Finne die Haare noch kurz. Inzwischen hat er die blonden Strähnen sprießen lassen. Auf den Fotos, die den Finnen als Sieger des Großen Preises von Belgien an diesem Sonntag zeigen, lugen sie in Löckchen unter der roten Ferrari-Kappe hervor. "Das war nicht einfach heute", sagte der 29-Jährige, nachdem er in souveräner Manier den ersten Ferrari-Sieg in diesem Jahr eingefahren hatte und seinen vierten in Spa-Francorchamps.

Sebastian Vettel war mit Rang drei in Belgien durchaus zufrieden. (Foto: Foto: AFP)

Der Erfolg hatte lediglich einen spannenden Moment: In Runde fünf passierte Räikkönen den Italiener Giancarlo Fisichella, der auf dem besten Startplatz gestanden hatte, dank der Zusatzkraft, die das Bremsenergie-Rückgewinnungssystem Kers dem Ferrari bringt. Danach verwaltete Räikkönen seine Führung. Fisichella wurde im Force India überraschend Zweiter. Das Team, das dem Inder Vijay Mallya gehört, war zuvor in diesem Jahr bestenfalls Neunter gewesen.

"Das ist ein großartiges Resultat für uns. Ich hätte fast sogar gewinnen können", sagte Fisichella, der vor Sebastian Vettel (Red Bull) und den BMW-Piloten Robert Kubica und Nick Heidfeld an der schwarz-weißen Flagge vorbeikam. "Mit Blick auf den Titelkampf ist das ein sehr, sehr gutes Ergebnis. Wir sind zurück", sagte Vettel, der mit dem dritten Platz Rang drei in der WM-Wertung zurückgewann (53 Punkte).

Sein Teamkollege Mark Webber (51,5 Punkte) wurde Neunter. Den Australier brachte die Red-Bull-Crew um alle Chancen. Beim ersten Boxenstopp schickte das Team ihn los, als gerade Nick Heidfeld die Boxengasse entlang kam. Hätte der BMW-Fahrer nicht gebremst, wäre es zum Crash gekommen. Der Verstoß gegen die Boxenverkehrsordnung wurde mit einer Durchfahrtsstrafe für Webber geahndet.

Der WM-Führende Jenson Button (72Punkte) ging dieses Mal leer aus. Der Brite kehrte aus der ersten Runde ebenso nicht zurück wie Lewis Hamilton (McLaren-Mercedes). Sébastien Grosjean im Renault hatte Button im Kuddelmuddel der ersten Runde angestoßen, was letztlich auch Jaime Alguersuari im Toro Rosso das Rennen kostete. Im zwölften Lauf der Saison war es der erste Ausfall für Button. Zuvor hatte der BrawnGP-Fahrer stets mindestens zwei WM-Punkte gewonnen. "Das ist schon frustrierend. Aber besser, es passiert heute, wo wir eh keine Chance hatten, als beim nächsten Rennen, bei dem wir uns wieder etwas ausrechnen", sagte Button. Sein Teamkollege Rubens Barrichello (56 Punkte) schleppte sich mit einem brennenden Motor als Siebter ins Ziel.

Seit Mitte Juni ist die Formel 1 richtig abwechslungsreich geworden. Fisichella war der siebte Fahrer, dem es in diesem Jahr gelang, mindestens einmal die Pole-Position zu erobern. Und der Belgien-Grand-Prix brachte den sechsten Sieger des Jahres hervor. Für BMW war es das beste Rennen in diesem Jahr. Robert Kubica und Nick Heidfeld gewannen bei dem Grand Prix so viele Punkte wie in den elf Rennen zuvor zusammen. Zum ersten Mal schafften es beide Fahrer in den finalen Qualifikationsdurchgang. Heidfeld startete an Position drei, Kubica zwei Plätze dahinter.

Dass die Reihenfolge in der Endabrechnung anders aussah, lag an der ersten Kurve. Dort wählte Heidfeld eine ungünstige weite Linie, Kubica schlüpfte innen hindurch. Dass die weiß-blauen Wagen in Belgien so gut liefen, lag an der Charakteristik der Strecke. Zum ersten Mal in diesem Jahr waren nicht zu viel und nicht zu wenige Flügel gefragt - das lag dem BMW F1.09 ebenso wie den Autos von Ferrari und Force India. Probleme hatten hingegen McLaren-Mercedes und BrawnGP.

Die Teams, die das Rennen am Wochenende zuvor im heißen Valencia dominiert hatten, waren in Spa chancenlos. Die silbernen Autos sind in schnellen Kurven unterlegen. Für das nächste Rennen, das in zwei Wochen in Monza ausgetragen wird, verheißt das wenig Gutes: Beim Großen Preis von Italien gibt es einige schnelle Kurven. Button und Barrichello können zumindest hoffen, dass das Thermometer in der Lombardei mehr zeigt als die 16 Grad, die in Spa gemessen wurden. Bei höheren Temperaturen tun sich ihre Autos von BrawnGP leichter, die Reifen auf Betriebstemperatur zu bringen.

Sebastian Vettel darf in Monza wahrscheinlich den letzten neuen Motor ausführen, den er in diesem Jahr noch übrig hat. Der Kurs dort gilt als ähnlich anspruchsvoll für die Aggregate wie die Schleife in den Ardennen, auf der Vettel zum ersten Mal Rückhaltung in der Motorenfrage üben musste. Um das Triebwerk zu schonen, durfte er lediglich 40 Übungsrunden drehen. Seine WM-Rivalen Button und Barrichello absolvierten fast doppelt so viele. Das Manko schlug sich im Qualifikationsergebnis nieder: Startplatz acht - so weit von der Startampel entfernt hatte Vettel seit April nicht mehr gestanden. Im Ziel zeigte sich Vettel mit Blick auf den Titel aber kampfeslustig: "Diese Saison ist etwas verrückt. Ich denke aber, dass noch alles drin ist. Entscheidend wird jetzt die Konstanz sein."

© SZ vom 31.08.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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