Formel-1-Pilot Fernando Alonso:Blockade im Wagen

Lesezeit: 3 min

Wieder in Form: Formel-1-Pilot Fernando Alonso (Foto: Getty Images)
  • Fernando Alonso gibt nach seinem rätselhaften Unfall in Malaysia sein Comeback in der Formel 1.
  • Eine beruhigende Erklärung für seinen Crash kann er aber selbst nicht liefern.
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Von Elmar Brümmer, Sepang

Er sitzt da, wo immer die Sieger sitzen: in der Mitte. Aber das Kreuzverhör geht schon fast eine halbe Stunde, ehe Fernando Alonso in der Talkrunde vor dem Großen Preis von Malaysia den zu seiner Position adäquaten Satz findet: "Wenn man für sich selbst glücklich und zufrieden ist, dann ist das schon der erste Sieg."

Das mag ja passen zu dem Hipster-Bart, den der Spanier neuerdings trägt. Aber nicht zu dem Alonso, der es als größten Makel seiner Formel-1-Karriere empfindet, dass er nur zweimaliger Weltmeister ist und nicht dreimaliger. Und schon gar nicht zu einem Rennfahrer, der den Saisonauftakt wegen den Folgen einer Gehirnerschütterung verpasst hat. An diesem Wochenende startet sein zweiter Anlauf - mit McLaren und in diese Saison.

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Mit einem ist der 33-Jährige aber garantiert nicht glücklich: Auslöser für den schweren Unfall bei den Testfahrten war eine blockierte Lenkung am Rennwagen. Warum, das bleibt auch nach dem halbstündigen Kreuzverhör ein Mysterium.

Am 22. Februar, beim Abschluss der zweiten Testwoche vor der Saison, war Alonsos McLaren-Honda auf dem Circuit de Catalunya zwischen Kurve drei und vier urplötzlich nach rechts abgebogen und in eine Betonmauer eingeschlagen. Alonso war nicht mal schnell an dieser Stelle, aber der Aufprall reichte, dass er auf der Intensivstation landete. Aus der geplanten einen Nacht im Hospital wurden drei, und danach sprachen die Ärzte ein Fahrverbot aus - nach der Gehirnerschütterung hätte bei einem weiteren Unfall das Risiko schwerer Hirnschädigungen bestanden. Der Saisonauftakt in Melbourne war damit passé.

Erklärungen zu dem mysteriösen Unfall gab es trotz ausführlicher Analyse der Blackbox keine, Deutungen hingegen viele: Die Bewusstlosigkeit des Fahrers sei vielleicht durch einen Stromschlag ausgelöst worden, durch giftige Batteriedämpfe, vielleicht hätten auch Windböen Schuld an dem Crash. Am Donnerstag sitzt Alonso in Sepang und versucht, mit ein paar Mythen aufzuräumen. Zum Beispiel denen zu seiner Amnesie: "Ich bin weder im Jahr 1995 aufgewacht, noch habe ich Italienisch gesprochen. Ich war nicht bewusstlos im Auto, erst später, nachdem man mir für den Hubschrauberflug Medikamente gegeben hatte." Er könne sich an alles erinnern, auch daran, wie er nach dem Aufprall im Cockpit noch alles ordnungsgemäß ausgeschaltet habe. Nur eins weiß er eben nicht, und das ist das Problem: Wie es überhaupt zu dem Unfall kommen konnte?

Ein technisches Versagen schließt das Team aus

Rennfahrer haben eine immer gleiche Art der Unfallbewältigung. Egal, wie leicht oder schwer sie waren, müssen Unfälle nicht zwingend zu einem Trauma führen - solange sich nachher Hergang und Grund erklären lassen. Denn das nährt den Glauben an die eigenen Fähigkeiten und die der Technik. Und genau daran fehlt es auch fünf Wochen danach noch.

Das Team wiederholt sein Mantra, dass man kein technisches Versagen feststellen konnte. Aber Alonso konnte das nicht genügen. Deshalb hat er in der vergangenen Woche einen Abstecher nach England gemacht. In der Universitätsklinik in Cambridge wurde er von Medizinern auf Fahrtauglichkeit gecheckt, er selbst aber wollte in der Rennfabrik in Woking durch Datenauswertungen und Simulationsfahrten vor allem das technische "Warum?" beantwortet wissen.

Offenbar ist das nicht ganz gelungen, denn sein Auftritt in Malaysia warf mehr neue Fragen auf als Antworten gegeben wurden. "Die Lenkung hat blockiert", sagt Fernando Alonso. Und dafür gibt es keine Erklärung? Die Lenkung ist so ziemlich der heikelste Part an einem Rennwagen, von den Bremsen abgesehen. Lenkung und Bremsen sind die Punkte, bei denen sich die Vertrauensfrage stellt. "Null Zweifel und null Sorgen", hält Alonso entgegen. Dann sagt er, etwas nachdenklicher: "Es ist klar, dass es ein Problem gab. Aber es ist nicht klar, wo das lag. Vielleicht wird man das nie herausfinden." Man habe jetzt zusätzliche Sensoren am Auto und auch Teile der Lenkung verändert.

Beruhigend ist das nicht, aber Alonso behauptet: "Ich habe volles Vertrauen in das Team. Sie haben einen Monat lang alles analysiert, wir haben jetzt das sicherste Auto - und ich bin vermutlich der medizinisch am häufigsten überprüfte Fahrer der Formel-1-Geschichte." Letztgenanntes könnte stimmen. Den letzten Check-up bei den Rennärzten in Sepang, bei dem die zum Jahresanfang erhobenen Daten bei Gedächtnis-, Hör- und Sehtests mit den aktuellen Werten verglichen wurden, bestand Alonso problemlos. Bei größeren Abweichungen müsste der Automobilweltverband FIA ein Startverbot erteilen.

Alsonso wird erst einmal hinterherfahren

Was die sportlichen Aussichten angeht, macht sich Alonso wenig Illusionen. Nach nur 500 Probekilometern sieht er die ersten Rennen als verlängerte Testsaison an: Es sei ein merkwürdiges Gefühl gewesen, die Saisonpremiere vor dem Fernseher erlebt zu haben. Vermutlich auch, weil dort zu besichtigen war, wie groß der Entwicklungsrückstand von Honda beim Hybrid-Motor ist: Alonsos Ersatz Kevin Magnussen kam nicht mal in die Startaufstellung, Jenson Button wurde zweimal überrundet Elfter und damit Letzter.

"Es ist einfach, in der momentanen Situation meine Entscheidung zu kritisieren", sagt der Spanier angesichts der Skepsis, weil er zurück zu dem Rennstall gegangen ist, von dem er Ende 2007 im Eklat geschieden war. Es schwingt auch der Vorwurf mit, dass er zum wiederholten Mal zur falschen Zeit im falschen Auto sitze. Trotzig sagt er: "Nachdem ich so lange dem Erfolg hinterherfahre, habe ich mich entschieden, für das erste Jahr ein Risiko einzugehen."

© SZ vom 27.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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