Formel 1 in Belgien:Alonso fliegt, Vettel siegt

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Spektakulärer Unfall: Nico Hülkenberg bremst zu spät vor Kurve eins, rammt den Wagen von Fernando Alonso - beide schieden aus. (Foto: AP)
  • Sebastian Vettel gewinnt den Großen Preis von Belgien vor seinem härtesten WM-Rivalen Lewis Hamilton.
  • Fernando Alonso verabschiedet sich mit einem heftigen Unfall, den er aber unverletzt übersteht.
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Von Philipp Schneider, Spa-Francorchamps

Sebastian Vettel flog mit seinem Ferrari eine letzte Runde über die Bahn. Einmal hoch den Berg, dann wieder hinunter ins Tal. Noch einmal zogen die Fliehkräfte gewaltig an seinem Körper, in den vielen schnellen Ecken von Spa-Francorchamps. Schon vor diesem Rennen hatte Vettel geschwärmt, wie viel Spaß die Raserei in den Ardennen macht, mit den neuen Rennwagen, die mehr Abtrieb haben als früher, weswegen sich die Kurven rasanter fahren lassen. Nun war der Spaß grenzenlos. Denn Lewis Hamilton, sein Rivale, der WM-Führende, er flog zwar auch. Aber er konnte Vettels Tempo nicht halten. "Die letzten 15 Runden konnte ich mich entspannen", sagte Vettel, am Ende durfte er cruisen. "Heute haben wir bewiesen, dass unser Auto stärker ist", frohlockte Ferrari-Chef Maurizio Arrivabene.

Schon in der ersten Runde hatte sich Vettel in seinem Ferrari an Hamilton vorbeigeschoben, nachdem es einen heftigen Startcrash gegeben hatte. "Er hat mich überholt, als wäre ich gar nicht da", sagte Hamilton, der unmittelbar nach Rennende Vettels Ferrari in Augenschein nahm und meinte: "Sie haben ein paar Tricks im Auto." In der WM-Gesamtwertung verkürzte Vettel, ob nun mit oder ohne Tricks, den Rückstand auf 17 Zähler. In der nächsten Woche geht es nach Monza. Und nirgendwo sonst lässt es sich schöner cruisen in einem überlegenen Rennwagen.

Formel 1
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Sebastian Vettel überholt seinen schärfsten Konkurrenten beim Start des Großen Preises von Belgien - und fährt den Sieg nach Hause. Fernando Alonso übersteht einen heftigen Unfall unverletzt.

Der Regen wirbelt das Qualifying durcheinander

Mercedes und Ferrari haben in Spa jeweils die letzte Ausbaustufe ihrer Motoren für diese Saison präsentiert. Es gibt jetzt noch mal mehr Kraft für Vettel und Hamilton. Die Scuderia hatte schon zuletzt, in der zweiten Ausbaustufe, einen Vorsprung von 38 PS gegenüber Mercedes, was die jüngsten Niederlagen von Vettel zusätzlich schmerzhaft geraten ließ. In Hockenheim war er von der regennassen Strecke gerutscht, in Ungarn profitierte Hamilton von einem Regenguss zur rechten Zeit. Der Brite hatte zweimal Glück. Und am Samstag, im ersten Qualifying nach der Sommerpause, wiederholte sich das Phänomen. Wieder regnete es zur rechten Zeit. Und wieder hatte Hamilton Glück.

In Spa ließ sich erleben, wie viel komplizierter sich eine Qualifikation in Zeiten komplexer Hybridmotoren gestalten kann. Insbesondere wenn es heftig zu regnen beginnt, und dann ebenso plötzlich wieder aufhört zu regnen. Die große Frage, vor der alle Teams standen, als es im dritten Qualifying-Abschnitt zu tröpfeln begann, war: Wie lange würde es regnen?

Vettel, der den Vorteil hatte, seinen letzten Versuch zu unternehmen, als Hamilton bereits wieder in der Box war und die Strecke inzwischen weiter abgetrocknet war, hatte im entscheidenden Moment ein Problem: Ihm ging die Energie aus. Seine Batterie, die beim Bremsen geladen wird, war nicht voll, als er letztmals kreiste. Weil er die Energie auf zwei schnelle Schlussrunden aufgeteilt hatte und nicht nur eine. Wie Hamilton. Der hatte sich in seinem vorletzten Versuch einen Fahrfehler geleistet, was für ihn zum Glücksfall geriet. So konnte er seinen verschenkten Versuch nutzen, um seine Batterie für den finalen Lauf maximal zu laden. Mit sieben Zehntelsekunden Vorsprung fuhr er auf die Pole.

In Spa lässt sich allerdings vortrefflich überholen. Der Start zieht sich nicht nur bis zur ersten Kurve, der Spitzkehre "La Source". Für den Führenden bleibt es gefährlich. Es geht durch die Senke "Eau Rouge", steil den Berg hinauf, dann auf die lange Gerade "Kemmel". Irgendwo dort wollte Vettel Hamilton packen. Und dort packte er ihn. Doch zunächst segelten Autoteile durch die Luft. Nein, ein ganzer McLaren flog herum. Der von Fernando Alonso.

Nico Hülkenberg bremste zu spät vor der ersten Kurve. Er rammte seinen Renault in Alonsos McLaren, schob ihn über den Sauber von Charles Leclerc, der McLaren hob ab und landete im Kiesbett. Rauch stieg auf. Rennen vorbei. Seinen Abschied von der herrlichen Strecke in Belgien hatte sich der zum Saisonende aus der Rennserie fliehende, zweimalige Weltmeister anders vorgestellt. Und der umstrittene Schutzbügel Halo hatte erstmals seit seiner Einführung bewiesen, dass er einen Wert hat. "Ich bin mir sicher, dass der Halo Leclerc heute geholfen hat", sagte Alonso.

Dass sein McLaren ohne den Schutz des Halo den Kopf Leclercs getroffen haben könnte, belegten Kratzspuren am Bügel des Saubers. Und Hülkenberg? Zeigte sich vorbildlich einsichtig: "Der hinten drauffährt, hat Schuld. Ich habe mich vertan." So sahen das auch die Rennkommissare.

In Monza wird Hülkenberg zehn Positionen versetzt. Nach einer Runde hatten sich drei Fahrer verabschiedet: Alonso, Hülkenberg und Leclerc. Daniel Ricciardo musste mit seinem Red Bull an die Box, nachdem sein Heckflügel vom fliegenden McLaren beschädigt worden war. Ricciardo wiederum ramponierte in dem Gerempel noch ein Hinterrad von Kimi Räikkönen, der nach einem Tausch zunächst weiterfahren konnte. Das Safety Car fuhr auf die Strecke. Und aus Vettels Sicht war die wichtigste Tat vollbracht: Er war vorbei an Hamilton. Auf der langen Geraden, auf der in Spa die Rennwagen den Berg hinaufrasen, hoch aus der Eau Rouge, da war er vorbeigeflogen.

Nach vier Runden verließ das Safety Car die Strecke. Verstappen lag auf Position fünf, machte Jagd auf die Racing Point Force Indias, die sich in der chaotischen Qualifikation in die zweite Startreihe gekämpft hatten. Nach acht Runden schnappte er sich Ocon, in der zehnten auch Perez. Nun war und blieb er Dritter. Und Räikkönen war raus. Nach einem Boxenstopp, bei dem seine Mechaniker den Ferrari untersuchten, fuhr er in die Garage.

An der Spitze drehten Vettel und Hamilton einsam Kreise. Vettel fuhr nach dem Start schnell einen Vorsprung auf Hamilton heraus, hielt ihn konstant bei drei bis vier Sekunden. Hamilton rollte als Erster an die Box, ließ sich neue Reifen aufziehen - und bog als Dritter hinter Verstappen wieder auf die Strecke. Ferrari reagierte sofort, lud auch Vettel zum Gummitausch. Nur vorübergehend verkürzte Hamilton den Abstand, nach 27 Runden hatte Vettel den alten Puffer von 3,7 Sekunden wieder herausgefahren - und er vergrößerte ihn bis zum Schluss auf elf Sekunden.

So sausten die Rivalen schnell, aber unterfordert durch die Ardennen. Und Vettel erfreute sich an der Kraft seines Motors, die in Monza noch wichtiger sein wird.

© SZ vom 27.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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