FC Valencia:Irrflug der Fledermäuse

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Am vergangenen Dienstag traf Valencia auf Manchester United - es bleibt beim 0:0. (Foto: Martin Rickett/dpa)
  • Der FC Valencia trifft an diesem Sonntag in der spanischen Liga auf den FC Barcelona.
  • Obwohl sich Valencia für die Champions League qualifiziert hat, hinkt das Team wie so oft in den vergangenen Jahren den eigenen Ansprüchen hinterher.

Von Christoph Söller, Valencia/München

Es war fast Mitternacht, als in Mailand am 23. Mai 2001 die Entscheidung fiel. 74.000 Zuschauer sahen ein furioses Champions-League-Endspiel zwischen Bayern München und dem FC Valencia. Mauricio Pellegrino lief an, er musste treffen für die Spanier. Doch Oliver Kahn hielt den Ball und sicherte den Bayern den Titel, Valencia verlor im zweiten Jahr in Serie das wichtigste Finale im Vereinsfußball.

Dieses Jahr ist der FC Valencia immerhin wieder in der Champions League vertreten, spielte am Dienstag 0:0 bei Manchester United, doch die große Bühne von damals ist fern. Der Start in die laufende Saison ist dem Traditionsklub misslungen. Acht Punkte aus sieben Partien, erst am vergangenen Spieltag gelang gegen San Sebastian der erste Sieg - die Mannschaft hinkt den eigenen Erwartungen hinterher. Wieder einmal. Am Sonntag empfängt der Klub Tabellenführer Barcelona als Außenseiter. Dabei galt die Stadt an der Mittelmeerküste bis vor nicht allzu langer Zeit als eine der besten Adressen Spaniens.

2002 und 2004 gewann der Klub die spanische Meisterschaft, im gleichen Jahr holte die Mannschaft den Uefa-Pokal. Zwischen 2009 und 2012, unter Unai Emery, dem heutigen Arsenal-Trainer, erreichte Valencia dreimal in Serie Platz drei und war nach Barca und Real die dritte Macht im spanischen Fußball. Emerys Vertrag jedoch wurde damals nicht verlängert und es begannen Jahre der Inkonstanz. Zwölf verschiedene Trainer versuchten seitdem ihr Glück bei den Fledermäusen, wie der Klub wegen seines Wappentiers genannt wird. Auf gute Saisonplatzierungen folgen immer wieder unerwartete 2015: Champions-League-Qualifikation. 2016: Platz elf.

Die Gründe für den Verlust einer Ausnahmestellung im europäischen und spanischen Fußball sind wie so oft nicht nur auf dem Platz zu suchen. Im August 2007 wurde mit den Arbeiten für ein neues Stadion begonnen, das 2010 eröffnet werden sollte. 320 Millionen Euro wollte der FC Valencia durch den Verkauf des alten Stadiongeländes einnehmen, die Lage direkt an der Avenida Blasco Ibañez im Osten der Stadt galt als Goldgrube. Aber die Finanz- und Immobilienkrise in Spanien machte dem Verein einen Strich durch die Rechnung. Es fand sich kein Käufer, die gesamte Kalkulation war dahin, der Bau der neuen Arena musste unterbrochen werden. Das neue Stadion ist bis heute nicht fertig, die Neueröffnung erst für 2021 geplant. Die Mannschaft empfängt Barcelona im ehrwürdigen, aber maroden Estadio Mestalla.

"Was will Peter Lim eigentlich mit Valencia machen?"

Durch die Immobilienkrise geriet der Verein finanziell ins Straucheln. Als der Schuldenberg immer weiter anwuchs, wurde auf einer Generalversammlung mit knapp 8000 Mitgliedern der Verkauf des Vereins an einen ausländischen Investor erörtert: Peter Lim. 2014, zu Beginn, feierten die Fans den singapurischen Geschäftsmann, der kaum in der Öffentlichkeit auftritt, als Retter. Doch inzwischen hat er jegliche Beliebtheit eingebüßt, "Lim Go Home" steht auf Transparenten. In Transferfragen soll er meistens Jorge Mendes vertrauen, einem portugiesischen Spielerberater, zu dessen Kundenstamm unter anderem Cristiano Ronaldo zählt. Mendes gilt als einer der einflussreichsten Berater im Weltfußball.

Trotz der Investitionen von mehr als 300 Millionen Euro in den Kader in den vergangenen Jahren war ein nachhaltiges sportliches Konzept lange nicht zu erkennen. Spieler kamen und gingen, darunter der deutsche Weltmeister Shkodran Mustafi, Nicolás Otamendi, Nelson Valdez, oder Paco Alcácer, dessen Verkauf von Peter Lim angeblich ohne Rücksprache mit der sportlichen Führung eingefädelt wurde. Die katalanische Tageszeitung La Vanguardia fragte im vergangenen Jahr: "Was will Peter Lim eigentlich mit Valencia machen?" Die Antwort wusste keiner.

Weil die Erfolge ausblieben, begrenzte Lim zuletzt die finanziellen Zuwendungen. Also änderte zu Beginn der vergangenen Saison der Verein, allen voran Sportdirektor Mateu Alemany, die Strategie. Er fand scheinbar eine gelungene Mischung aus jungen Talenten und gestandenen Profis. Schon in der vergangenen Saison schafften es drei Spieler aus dem eigenen Nachwuchs, der als einer der besten des Landes gilt, in die erste Mannschaft. Valencia trennte sich von flatterhaften Spielern wie Nani oder Alvaro Negredo. Der Italiener Simone Zaza, berühmt seit seinem verschossenen Elfmeter gegen Deutschland bei der EM 2016 und einer der letzten von Lims Großverdienern, wurde vor dieser Saison an den FC Turin verliehen. Und Goncalo Guedes, Wunschspieler von Trainer Marcelino und Publikumsliebling, wurde fest verpflichtet. Michy Batshuayi wurde vom FC Chelsea ausgeliehen.

Das in der vergangenen Saison noch so erfolgreiche frühe Angreifen der Gegner und das folgende Konterspiel funktioniert gerade nicht mehr. Der Tabellenvierzehnte dümpelt nach fünf Unentschieden wieder einmal im Niemandsland der Tabelle. Laut Marca wird Peter Lim gegen Barcelona im Stadion sitzen. Ein paar traurige Transparente werden also wohl auch da sein.

© SZ vom 07.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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