FC Schalke:Stabil ohne Manager

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Auf Schalke gibt es viele wichtige Fragen: Was wird mit Kuranyi? Mit Rafinha? Mit den beiden alten Abwehrbossen? Doch das neue Trainertrio sorgt für Entspannung.

Philipp Selldorf

Mike Büskens brachte vom Trainingsplatz gute Nachrichten von Rechtsverteidiger Rafinha mit. "Es gab keinen Streit, keinen Zoff und keine Schlägerei", berichtete Schalkes Trainer über den brasilianischen Hitzkopf, und auch zur Suspendierung, teilte Büskens weiter mit, habe der Spieler keinen Anlass gegeben.

Die Trainer-Troika Reck/Büskens/Mulder (von links) hat ihren anfänglichen Widerstand aufgegeben. (Foto: Foto: Reuters)

Eingedenk der unruhigen Monate, die Schalke hinter sich hat, klingt das zwar tatsächlich nach einer frohen Botschaft, allerdings hatte Rafinha diesmal wenig Gelegenheit, schlecht aufzufallen, denn während seine Mitspieler die Partie gegen Karlsruhe vorbereiteten, befand er sich in Brasilien bei seiner Frau und der vor zwei Monaten geborenen Tochter. Büskens und seine Trainerkollegen Youri Mulder und Oliver Reck hatten ihm freigegeben, er hätte am Samstag wegen einer Sperre ohnehin nicht mitmachen dürfen.

Dass die Trainer den Heimatbesuch ohne Absprache mit dem Vereinsmanager gewährten, lag einerseits daran, dass sie sich dazu imstande fühlen - "wir sind alt genug", findet Büskens - und andererseits daran, dass Schalke seit der Entlassung von Andreas Müller vor mehr als vier Wochen keinen Manager mehr hat, den sie hätten fragen können. Das wiederum hält Büskens für bedauerlich, "denn das ist ja kein ganz unwesentlicher Posten in einem Fußballverein".

Ein Fußballverein ohne Sportchef ist nach herrschender Meinung ein Verein ohne Kopf und planenden Verstand. In Schalke, das sich nach einer Saison voller Misserfolge sportliche und finanzielle Reformen verordnet hat, fällt die Lücke in der Führungsriege besonders auf, denn außer der Besetzung der Managerstelle und der Lösung der nur vorläufig geklärten Trainerfrage stehen auch richtungweisende Entscheidungen im Profikader an.

Soll Kevin Kuranyi bis zum Vertragsende 2010 in Gelsenkirchen bleiben - oder soll der Klub die letzte Gelegenheit nutzen, um den ständig im Mittelpunkt der Debatten stehenden Stürmer zu verkaufen? Soll man Rafinha behalten - oder den auf dem Markt gefragten Abwehrspieler zu Geld machen? Wer spricht mit den alten Abwehrbossen Marcelo Bordon und Mladen Krstajic? Bordon ist noch bis 2011 an Schalke gebunden, kündigte aber seinen Rückzug an, weil er sich von Verein und Volk nicht mehr ausreichend geliebt fühlt. Krstajic, stolze 35 Jahre alt, würde gern einen neuen Vertrag abschließen, vermisst aber ein klares Wort seines Arbeitgebers.

Im Vorstand hört man sich solche Fragen gelassen an. Präsident und Finanzchef Josef Schnusenberg und Geschäftsführer Peter Peters haben sogar Argumente, die ihre Haltung rechtfertigen, zuletzt haben sie als Aushilfsmanager vorzeigbare Resultate erzielt. Die Nationalspieler Jermaine Jones und Heiko Westermann verlängerten mitten in den finstersten Wochen ihre Verträge bis ins ferne Jahr 2014; in Tschechien und in Uruguay wurden zwei Talente für das Profiteam verpflichtet; und dem Trainertrio Büskens, Mulder & Reck redete man erfolgreich ihren Widerstand gegen die Beförderung aus. Dazu habe man "sehr viele intensive und kontroverse Gespräche geführt", sagt Peters, "und das war auch nötig, um eine stabile Lösung zu haben".

Tagelang hatten sich die drei Co-Trainer aus Solidarität mit ihrem entlassenen Chef Fred Rutten gegen die stabile Lösung gewehrt - nun sieht es allerdings so aus, als ob sie den Job gar nicht mehr abgeben dürfen. Ein einziger Sieg in Bielefeld hat genügt, um die vormals apokalyptische Stimmung umzukehren. Schon stellt Kuranyi fest, "dass es schwer wird, einen besseren Trainer für Schalke zu finden als Mike, Youri und Olli, die genau wissen, wie der Verein tickt".

Und würde die Trainerfrage durch Abstimmung der Anhänger entschieden, bekämen die drei Altschalker wahrscheinlich den Vorzug vor Mourinho und Hitzfeld. Peters sieht es weniger euphorisch. "Gute Stimmung allein macht noch keine heile Welt", sagt er und kündigt an, "dass wir das machen, was wir uns vorgenommen haben: Wir spielen die restlichen Spiele und dann sehen wir weiter."

Was Kuranyi betrifft, ist die Lage im Übrigen dieselbe wie in den Zeiten, als der Verein noch einen funktionstüchtigen Manager hatte. Der Angreifer steht ständig im Zentrum der Spekulationen, in dieser Woche wurde er verschiedentlich mit Werder Bremen in Verbindung gebracht. Das lag jedoch weder an Werder Bremen, das ein Interesse amtlich dementierte, noch daran, dass er in Gestalt von Roger Wittmann und Karlheinz Förster zwei Berater zweier konkurrierender Firmen beschäftigt, die sich gegenseitig nichts Gutes gönnen. Kuranyi: "Beide haben mich angerufen und gefragt, was los sei. Ich hab gesagt: Gar nichts ist los." Das könnte sich bald ändern, wie Peters erklärt: "Wir wollen mit ihm verlängern und werden die nötigen Gespräche zu gegebener Zeit aufnehmen." Mit Beteiligung eines neuen Managers - oder ohne sie.

© SZ vom 11.04.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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