2. Bundesliga:Nach 17 Jahren: Magdeburg-Fans können "Future Card" einlösen

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Zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte in der zweiten Fußball-Bundesliga: Die Fans des 1. FC Magdeburg sind gespannt. (Foto: Peter Förster/dpa)
  • 2001 verkaufte der 1. FC Magdeburg in finanzieller Misere die sogenannte "Future Card": Mit der Karte sollte unter anderem der Eintritt zum ersten Zweitligaspiel des Vereins möglich sein.
  • Am Sonntag steht nun, 17 Jahre später, gegen den FC St. Pauli dieses Spiel an.
  • Die meisten der Fans wollen ihren Kredit von damals aber gar nicht wieder zurück.

Von Fabian Dilger

Vor 17 Jahren hat der 1. FC Magdeburg seine Zukunft verkauft, Olaf Kraus hat damals ein Stück davon erworben: eine Eintrittskarte für das erste Heimspiel des FCM in der zweiten Fußball-Bundesliga. Olaf Kraus, 54, ist ehrenamtlicher Schiedsrichterbetreuer des Vereins, er geht seit 40 Jahren ins Stadion, "ich geb' mein ganzes Geld für den Fußball aus", sagt er. Kraus und die Geschichte der 17 Jahre alten Eintrittskarten stehen beispielhaft für die jüngere Vergangenheit des 1. FC Magdeburg, für finanzielle Schwierigkeiten, Hoffnungen auf eine bessere Zukunft - und für die Treue der Fans, die nun belohnt wird. Denn jetzt ist es so weit, am Sonntag, 13.30 Uhr, gegen St. Pauli: zweite Liga.

Der 1. FC Magdeburg: mehrmaliger Meister und Pokalsieger in der DDR, das einzige DDR-Team mit Europacuptrophäe in der Vitrine, Europapokal der Pokalsieger 1974. Die Zukunft, die der Klub 2001 in Form einer Eintrittskarte verkaufte, hieß "Future Card". Sie war ein Versprechen - zu einer Zeit, als es Magdeburg dreckig ging. Vor der Saison 2001/2002 stand der FCM kurz vor dem finanziellen Kollaps, im Sommer hatten sich alte Schulden und das notwendige Geld für den neuen Spielbetrieb summiert, es fehlten mehrere Millionen Euro. Der Sponsor "Kinowelt" um Chef Michael Kölmel ging im Streit.

Die Fans gaben dem Verein Kredit, ganz wörtlich. Das damalige Präsidium hatte die Idee der Future Card, 2687 Stück wurden abgesetzt, Mindestpreis 250 Euro, viele Fans gaben mehr. "3 Superspiele ... Sie sind dabei!", lautete der Slogan zu einer Zeit, als zwei der Superspiele nichts als Wunschdenken waren. Mit der Karte sollte neben dem Eintritt zum ersten Regionalligaspiel der neuen Saison auch der zum ersten Spiel in einem neuen Stadion und eben zum ersten Zweitligaspiel möglich sein. Olaf Kraus holte sich zwei Stück. Zusammen mit Spenden kam mehr als eine Million Euro zusammen, lokale Banken hinterlegten Bürgschaften. Das reichte für ein Jahr. Dann kam die nächste Krise, 2002 konnte Magdeburg die Insolvenz nicht mehr vermeiden, Hunderte Fans hörten vor der Geschäftsstelle zu, als der Präsident die Nachricht verkündete, sie weinten.

Seit der Wende haben die Magdeburger Fans immer mehr Grund zum Heulen als zum Feiern gehabt. Magdeburg vergeigte nach dem Ende der DDR-Oberliga die Qualifikation für die erste und zweite Bundesliga. Kraus hatte sein erstes Spiel 1977 gegen Schalke im Uefa-Cup erlebt, Magdeburg gewann 4:2, in der Mannschaft standen Spieler wie Joachim Streich, Jürgen Sparwasser und Wolfgang Seguin. In den 1990er-Jahren dagegen hießen die Gegner in der Ober- und Regionalliga Anhalt Dessau, Eisenhüttenstädter FC Stahl und Lok Altmark Stendal.

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Die meisten der Fans wollen ihren Kredit von 2001 heute gar nicht wieder zurück

Nach der Pleite 2002 ging es mit kleinen Schritten aufwärts. Magdeburg stieg von der Regionalliga in die dritte Liga auf. Dort kamen im vergangenen Jahr rund 18 000 Zuschauer im Schnitt, Platz eins in der Zuschauertabelle und, noch wichtiger, Platz eins in der sportlichen Tabelle. Der Aufstieg. Jetzt zweite Liga, "es herrscht eine gewisse Hochspannung", sagt Olaf Kraus, "das ist für viele Neuland". Er selbst hat noch nie ein Bundesligaspiel gesehen, "ich würde zum Beispiel nie nach Wolfsburg fahren", sagt Kraus, der in Wernigerode lebt.

Die meisten der Fans wollen ihren Kredit von 2001 heute gar nicht wieder zurück. Nur 365 Personen haben die alte Future Card gegen ein neues Ticket umgetauscht, sagt der Verein. Der Rest? Viele wollen die Karte als Andenken behalten, sie nicht wieder hergeben, das sei jetzt ein ideeller Wert geworden, höre man oft von den Fans, sagt Magdeburgs Pressesprecher Norman Seidler.

Die meisten, die damals die Future Card gekauft haben, brauchen sie jetzt wahrscheinlich auch überhaupt nicht. Vor der Saison hat Magdeburg 12 500 Dauerkarten verkauft, ein Rekord. Olaf Kraus, der gerne sammelt, verkörpert die Treue mancher Magdeburger Fans noch extremer. Er hat eine lebenslange Dauerkarte, einen Sitzplatz mit Namensschildchen, Haupttribüne, Block 23, Reihe 15, Sitz 1, 5555 Euro hat er dafür bezahlt. Seine zwei Future Cards muss er also sowieso nicht hergeben: "Ich will die Originale behalten", sagt Kraus.

© SZ vom 03.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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