FC Ingolstadt:Rückkehr der Wucht

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Der FC Ingolstadt 04 hofft bei der Relegations- Entscheidung auf Angreifer Stefan Kutschke

Von Johannes Kirchmeier

Mehr als Reinschreien war nicht möglich am Dienstag im Relegations-Hinspiel des FC Ingolstadt 04 beim 1. FC Nürnberg für Stefan Kutschke. Der Angreifer humpelte wegen seiner Oberschenkelprobleme zur Tribüne im Nürnberger Stadion und lümmelte sich danach so sehr in den roten Tribünensitz neben die Auswechselspieler, dass man ihm schnell ansah, wie sehr es ihn frustete, genau in einem der wichtigsten Saisonspiele auszufallen. Statt als Kapitän des eigentlich so stolzen Herausforderers seinen wuchtigen Körper zwischen Ball und Gegner zu platzieren, schaute er von oben zu. Sein Klub hatte vergeblich auf einen Einsatz seines Kapitäns gehofft.

Ohne ihn auf dem Feld kamen dem Drittligisten dann aber jene Selbstsicherheit und Kraft abhanden, die dem Verein die Relegation erst ermöglichten: Keine einzige gefährliche Szene, kein Torschuss kam gar zustande, die Niederlage fiel mit 0:2 noch zu niedrig aus. Insofern verkündete der FCI-Trainer Tomas Oral eine gute Nachricht vor dem Rückspiel am Samstag (18.15 Uhr): "Stefan hat mittrainiert und sieht eigentlich ganz gut aus." Wenn die Kunde Orals diesmal stimmt (ähnlich äußerte er sich ja vor dem Hinspiel), könnten die Ingolstädter immerhin als wahrnehmbarer Herausforderer auftreten.

Auch wenn Oral einschränkt: "Die Clubberer haben jetzt einen Riesenvorteil. Wenn wir es irgendwie hinkriegen würden, wäre es ein Wunder." Auf das er selbstredend noch irgendwie hofft. Dass Kutschke dabei ein elementarer Baustein sein dürfte, zeigte sich in Nürnberg: Die Bälle des FCI flogen davor über Wochen über den halben Platz beziehungsweise per weitem Einwurf in den Strafraum, ehe sie Kutschke, 31, verteilte. Alleine durch die Wucht aus Größe (1,95 Meter) und Gewicht (95 Kilogramm) funktioniert das in Liga drei immer noch prächtig. Am Dienstag veränderte Oral die Vorgehensweise trotz der Abwesenheit des Frontmanns nicht: Plan A, das Motto "hoch und weit bringt Sicherheit", blieb Ingolstadts Mittel der Wahl - aber so mussten die Abnehmer für Kutschkes Ablagen, Fatih Kaya (1,83) sowie Dennis Eckert Ayensa (1,82), in die Kopfballduelle mit FCN-Verteidiger Dinos Mavropanos (1,94) hüpfen. Wenig überraschend unterlagen sie dabei klar.

Bei einem erneuten Ausfall von Kutschke würde Oral seine Taktik jetzt aber vermutlich doch verändern: "Wir dürfen nicht alles auf Stefan reduzieren", sagte er - und sprach danach den Sieg beim TSV 1860 München (2:0) vor einer Woche an. Da musste Kutschke nach einer halben Stunde verletzt vom Feld, setzte sich zu den Ersatzspielern auf der Tribüne und seine Mitspieler begannen auf dem Rasen mit Kaya und dem eingewechselten Eckert Ayensa im Sturm mehr zu kombinieren. Fraglich bleibt, ob das die stärkeren Nürnberger so leicht zulassen. Zudem fehlt anders als vor einer Woche der am Ball begabte Schlüsselspieler Maximilian Beister definitiv, den wie Kutschke muskuläre Probleme im Oberschenkel plagen.

Vor dem Hinspiel gab sich Oral angriffslustig, nun äußerte er sich deutlich zurückhaltender: "Wir wollen nicht großartig poltern. Wir wissen, dass wir nicht unbedingt ein großes Spiel abgeliefert haben. Trotz allem haben sie uns nicht abgeschossen." Eine kleine Chance auf den Aufstieg sieht er schon noch - zumindest, wenn sein Team ein Gegentor vermeide. Andernfalls müsste es aufgrund der Auswärtstorregel in 90 Minuten mit drei Toren Unterschied gewinnen. Das wäre fatal für die Drittligisten, die nach der virusbedingten Pause zwölf Mal in sechs Wochen spielten und dementsprechend müde wirkten sowie ihre zuletzt gewohnte Kompaktheit vermissen ließen bei den Nürnbergern - die auf zwei Spiele weniger in zwei Wochen mehr Spielzeit zurückblicken. "Wir haben nie gejammert und werden das auch jetzt nicht tun", sagte Oral vor der entscheidenden Partie. Einen Moment lang wirkte er zumindest wieder entschlossen, die Relegation doch noch einmal spannend zu machen.

© SZ vom 11.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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