FC Ingolstadt:Planer auf dem Motorrad

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Aus Rückschlägen lernen: Ingolstadts Sportdirektor Michael Henke (li. mit Trainer Tomas Oral) weiß, wie man niedergeschlagene Teams aufrichtet. (Foto: Stefan Bösl/imago)

Michael Henke plant die neue Saison mit wenigen Transfers.

Von Johannes Kirchmeier

Am Nachmittag nach dem bitteren Ende der Zweitliga-Relegation saß Michael Henke, der Sportdirektor des FC Ingolstadt 04, bereits in Lörrach unweit der Grenze zur Schweiz. Henke trank Kaffee mit dem ehemaligen Fußballtrainer Ottmar Hitzfeld, dem er bei Borussia Dortmund und beim FC Bayern München als Co-Trainer assistierte und mit dem er zweimal die Champions League gewann. Natürlich, es ließ sich nach dem Drama nicht ganz vermeiden, war am Sonntag auch noch einmal das 3:1 des FCI vom Abend zuvor gegen den Zweitligisten 1. FC Nürnberg ein Thema.

Hitzfeld und Henke verloren 1999 das Champions-League-Finale mit dem FC Bayern München gegen Manchester United durch zwei Treffer in der Nachspielzeit noch 1:2. Nun verpasste Henke mit dem Drittligisten Ingolstadt den Aufstieg durch ein Gegentor in der Nachspielzeit der Nachspielzeit und aufgrund der Auswärtstorregel. Auch Hitzfeld habe mitgefiebert, berichtete Henke am Montag am Telefon. Sie wissen beide, wie man ein niedergeschlagenes Team aufrichtet: Zwei Jahre nach dem K.o. gegen Manchester gewannen sie die Champions League mit dem FCB. Eine ähnliche Korrektur mit dem FCI wäre Henke, der nun seine erste Saison als Sportdirektor absolviert hat, natürlich nicht Unrecht.

Begehrtester Ingolstädter Spieler ist wohl Maximilian Thalhammer

Ansonsten hat der 63-Jährige das bittere Ende der Spielzeit abgehakt, von Tag zu Tag entfernt er sich auch räumlich immer weiter vom Tatort Sportpark, gerade weilt er in der Schweiz. Er tourt mit seinem Bruder und einem Freund mit dem Motorrad durch Europa, die drei machen das jeden Sommer. Nur die erste Sitzung der neuen Saison erlebte Henke noch am Sonntagmorgen in Ingolstadt, mit dem Direktorenkollegen Florian Zehe und Tomas Oral, der Trainer bleibt. In die nächsten Planungsrunden wählt er sich per Telefon ein. Entscheidungen für die Zukunft sind bislang noch keine gefallen, außer bei der Freizeitgestaltung: Die Mannschaft bekommt mindestens drei Wochen Urlaub. Ab Anfang August wird sie sich dann auf die am 18. September beginnende Drittliga-Saison vorbereiten. Zudem diskutierten die drei Verantwortlichen die Kaderstellen, bei denen Bedarf herrscht. "Fakt ist, dass wir nicht viel machen müssen und auch nicht machen werden", sagt Henke. Den größeren Umbruch startete der Klub bereits nach dem Abstieg vor einem Jahr, als einige junge Spieler aus dem Nachwuchsleistungszentrum zu den erfahrenen hinzukamen.

Das Gerüst soll also bleiben, nun will Henke gezielt Verstärkungen finden, die direkt in der Startelf helfen könnten. "Ich kann nicht sagen, ob wir zwei, drei oder vier Spieler dazu kriegen." Es gelte das Motto: "Lieber einen weniger, dafür Qualität."

Die bange Frage nach einem knapp verpassten Aufstieg ist oft, ob die eigentlich erfolgreiche Mannschaft zusammengehalten werden kann. Meist wecken die Spieler Begehrlichkeiten in höheren Ligen. Dem 1. FC Heidenheim geht es nach der Relegationsniederlage um einen Bundesliga-Platz nicht viel anders. Bei den Ingolstädtern ist wohl der seit Montag vertragslose Maximilian Thalhammer, 23, am begehrtesten. Er hat das Potenzial für die zweite Liga bereits als Leihspieler in Regensburg nachgewiesen. Aufgegeben hat Henke den Kampf um den im Klub ausgebildeten Mittelfeldmann nicht: "Man hat an seinen Emotionen am Samstag gemerkt, wie sehr er an diesem Verein hängt." Schon vor einem Jahr konnte Henke ihn zum Bleiben überreden, nun liege es wieder an Thalhammer, sich zu entscheiden. Auch der auf allen defensiven Positionen einsetzbare Björn Paulsen und der mit 14 Toren beste Stürmer Dennis Eckert Ayensa sollen umworben sein. Bei beiden ist Henke zuversichtlich, dass sie bleiben, das ganze Team fühle sich "pudelwohl". Doch auch er kennt die Mechanismen: Wenn höherklassige Vereine anfragen, wird es oft trotzdem schwierig.

Daher will der Verein selbst bald wieder zu eben jenen höherklassigen Klubs gehören: "Es gibt aber keinen Automatismus, dass man nächstes Jahr eine Position höher rutscht", warnt Henke. Mit weniger Schwächephasen könnte das jedoch seiner Meinung nach schon klappen: In der Hinrunde konnte der FCI fünf Spiele in Serie nicht gewinnen, später blieb er noch einmal sechs Mal in Serie sieglos. Alleine mit einem Punkt mehr in diesen elf Partien wären die Ingolstädter direkt aufgestiegen. Daher sollen diese Auszeiten künftig wegfallen, fordert Henke. Denn eines sei klar: Es warte eine "knallharte Saison" auf die Ingolstädter.

© SZ vom 14.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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