FC Ingolstadt:Entzug des Sorgerechts

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„Sicher hätte ich mir einen anderen Abschied nach einer intensiven und aus meiner Sicht erfolgreichen Tätigkeit gewünscht.“ – Harald Gärtner. (Foto: Stefan Bösl/imago)

Zäsur nach 12 Jahren: Dauer-Geschäftsführer Harald Gärtner muss den abstiegsbedrohten Zweitligisten FC Ingolstadt verlassen.

Von Johannes Kirchmeier und Markus Schäflein

Der FC Ingolstadt 04 wurde bekanntlich erst im Jahre 2004 gegründet, und im März 2007 wurde Harald Gärtner Sportdirektor. In der Regionalliga Süd, die es schon lange nicht mehr gibt. 12 Jahre lang war Gärtner, der von den Sportfreunden Siegen kam, die es heute nur noch in der Amateur-Oberliga gibt, in Ingolstadt tätig. Um prozentual so lange im Amt zu sein, müsste ein Angestellter beim anderen FC 04, auf Schalke, 92 Jahre lang wirken. Mit einigem Recht lässt sich also behaupten: Harald Gärtner war der FC Ingolstadt. Das ist er jetzt nicht mehr, am Mittwochnachmittag gab der abstiegsbedrohte Fußball-Zweitligist die Trennung bekannt, der Dauer-Geschäftsführer wurde freigestellt. Vorstandschef Peter Jackwerth dankte Gärtner und erklärte: "Der heutige Tag ist eine Zäsur - aber es wird weitergehen."

Wie sich das gehört nach 12 Jahren, gab der Klub Gärtner die Möglichkeit, das letzte Wort zu haben. "Sicher hätte ich mir einen anderen Abschied nach einer intensiven und aus meiner Sicht auch erfolgreichen Tätigkeit gewünscht", durfte er auf der Vereinshomepage sagen. "Wir haben zuletzt mehrere Gespräche geführt über die sportliche und strategische Ausrichtung des Vereins für die Zukunft, in denen es unterschiedliche Auffassungen zwischen dem Aufsichtsrat und mir gab." Es ist ja eine gute Frage, wie und wie viel der FC Ingolstadt im Sommer investieren will, um sich in der zweiten Liga zu verbessern - oder die dritte Liga zu verlassen.

Den ungewöhnlichen Zeitpunkt der Bekanntgabe des Abschieds, kurz vor dem richtungsweisenden Heimspiel um den Klassenverbleib gegen den direkten Konkurrenten Sandhausen am Sonntag (13.30 Uhr), erklärte Gärtner auch. Der Aufsichtsrat wolle eben "frühzeitig und gezielt, aber ohne Druck den Markt sondieren". Er habe "das akzeptiert, weil es mir in all den Jahren meiner Arbeit immer um den Erfolg des Vereins ging und nie um meine Person". In der Tat wollte Gärtner nie im Rampenlicht stehen; 2011 rückte der gebürtige Gießener vom Sportchef auf zum Geschäftsführer Sport und Kommunikation. Zuständig für die Durchführung von Transfers war er damit weiter, aber im Hintergrund. Im Blickpunkt standen meist die Trainer wie Benno Möhlmann, Tomas Oral oder Ralph Hasenhüttl; und in der Sportlichen Leitung werkelte vor Gärtner erst Thomas Linke sehr gut, dann Angelo Vier nicht so gut. Nach dessen Entlassung war letztlich wieder Gärtner als Interims-Sportdirektor tätig. Er war gerade damit betraut, einen Nachfolger für Vier zu finden. Diese Suche muss jetzt vermutlich wieder von vorne starten, ähnlich wie die Vorbereitung der neuen Saison, in der gerade Sportdirektoren anderer Klubs stecken.

Gärtner wusste im wahrsten Sinne des Wortes, wo der FCI herkam. Er zog gemeinsam mit dem Verein von einem Wohnhaus in der Gaimersheimer Straße ins Gewerbegebiet, wo er maßgeblich für den Ausbau der Infrastruktur des wachsenden Vereins und des Nachwuchsleistungszentrums (NLZ) war. Im 2014 erbauten Funktionsgebäude hatte er sein Büro im zweiten Stock, von dort konnte er das überblicken, was er gemeinsam mit Jackwerth geschaffen hatte: vom Stadion bis zu den für Zweitliga-Verhältnisse herausragenden Trainingsanlagen. Jackwerth sprach zwar gerne vom FCI als seinem "Baby", das er gegründet hat, doch auch Gärtner hatte einen Sorgerechtsanspruch.

Selbst als der Klub mal zwischenzeitlich in die dritte Liga abstieg, kurierte er sich schnell und schaffte es 2015 in die Bundesliga. Lediglich nach dem Bundesliga-Abstieg 2017 wurde es stürmisch. Der Geschäftsführer scheiterte auch an seinem eigenen Anspruch: Er schaffte es nicht, einen schlagkräftigen Kader zusammenzustellen, der um den Wiederaufstieg kämpfte. Besonders an einem treffsicheren Stürmer fehlte es. Daher wurde die Kritik an ihm in Ingolstadt heftiger. Die Erwartungshaltung im Umfeld war gestiegen. "Sicher habe ich auch Fehler gemacht", sagte Gärtner zum Abschied. "Ich weiß heute sehr genau, was vorübergehend an dem einen oder anderen Punkt schief gelaufen ist. Aber darum soll es nicht mehr gehen." Sondern darum, dass der FCI noch in der zweiten Liga bleibt. Er sei da optimistisch.

© SZ vom 28.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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