FC Ingolstadt:Die neue Zufriedenheit des Trainers

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Marc Stendera. (Foto: Marc Schueler/imago)

Nach turbulenten Monaten will der FC Ingolstadt im DFB-Pokal gegen Düsseldorf überraschen: mit einem angepassten Motto und Verstärkungen für den Kader.

Von Johannes Kirchmeier

Am Donnerstagmorgen hat sich dann doch jemand aus dem Trainerteam einen Schwamm gepackt. Er hat die Namen und die Daten von der Tafel im Trainerbüro gewischt. So, als wollte er damit das Zeichen setzen, dass Vergangenes vergangen ist beim FC Ingolstadt 04 und nun wieder Raum für frische Ideen ist beim Drittligisten und seinen Coaches.

Am 22. August musste der FC Ingolstadt ja seine Fahrt ins Trainingslager nach Südtirol absagen nach einem Coronafall im Team, anfangs waren alle Spieler in Quarantäne. Nach einigen Tagen Training im Homeoffice stießen nach und nach wieder Spieler hinzu. Auf der Tafel standen von da an die Fußballer, die als Kontaktpersonen des Infizierten nicht mittrainieren durften. Die Daten daneben verrieten, wann sie wieder bereit fürs Mannschaftstraining waren. Der Letzte durfte am 8. September wieder aufs Vereinsgelände. Es ist das Gegenteil einer geregelten Vorbereitung, aber: "Jetzt sieht es wieder nach einer richtigen Fußballmannschaft aus", sagt der Sportdirektor Michael Henke. Ein wenig tat er natürlich auch seinen Teil dafür: In dieser Woche verpflichtete er noch die beiden Zugänge Dominik Franke und Marc Stendera. Maximilian Wolfram wurde kurz vor dem Saisonstart zum Ligakonkurrenten FSV Zwickau verliehen.

Nun gilt der Fokus des FC Ingolstadt dem Auftakt am Samstag. Dann trifft die Mannschaft von Trainer Tomas Oral in der ersten DFB-Pokalrunde auf den Bundesliga-Absteiger Fortuna Düsseldorf (18.30 Uhr). Die Ingolstädter hatten nach dem dramatischen Saisonende und der bitteren Niederlage in der Zweitliga-Relegation gegen den 1. FC Nürnberg ohnehin schon die kürzeste Vorbereitung in der dritten Liga - und in die fiel nun auch noch die Quarantänezeit. "Unser Motto muss sein: Akzeptieren, was man nicht ändern kann und ändern, was möglich ist", sagt Oral.

Es bleibt ihnen ja nichts anderes übrig. Sie werkeln daher so ein bisschen an der altbekannten Pokalgeschichte des Underdogs in Ingolstadt, der Widerstände überwinden muss und dem so eine neue Stärke im Duell mit dem Ranghöheren erwächst. Nur sind die Widerstände im Sommer mittlerweile sehr viele geworden, ein Weiterkommen gegen Düsseldorf würde fast schon an der Filmreife kratzen. Entgegen kommt dem Drittligisten, dass der Gegner ebenfalls geschwächt ist. Die Fortuna hatte auch mit Coronafällen zu kämpfen und setzte ein paar Tage mit dem Training aus, allerdings war das eine Woche vor der Pause in Ingolstadt: "Ich baue auch darauf, dass bei Düsseldorf nicht alles glatt lief", sagt Henke, wenn er über die Chancen seines Teams spricht.

Außerdem ist ihm auch die neue Zufriedenheit des Trainers aufgefallen, der die Einheiten am Mittwoch in bester Stimmung beendete. Manchmal reicht es dafür eben schon aus, wenn zur Abwechslung einfach mal wieder eine ganze Mannschaft mittrainiert - und zu Wochenbeginn ein Zugang wie Stendera, 24, zur Mannschaft stößt. "Wir mussten nicht die Masse verpflichten, wir brauchten Qualität, die uns besser macht", sagt Henke. Stendera könnte vielleicht bald als Beispiel dafür herhalten, er ist der lange gesuchte Ersatz für den Spielgestalter Maximilian Thalhammer, der den Klub nach Vertragsende zum Zweitligisten SC Paderborn verlassen hat. Ob der Neue allerdings schon gegen Düsseldorf helfen kann, erscheint fraglich. "In den kommenden Trainingseinheiten bei uns muss er jetzt noch etwas aufholen", sagt Oral. "Doch das bekommen wir hin - zumal seine Fähigkeiten am Ball außer Frage stehen."

Im Juli war Stenderas Vertrag beim Zweitligisten Hannover 96 ausgelaufen, wo der frühere Junioren-Nationalspieler eher unstet zum Einsatz kam. Nachdem er bereits als junger Kicker bei Eintracht Frankfurt in der Bundesliga auffiel, machten ihm später mehrere Verletzungen zu schaffen. Nun wagt er den Neuanfang in Liga drei. Wegen seiner Vergangenheit bei der Eintracht, den Verletzungen, aber auch seines Potenzials als Taktgeber nannte ihn die örtliche Zeitung Donaukurier schon einen "Kittel 2.0" - zu Zweitliga-Zeiten war Sonny Kittel der prägende Mann beim FCI. "Marc hat sich auch mit Sonny ausgetauscht und der konnte ihm viel über uns erzählen", sagt Henke. In der Ruhe Oberbayerns kam Kittel einst selbst wieder richtig auf die Beine, jetzt kickt er beim Hamburger SV.

Ob neben Stendera, dem Linksverteidiger Franke, Mittelfeldspieler Rico Preißinger und Torwart Robert Jendrusch noch weitere Zugänge kommen? "Das kann ich noch nicht sagen. Wir haben aber nicht zu wenig und nicht zu viel, ich bin mit der Kadergröße ganz zufrieden", sagt Henke. Im Hinterkopf hat er aber schon, dass nach den ersten Saisonspielen noch einmal von den Klubs nicht berücksichtigte Spieler auf den Transfermarkt kommen. Und die Zeit bis zum Fristende ist in diesem vom Virus veränderten Fußballjahr auch ungewohnt lang (5. Oktober). Raum für frische Ideen hätten sie ja jetzt wieder beim FC Ingolstadt.

© SZ vom 12.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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