FC Bayern reist nach Katar:Beim zweiten Mal ist alles anders

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Das Trainingslager in Katar vor einem Jahr war der Anfang vom Ende der Ära Van Gaal. Diesmal fliegt der FC Bayern in außerordentlich guter Stimmung nach Doha. Bastian Schweinsteiger legt das Saisonziel fest: den Gewinn der Champions League. Und sogar Breno soll wieder um die Stammplätze kämpfen.

Philipp Schneider, München

Um 13 Minuten nach acht passierte auch Breno Vinicius Rodrigues Borges den Metalldetektor in der Sicherheitsschleuse des Münchner Flughafens und nein, die Maschine schlug nicht aus, natürlich blieb alles ruhig.

Der Innenverteidiger des FC Bayern war der letzte Spieler, der sich am frühen Montagmorgen auf den Weg zum Lufthansa-Flug LH 2570 in Richtung Doha begab, und die letzten Meter vor der Kontrolle marschierte Breno alleine. In sich versunken. Er lief in einigem Abstand hinter Manuel Neuer und Diego Contento, die gerade in einen angeregten Plausch vertieft waren, mit Kopfhörern hatte er sich abgeschottet von der Welt.

Doch es gab auch jene Momente an diesem Morgen, in denen er sich glücklich zeigte. Ja, Breno scherzte und lachte. Erst vor wenigen Tagen hatte das Münchner Landgericht seine Meldeauflagen dahingehend geändert, dass er in das Trainingslager mitreisen durfte. Obwohl das Ergebnis eines Ermittlungsverfahrens gegen ihn wegen des Verdachts auf schwere Brandstiftung noch aussteht.

Sportdirektor Christian Nerlinger jedenfalls zeigte sich vor dem Abflug zuversichtlich, dass sich der Brasilianer noch zu einem tragenden Element im Mannschaftsgefüge entwickeln kann ("Er ist auf dem Weg, voll integriert zu werden, der Zeitpunkt ist gekommen, wo er um seinen Platz in der Mannschaft kämpfen kann"), und wenn man so will, ist die Causa Breno die einzige psychologische Hypothek, die die Bayern auf die bis 11. Januar dauernde Reise in das arabische Emirat begleitete.

Denn sportlich stehen sie außerordentlich gut da: In der Bundesliga verwaltet der Klub einen Vorsprung von drei Punkten auf den deutschen Meister Borussia Dortmund an der Tabellenspitze, im Pokal steht bereits das Viertelfinale an - und in der Champions League wartet nun nach einer bemerkenswert souveränen Gruppenphase im FC Basel ein schlagbarer Gegner.

Hinzu kommen wichtige Entwarnungen aus der medizinischen Abteilung, neben Arjen Robben kann auch Bastian Schweinsteiger nach seinem Schlüsselbeinbruch und wochenlanger Zwangspause nun in Doha wieder voll ins Mannschaftstraining einsteigen. "So die ganz schweren Sachen rumzuwerfen, das klappt noch nicht", relativierte Schweinsteiger zwar, aber seit der größte Freund der Medizinbälle, Felix Magath, nicht mehr Übungsleiter bei den Bayern ist, erwartet das auch niemand von ihm.

Erfolgreiche Transfers in der Bundesliga
:Ausgegraben und aufgeblüht

Sie kamen aus der Provinz, sie waren abgehalfterte Ersatzspieler, sie wurden von anderen Vereinen davongejagt. Im neuen Klub wurden diese Profis zu Helden. Vor dem Winter-Transferfenster: Eine Erinnerung an die Transfercoups der Bundesliga.

Er wolle sich nun "langsam rantasten", sein größtes Ziel sei in diesem Jahr der Gewinn der Champions League, das Finale wird bekanntlich am 19. Mai in München ausgetragen: "Es heißt ja immer, die Meisterschaft sei am wichtigsten, weil sie unser tägliches Brot ist. Ich sehe das anders."

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Sie kamen aus der Provinz, sie waren abgehalfterte Ersatzspieler, sie wurden von anderen Vereinen davongejagt. Im neuen Klub wurden diese Profis zu Helden. Vor dem Winter-Transferfenster: Eine Erinnerung an die Transfercoups der Bundesliga.

In Doha werden die Spieler nun zwei Trainingseinheiten täglich absolvieren bei "perfektem Wetter und Platzverhältnissen, die überragend sind", wie Kapitän Philipp Lahm in feinstem Fußballsprech verkündete, hinzu kommen Testspiele am Samstag gegen Al Ahly Kairo sowie am Dienstag kommender Woche in Delhi gegen das Nationalteam von Indien.

"Es ist sehr wichtig, dass man wieder mal richtig trainieren kann", sagte Trainer Jupp Heynckes, primär will er Standards einüben, wegen der Vielzahl an Englischen Wochen sei dies zuletzt kaum möglich gewesen. Er kann auf seinen gesamten Kader zurückgreifen, selbst die wechselwilligen Ivica Olic und Daniel Pranjic sind dabei, da der Klub ihnen keine Freigabe erteilt hat.

Und wenn sie erst einmal am Ort sind, dann wird sich der eine oder andere Spieler auf die Situation vor zwölf Monaten zurückbesinnen, als die Bayern zum ersten Mal ihr Winterlager in Katar aufgeschlagen hatten. Der Vergleich zwischen damals und heute würde einen maximalen Kontrast offenlegen, denn Doha 2011 war der Anfang vom Ende des Trainers Louis van Gaal: Mit 14 Punkten Rückstand auf den späteren Meister Dortmund waren sie angereist, angekommen in Katar preschte der holländische Trainer dann mit einer mutigen und leicht selbstherrlichen Entscheidung voran wie einst Lawrence von Arabien auf seinem wilden Kamelritt nach Akaba.

Ohne sich mit Sportdirektor Nerlinger abgesprochen zu haben, tauschte er den gestandenen Torwart Hans Jörg Butt gegen den Debütanten Thomas Kraft - das Verhältnis zwischen Nerlinger und van Gaal war fortan zerrüttet. Für schlechte Stimmung sorgte damals auch Kapitän Mark van Bommel, der in Doha miterleben musste, wie sich Zugang Luiz Gustavo als sein Nachfolger in die Mannschaft spielte - kurze Zeit später wechselte er zum AC Mailand. Unter Heynckes hat sich das Gesicht der Mannschaft gewandelt, der Erfolg ist zurückgekehrt.

An van Gaal erinnert nur noch Doha an sich. Dem Holländer gefiel es damals nämlich so gut, dass er seinen arabischen Gastgebern am Ende versprach: "Nächstes Jahr kommen wir wieder."

© SZ vom 03.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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