FC Bayern:Martínez stellt Ancelotti eine Denkaufgabe

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  • Javi Martínez spielt sich beim Sieg des FC Bayern München gegen den 1. FC Köln in den Mittelpunkt.
  • Die Form des Spaniers stellt seinen Trainer Carlo Ancelotti vor neue Aufgaben.
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Von Christopher Gerards, Köln

Es lief die 79. Minute am Samstag, und jetzt drohte noch mal Gefahr für den FC Bayern. Anthony Modeste hatte gerade David Alaba überlaufen, nur ein Bayern-Verteidiger stand noch im Weg. Modeste flankte also in die Mitte, ein Mitspieler war vorgelaufen, in der Hoffnung aufs 1:2. Es war keine schlechte Flanke, eigentlich war sie sogar ziemlich gut. Sie hatte eine schöne Höhe, eine gute Härte, und platziert war sie auch. Aber dann geschah etwas, womit weder die Flanke noch Modeste gerechnet hatten. Dieser eine Bayern-Verteidiger, der da stand, legte sich in die Luft wie ein Kunstturner, und auf unerklärliche Weise bekam er seine Haxen in die Flanke. Der Ball flog ins Aus. Kein Tor. Weiter 2:0 für den FC Bayern.

Der Verteidiger des FC Bayern war Javi Martínez. Und er hatte in diesem Spiel nicht nur das 2:1 verhindert. Er hatte eine gute Stunde vorher nach einer Ecke das 1:0 einfach selbst geschossen.

Das ist ja die eigentliche Nachricht vom Samstagabend: dass der FC Bayern ein Spiel gewinnt, ohne dass Robert Lewandowski treffen muss. Javi Martínez, Juan Bernat, Franck Ribéry - das waren die Torschützen bei diesem 3:0 (1:0). Der Samstag in Köln war, abgesehen von Ribéry, der Tag der Unauffälligen, und unter allen Unauffälligen des FC Bayern ist Martínez der unauffälligste. Er ist ein typischer Trainer-Spieler, keiner der Künstler, die mit Dribblings und Haken das Volk bespaßen, aber taktisch klug, zweikampfstark; und wie man ein Spiel aufbaut, das braucht ihm auch keiner erzählen. Aber am Samstag hat Martinez, 28, eine Ausnahme gemacht, er war jetzt nicht der unauffälligste Bayer. Er war der beste Spieler auf dem Platz.

"Ja, wir (Juan Bernat und er, d. Red.) treffen sonst nicht so oft, da freut es mich besonders", sagte er hinterher. Und als ein Reporter ihn fragte, ob seine starke Form auch an seinem Baby liege, lachte Martínez. Er sagte: "Nein, ich glaube eher, dass es daran liegt, dass ich endlich mal wieder verletzungsfrei bin."

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Martínez hat einen langen Anlauf genommen. Der Spanier hat in der vergangenen Saison wahrscheinlich mehr Verletzungen gesammelt, als es überhaupt gibt, erst litt er an Patellasehnenproblemen, dann an einem Meniskusschaden, später zwickte das Sprunggelenk. Nur 16 Bundesligaspiele machte er, in dieser Saison hat er nach 23 Spieltagen schon 18 Mal von Beginn an gespielt. Und ein Tor, das hat er jetzt auch geschossen.

Wer verstehen will, wie wichtig Martínez gerade ist, der muss nur ein Jahr zurückgehen, in den Februar 2016. Es war die Zeit, als sowohl Jérôme Boateng wie auch Martínez verletzt fehlten. Unter größten Nöten litten die Bayern in der Abwehr, und diese Nöte waren so groß, dass Pep Guardiola einmal sogar eine Innenverteidigung aufs Feld schickte, die aus Joshua Kimmich bestand und Serdar Tasci.

Und jetzt? Kommt eine neue Not dazu, wobei: So schlimm ist sie gar nicht für einen Trainer. Diese Not besteht darin, dass Carlo Ancelotti nicht genug Plätze zur Verfügung hat, um all seine Verteidiger unterzubringen.

Bald muss er sich entscheiden, welche beiden Spieler er künftig zusammenspielen lässt: Martínez, Mats Hummels und/oder Boateng? Hummels spielte zuletzt jedenfalls wie einer, den man nicht auf die Bank setzt. Und Boateng, seit Mitte Dezember mit einer Schulterverletzung ausgefallen, ist jüngst wieder ins Training gestartet, nächsten Samstag könnte er im Kader stehen. Was das alles für Martínez bedeutet, ist Ancelotti am Samstag gefragt worden. Er habe dann "einen weiteren Spieler, den ich aufstellen kann", sagte der Bayern-Trainer nur. Offensivspieler Franck Ribéry drückte es so aus: "Ich habe immer gesagt: Wenn wir viele Titel gewinnen wollen, brauchen wir alle Spieler."

Das ist ja der Vorteil, den Martinez mitbringt. Er ist eine Art Alaba light, er kann so ziemlich auf jeder Position spielen, die es gibt in seiner Sportart. Er kann in der Innenverteidigung spielen wie im defensiven Mittelfeld, einmal ist er unter Pep Guardiola sogar im offensiven Mittelfeld angetreten und sah dabei nicht mal schlecht aus. "Ich muss diese Konstanz beibehalten, dann kann ich dem Team helfen", sagte Martínez nur. Mehr musste er auch gar nicht sagen.

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