FC Bayern in der Champions League:"Gegen eine so starke Mannschaft haben wir noch nie gespielt"

Lesezeit: 3 min

Bayerischer Jubel: Robert Lewandowski (rechts) und Arturo Vidal. (Foto: Michaela Rehle/Reuters)

Fünf Siege, 20:0 Tore - das ist die Bilanz des FC Bayern unter Carlo Ancelotti. Champions-League-Gegner Rostow ergibt sich unterwürfig.

Aus dem Stadion von Matthias Schmid

Als die Fußballfreunde in der Südkurve das Geburtstagsständchen für Thomas Müller anstimmten, begann Arturo Vidal ausgiebig, seine Adduktoren zu dehnen. Langsam und gemächlich tat das der Chilene, während die Melodie von "Happy Birthday" über Vidal hinweg zu Müller wehte. Der Bayern-Stürmer lächelte und applaudierte den Münchner Sängerknaben geschäftsmäßig.

Müller und Vidal waren an diesem ersten Champions-League-Abend gegen den russischen Vertreter FK Rostow erst nach der Partie die prägenden Figuren. Müller, weil er im Stadion seinen 27. Geburtstag feierte und Vidal, weil er so herrlich krumme Verrenkungen machte. Die Geschichte des Spiels war indes eine, die den Konkurrenten in der Bundesliga nicht gefallen dürfte. Die hatten sich schließlich schon in der vergangenen Saison der Überlegenheit des FC Bayern ergeben und Glückwunschschreiben zur Meisterschaft nach dem ersten Spieltag fertig gedruckt in der Schublade liegen.

Auch in dieser Spielzeit dürfte es nicht mehr darum gehen, ob die Münchner den fünften Titel in Folge gewinnen, sondern wann. An Weihnachten? An Ostern? Oder vielleicht doch erst am drittletzten Spieltag? Wenn der 5:0-Sieg gegen überforderte Russen am Dienstagabend eine verlässliche Erkenntnis lieferte, dann die, dass Bayern-Cheftrainer Carlo Ancelotti schon früh in der Saison die Mannschaft munter durchwechseln kann - ohne erkennbaren Leistungsabfall.

Fast wie unter Pep Guardiola

Im Gegenteil, der Italiener kann es sich erlauben, schon zum Auftakt in der Champions League Weltmeister wie Philipp Lahm und Xabi Alonso oder den formstarken Franck Ribéry für das nächste Bundesligaspiel am Samstag gegen den FC Ingolstadt zu schonen, um Spieler wie den zweifachen Torschützen Kimmich, Rafinha und Juan Bernat bei Laune und im Wettkampfmodus zu halten. "Wir können viel rotieren, weil wir einen starken Kader haben und den auch brauchen für drei Wettbewerbe", erklärte Torhüter Manuel Neuer nach der Partie.

FC Bayern in der Einzelkritik
:Kimmich schraubt sich hoch wie Hrubesch

Bayerns Nationalspieler glänzt mit Aktionen, die an alte Helden erinnern. Mats Hummels kriegt Stollen ins Gesicht und Thiago genießt das Spiel wie einen freien Tag. Die Bayern in der Einzelkritik.

Aus dem Stadion von Matthias Schmid

Das Spiel gegen Rostow, immerhin Meisterschaftszweiter in Russland in der vergangenen Saison, sah in der Anfangsphase mehr nach einem Pokalspiel gegen einen Viertligisten aus. So zurückgezogen und ängstlich trat selten eine Mannschaft in der Fröttmaninger Arena auf. Selbst Werder Bremen am ersten Spieltag (0:6) versuchte, etwas mehr Fußball zu spielen. Rostow verteidigte mit zwei Fünferreihen vor dem eigenen Strafraum. "Zu Beginn war es schwierig, weil die Räume sehr eng waren", gab Ancelotti zu. "Wir haben dann mehr Flanken geschlagen."

Die ersten Minuten erinnerten an die vergangene Saison unter Pep Guardiola. Wie eine Handballmannschaft ließen die Bayern den Ball vor dem gegnerischen Strafraum zirkulieren, manchmal minutenlang. Die Russen wollten den Ball einfach nicht haben und waren schon froh, wenn sich die Münchner das Spielgerät locker hin und her passten, denn dann konnte ja kein Tor fallen.

Zunächst spielten die Bayern aber zu gemütlich, das kreative Überraschungsmoment fehlte. Für das sorgte dann wenigstens der englische Schiedsrichter Anthony Taylor, der in der 28. Minute ein Foulspiel an Lewandowski erkannt hatte, den Elfmeter verwandelte der Pole sicher zum 1:0. "Nach der Führung wurde es einfacher und wir haben es geschafft, noch mehr Chancen zu kreieren", betonte Ancelotti. Müller (45.+2) erhöhte zur Pausenführung.

Nach dem Wechsel brachte der Italiener den Spanier Juan Bernat für Mats Hummels ein, der einen Stollen ins Gesicht gerammt bekommen und eine leichte Schädelprellung erlitten hatte. "Er fühlte sich nicht ganz gut, deshalb habe ich ihm eine Pause gegönnt", sagte Ancelotti. Bernat verteidigte dann nicht handelsüblich hinten links, sondern stürmte über die linke Seite immer wieder nach vorne. Er bereitete das zweite Tor von Kimmich zum 4:0 (60.) wunderbar vor und schoss das fünfte und letzte Tor nach einem feinen Doppelpass mit Ribéry selbst (90.). Bernat würde in jeder anderen Bundesliga-Mannschaft vermutlich von Anfang spielen, gegen Ingolstadt muss er aber wohl wieder von der Bank aus zuschauen.

Die nächste Aufgabe wird schwerer

"Gegen eine so starke Mannschaft haben wir noch nie gespielt", gab Rostows Trainer Ivan Daniliants hinterher unterwürfig zu. Wie sein Team kürzlich Ajax Amsterdam mit 4:1 besiegen konnte, werden sich nicht nur die Bayern-Spieler gefragt haben. Ihr Trainer Ancelotti interessierte das Vorspiel weniger, auch wenn man ihn daran erinnerte, dass er schon einmal gegen Rostow gespielt habe. Mit Juventus Turin Ende der Neunziger Jahre. Lange her das alles. Er beschäftigte sich in der Gegenwart lieber schon mit der Zukunft. Und da findet er Gefallen an der Darbietung seiner Mannschaft, nicht nur gegen Rostow.

Addiert man alle Pflichtspiele in dieser Saison zusammen, kommt der FC Bayern unter Ancelotti auf fünf Siege und 20:0 Tore. Genüsslich stellte der 57-Jährige deshalb fest: "Wir sind konkurrenzfähig, um auch in der Champions League um den Titel mitzuspielen. Aber das erste Ziel ist erst einmal der Gruppensieg." Doch so entspannt wie gegen Rostow dürften die nächsten Spiele nicht laufen. Vor allem das zweite Champions-League-Spiel nicht. Am 28. September reist der FC Bayern zu Atlético Madrid, an das Halbfinale in diesem Jahr denkt in München niemand gerne zurück.

© Süddeutsche.de/schma - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Gladbach in der Champions League
:Regen, der sämtliche Anforderungen einer Sintflut erfüllt

Weil über Manchester ein biblisches Unwetter niedergeht, wird das Champions-League-Auswärtsspiel von Mönchengladbach auf Mittwochabend verschoben - gegen den Willen der Borussia.

Von Javier Cáceres

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: