FC Bayern düpiert Lille:Zum Fürchten gut

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Mit einem 6:1 gegen den OSC Lille erspielt sich der FC Bayern eine sehr gute Ausgangssituation in seiner Champions-League-Gruppe. Claudio Pizarro erzielt dabei drei Tore in der ersten Hälfte - und dass die Münchner jetzt auch per Freistoß treffen, ist eine zusätzliche Pointe.

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Manuel Neuer gibt den Ultra in Rot, Bastian Schweinsteiger den Häuptling der Fußball-Gang: Beim Spaziergang mit einem überforderten Gegner aus Frankreich zaubert der FC Bayern wie ihr Vortänzer Franck Ribéry, den "footballeur de la rue". Die Münchner beim 6:1 gegen den OSC Lille in der Einzelkritik.

Thomas Hummel

Nach seinem dritten Treffer hat Claudio Pizarro dann gar nicht mehr gejubelt. Sondern nur noch gelacht. Es war ja in der Tat eine bessere, teilweise auch skurrilere Unterhaltung als jeder Kabarett-Abend, was der Stürmer Pizarro und sein FC Bayern da am Mittwochabend aufführten in der Münchner Arena, im Champions-League-Gruppenspiel gegen den OSC Lille. 1:0 nach vier Minuten. 2:0 nach 17 Minuten. 5:0 nach 33 Minuten: Philipp Lahm hatte gerade eine präzise Flanke auf den Weg geschickt, Pizarro hatte per Kopf verwertet. Flanke, Kopfball, war da nicht was?

So ist das also mit dem FC Bayern in dieser Saison: Sobald irgendeine unangenehmen Debatte aufkommt, wird sie von den Akteuren auf dem Platz derart konsequent wieder beendet, dass es zum Fürchten ist. Gerade erst war es Bastian Schweinsteiger gewesen, der in ungewohnter Offenheit angemahnt hatte, mehr Wert auf Standardsituationen zu legen. Auch mit der Verwertung von Flanken hapere es.

Der Trainer Jupp Heynckes hat diese Woche im Training dann ein bisschen daran gefeilt, wenn auch nicht unter dem Eindruck der öffentlichen Debatte, natürlich nicht, sondern aufgrund seiner eigenen Analyse: "Wir wussten aus dem Hinspiel, dass Lille sehr rustikal zu Werke gehen würde", sagte er, "und dass wir deshalb auch viele Freistöße bekommen würden."

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Der Torwart des OSC Lille beschreibt die Ohnmacht seiner Mannschaft. Arjen Robben weiß nun, warum er Fußballer geworden ist. Matthias Sammer spielt weiterhin den Euphorie-Bremser. Eine spanische Zeitung titelt nach dem Dortmunder Spiel in Madrid: "Das Beste war alles deutsch."

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Und dann begann dieses Spiel also: mit einem direkt verwandelten Freistoß (4.). Torschütze des 1:0: Bastian Schweinsteiger. Aus halblinker Position zirkelte der Freistoßkritiker den Ball neben den Pfosten. Und das sollte nur der Auftakt sein zu einer mitreißenden Champions-League-Partie, die aus Bayern-Sicht eigentlich nur einen akustischen Haken hatte: dass die Fans in der Südkurve ausgerechnet an diesem Partyabend nicht mitfeiern wollten. Und einen farblichen Haken: In der zweiten Halbzeit sahen diverse Münchner für diverse Nichtigkeiten gelbe Karten. Aber egal: 6:1 (5:0) stand es am Ende, und die Ausgangslage in der Gruppe F ist jetzt wieder ausgezeichnet. Die Bayern sind nun Tabellenzweiter hinter dem FC Valencia und haben eine hervorragende Ausgangsituation für das Weiterkommen.

Dass sie auch noch konventionelle Tore schießen können, das zeigte sich in der 18. Minute, da benötigte Pizarro keinen Freistoßpfiff des Schiedsrichters Ovidiu Alin Hategan, um den ersten seiner drei Treffer zu erzielen: ein Hackentrick, ein Doppelpass mit Franck Ribéry - 2:0. Pizarro war wohl nur wegen der Erkältung des Stürmers Mario Mandzukic in die Startelf gerutscht. Aber er ist auf dem besten Weg, sich dort unverzichtbar zu machen: Beim 4:0 (28.) und 5:0 (33.) verwertete er jeweils eine präzise Hereingabe von Philipp Lahm. Bastian Schweinsteiger, der nach dem 1:2 in der Liga gegen Leverkusen noch geklagt hatte, man erreiche mit Flanken zu selten den eigenen Mann, dürfte diesmal sehr zufrieden gewesen sein. Dazwischen hatte auch Arjen Robben noch einen Freistoß zum 3:0 verwandelt (23.), der Ball flog stark abgefälscht über die Linie.

Nach vier Minuten schon erfolgreich: Bastian Schweinsteiger trifft per Freistoß. (Foto: AFP)

5:0 zur Halbzeit also. Champions-League-Rekord! Und natürlich stellte sich da die Frage: Wie konnte das passieren? Es könne in dieser Gruppenphase noch "brutal" werden, hatte der Bayern-Präsident Uli Hoeneß vor der Partie gewarnt: Da waren die Münchner noch Tabellendritter gewesen, punktgleich mit dem FC Valencia und Bate Borissow. Und das Hinspiel in Nordfrankreich hatten sie ohne jeden Glanz hinter sich gebracht, vom "Arbeitssieg" sprachen sie hinterher, wobei jene Art von Arbeit gemeint war, die keinen Spaß macht - auch nicht denen, die dabei zuschauen. Doch diesmal sah es tatsächlich über weite Strecken wie jener "Straßenfußball" aus, von dem Heynckes zuletzt geschwärmt hatte: Freude, Leichtigkeit, Konsequenz.

Allerdings, auch das soll erwähnt werden, gegen völlig indisponierte Franzosen, die sich den Bayern eher pro forma in den Weg stellten, die deren Vorstöße, Dribblings und Hereingaben aber so gut wie nie effektvoll zu unterbinden wussten. Und außer einem Sonntagsschuss von Salomon Kalou zum 5:1, der von der Latte hinter dem Bayern-Torwart Manuel Neuer hinter die Linie sprang (57.), war auch offensiv so gut wie nichts von ihnen zu sehen.

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Der eingewechselte Toni Kroos wiederum erzielte, wieder nach Vorarbeit von Lahm, noch das 6:1 (66.). Die restlichen Großchancen vergaben die Münchner, das grämte sie aber nicht weiter. "Wir haben gerade einen ganz guten Lauf", sagte Lahm, "so kann es weitergehen. Wir arbeiten aber auch hart dafür, dass es so leicht aussieht. Arjen Robben assistierte: "Das bekommen wir alles nicht geschenkt."

© SZ vom 08.11.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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